in SAO | allein Fassungslos fuhr ich mir durchs Gesicht. Naja, sofern ich es wirklich als mein Gesicht bezeichnen konnte.
Träumte ich etwa doch?
Das kann unmöglich echt sein. Noch bevor ich mir auf das Ganze einen Reim machen konnte, wurde meine Sicht verschwommen und einen Augenblick später war der Wald verschwunden. Stattdessen saß ich auf einem Platz, auf dem immer mehr Personen verschiedenster Rassen auftauchten.
Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gesagt, dass ich in Holodar war.
Verwirrt rappelte ich mich auf.
Was zum Teufel lief hier?
Die Leute um mich herum schienen jedenfalls keinen Deut mehr Ahnung zu haben als ich.
Wild redeten alle miteinander. Immer wieder schnappte ich ein paar Wortfetzen auf. Aber besonders hilfreich war nichts davon.
Im Grunde war es ohnehin immer wieder dasselbe.
Was tun wir hier. Wer hat uns hierhergebracht. Die Stadt sieht aus wie Holodar. Dieselben Fragen huschten schon durch meinen Kopf, also brauchte ich sie nicht auch noch von anderen hören.
Ich wollte schon den Platz verlassen, als ein Gewitter den Himmel verdüsterte und die Wolken alles ins Dunkel tauchten. Beißende Kälte zog sich in meine Knochen und ließ mich mitten in der Bewegung innehalten.
Ein roter Blitz folgte auf das Unwetter und eine gigantonomische Sense spaltete den Himmel mit einem gewaltigen Hieb.
Aus dem Riss schwebte… jemand in einer dunklen Robe. Und wer auch immer derjenige war, hatte eindeutig zu heiß gebadet.
Die Welt bestand augenscheinlich nur aus Wahnsinnigen und wie es aussah hatten wir alle nun den König der Spinner getroffen.
Sprachlos starrte ich in den Himmel.
Noch lange, nachdem der Spinner und sein Haustierchen verschwunden waren.
Ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Am liebsten würde ich dem Idioten gehörig in den Allerwertesten treten. Wenn er Mumm hätte, würde er sich dort unten bei uns Spielern befinden und sich für diesen Schwachsinn rechtfertigen.
Aber dafür hatte der Kerl offensichtlich nicht die Eier in der Hose.
Wütend schnaubend verschränkte ich die Arme.
Die Zahnräder in meinem Kopf ratterten alle Möglichkeiten durch.
Sollte ich nach dem kranken Spiel dieses Wahnsinnigen spielen?
Oder sollte ich aufgeben und einfach hierbleiben?
Ich könnte das Beste daraus machen.
Vorteile hätte es mit Sicherheit.
Ich kaute an meiner Lippe. Wie sollte ich mich da entscheiden?
So oder so. Ich konnte mir schlecht für immer an Ort und Stelle die Beine in den Bauch stehen. Irgendwohin musste ich gehen.
Wohin also als erstes? Eine Entscheidung konnte ich schließlich auch später noch treffen.
Wahrscheinlich wäre es am sinnvollsten, ein Gasthaus aufzusuchen, damit ich meine nassen Kleider trocknen konnte.
Als Avatar mochte es für Rika ja kein Problem sein, blitzschnell die Kleider zu wechseln, aber ich wollte das hier auf offener Straße lieber nicht ausprobieren.
Im Kopf ging ich die Gasthäuser durch, die in der Nähe waren und entschied mich schließlich, mein Glück als erstes in der Goldenen Bratpfanne zu machen. Es war nur zwei Straßenecken weiter und meinen Avatar hatte ich dort schon öfter zurückgelassen.
Entschlossen drehte ich mich um und rannte dabei volle Kanne in einen weißhaarigen Laguz hinein, der zum Glück gerade noch den Flammenzauber in seiner Hand beendet hatte.
Sofort wich ich zurück und hob abwehrend die Hände.
„
Entschuldigung. Ich hab dich zu spät bemerkt.“
zuhause | allein Ein seltsamer Schwindel überkam mich und ich verlor das Gleichgewicht.
Ich hatte das Gefühl, zu fallen. Aber ich spürte nicht, wie ich auf dem Boden aufkam. Immer tiefer schien ich zu fallen und der Schwindel nahm immer mehr zu.
Gerade als ich das Gefühl bekam, mich übergeben zu müssen, spürte ich plötzlich wieder den Boden unter mir. Schwer atmend versuchte ich meinen Brechreiz unter Kontrolle zu bekommen…. mit mäßigem Erfolg.
Ich schaffte es gerade noch, meinen Papierkorb zu mir zu ziehen, damit ich mir wenigstens nicht den Teppich ruinieren würde.
Nach einer gefühlten Ewigkeit beschloss die Welt endlich, stillzustehen und das Schwindelgefühl ließ nach.
Gleichzeitig wurden mir ein paar Dinge bewusst.
Erstens stand mein Papierkorb auf der anderen Seite des Tisches, weshalb ich ihn gar nicht hätte so einfach zu mir ziehen können.
Zweitens war in dem Papierkorb eine Pflanze beheimatet.
Und drittens war da auch kein weicher Teppichboden unter meinen Knien.
Wo zum Teufel war ich?
Fassungslos sah ich mich um.
Neben mir stand ein schmales, einfaches Holzbett mit einer Decke darauf, die dem Wort Decke keinesfalls gerecht wurde, so dünn und zerschlissen wie sie war.
Die schmale Ablage, die dem Stuhl, der davorstand, nach zu urteilen, wohl auch als Tisch genutzt wurde, schien wie der Rest des Zimmers in keinem besonders guten Zustand zu sein.
Und schließlich stand da noch die Topfpflanze, die hoffentlich die nähere Bekanntschaft mit meinem Mittagessen überleben würde.
Am Tontopf der Pflanze blieb mein Blick hängen. Das schlichte Muster darauf kam mir ungemein bekannt vor.
Und schließlich machte es Klick. Das war das Zimmer, in dem ich mich in SAO ausgeloggt hatte.
Wie ist das möglich?Perplex zog ich mich an dem Bett hoch. Wenn das wirklich das Zimmer von SAO war, müsste ich aus dem Fenster ein einfaches Dorf erkennen können. Ich würde direkt auf die Oase im Zentrum sehen können.
Unsicher, was ich lieber sehen würde, die idyllische Oase oder den Garten hinter meinem Wohnhaus, drehte ich mich zum Fenster.
Und tatsächlich sah ich dort weder einen wilden Rasen noch die Esche, die das Grundstücksende markierte.
Stattdessen blickte ich auf einen türkisblauen Teich an dessen Ufern alle möglichen Wüstenpflanzen wuchsen. Und überall standen und liefen Avatare, die allem Anschein nach genauso verwirrt waren wie ich.
War das echt? Sollte dies wirklich Yormgen sein?
So sehr mich der Gedanke auch reizte, konnte ich ihn dennoch nicht einfach so hinnehmen.
Kurz sah ich nochmal zum Blumentopf hinunter. Schuldbewusst schaufelte ich etwas Erde über die Misere. Ich war gerade fertig, als mir klar wurde, dass das nicht meine Hände waren.
Meine Haut war viel zu dunkel.
Verwundert fuhr ich durch meine dunklen Haare und ließ meine Hände nach oben wandern. Anstelle normaler Ohren hatte ich fellige, längliche Ohrmuscheln… sah ich etwa aus wie Anthalia?
Wenn meine Ohren nicht wären, hätte ich es für einen echt absurden Streich halten können. Dass ich in irgendeiner Show war, die Spaß daran hatte, Menschen in unmögliche Situationen zu bringen. Aber ich spürte jede Berührung meiner Finger an den Ohren.
Was sollte das alles nur bedeuten?
Allerdings würde ich das hier drin wohl kaum herausbekommen.
Neugierig verließ ich die kleine Hütte.
Draußen schien es wirklich detailgetreu ein Nachbau von Yormgen zu sein.
Oder eine detailgetreue Einbildung?
Es liefen sogar ein paar Charaktere herum wie in SAO.
War ich über dem Computer eingeschlafen? Oder hatte ich mir den Kopf irgendwo angestoßen als mir schwindlig geworden war?
Vielleicht halluzinierte ich auch bloß.
Für einen Traum fühlte es sich eigentlich zu real an.
Ich ging auf die Oase zu, aber gerade als ich meinen Fuß ins Wasser tauchen wollte, verschwamm alles vor meinen Augen.
Einen Wimpernschlag später war die warme Sonne auf meiner Haut verschwunden und ich befand mich inmitten einer Stadt. Zweifelsohne Holodar.
Und ich war nicht allein. Immer mehr tauchten auf, die wie Avatare aus SAO aussahen. Und wie ich wirkten sie alle durcheinander und etwas deplatziert.
Ich konnte mir beim besten Willen keinen Reim aus dem Ganzen machen.
Die allgemeine Aufregung wich jedoch, als plötzlich düstere Wolken das Tageslicht verschluckten und grelle Blitze über den Himmel zuckten.
Eisige Kälte breitete sich auf dem Platz aus und drang tief in meine Knochen.
Fröstelnd schlug ich die Arme um mich, nicht ohne den Blick vom Himmel zu lassen.
Dort riss auf einmal ein blutroter Blitz durch die Luft und noch bevor der Knall des Donners verhallt war, zerschnitt eine riesige Sense den Himmel.
Inmitten des Risses schwebte eine düstere Gestalt in schwarzer Kluft, die bedrohlich auf uns alle herabsah.
Und seine Worte waren nicht minder bedrohlich als sein Auftreten.
Unsicher was ich davon halten sollte hörte ich zu.
War das wirklich die Wahrheit?
Waren das um mich herum wirklich alles Spieler, die mit mir zusammen in der digitalen Welt gefangen gehalten wurden?
Konnte dies überhaupt wahr sein?
Mein Kopf rauchte von den ganzen Informationen und der inneren Diskussion, ob ich den Wesen in der Luft glauben schenken durfte.
Wenn es echt war, was versprachen sich die Entwickler davon? Glaubten sie wirklich, dass es niemandem auffallen würde, wenn sämtliche SAO-Spieler auf einmal verschwanden?
Andererseits war alles, was ich empfand zu realistisch, um nur ein Produkt meiner Fantasie zu sein. Oder bildete ich mir das nur ein?
Was es auch war, ich musste mich entscheiden, wie ich mit der Situation umgehen sollte.
Ich sann über meine Möglichkeiten nach. Ob echt oder nicht würde ich nur dadurch herausfinden, wenn ich diese Welt verlassen würde.
Ob auf die eine oder die andere Art.
Und wenn ich nicht von selbst aufwachen oder mich jemand wecken würde, bestand im Moment wohl meine einzige Option, hier herauszukommen, darin diese Schlüssel zu finden.
Allerdings würde ich das mit Sicherheit nicht allein schaffen.
Ich öffnete das Menü und ging alle Spieler durch, mit denen ich Kontakt hatte.
Einige waren offline. Diejenigen die online waren schrieb ich an, ob wir uns irgendwo treffen wollten.
Ein paar schrieben direkt zurück, dass sie bereits mit Freunden eine Gruppe gebildet hatten und schon unterwegs waren. Der Rest hatte meine Nachricht noch nicht gelesen, weshalb mir nicht viel anderes übrigblieb als abzuwarten.
Ich wollte gerade meine Waffen aus dem Inventar herausholen, um etwas zu üben, als mein Blick auf einen Ork fiel, der auf dem Boden kniete.
Ein Ork, der einen ziemlich verzweifelten Eindruck auf mich machte.
Ich legte ihm meine Hand auf seine Schulter und beugte mich zu ihm hinunter.
„
Alles in Ordnung.“
in SAO | allein Halt suchend griff ich um mich, aber außer den tanzenden Lichtern vor meinen Augen war alles Dunkel.
Das Klingeln in meinen Ohren nahm genauso wenig ab, sodass ich nicht mal mehr einen klaren Gedanken fassen konnte.
Plötzlich fuhr ein Ruck durch meinen Körper und ich fand mich auf dem Boden liegend wieder.
Aber das war definitiv nicht der Boden meines Zimmers.
Verwirrt grub ich meine Finger in den Sand unter mir. Wie kam hier Sand hin.
Blinzelnd öffnete ich die Augen. Um mich herum war alles noch grell.
Während sich meine Augen langsam an das helle Licht gewöhnten, bemerkte ich allerdings noch eine weitere Veränderung. Denn die Luft um mich herum war deutlich wärmer als vor wenigen Sekunden.
Was zum Teufel war hier los?Fast gleichzeitig mit meinem Sehvermögen kam auch mein Hörsinn wieder.
Das Klingeln ebbte ab und wurde ersetzt durch ein leises, aber unverkennbares Rauschen, als würde ich nur wenige Meter vom Meer entfernt stehen.
Seltsamerweise bestätigten sowohl meine Nase als auch mein Sehsinn diesen Eindruck.
Denn wenn ich nicht gerade die Halluzination meines Lebens hatte, lag ich an einem langen, schneeweißen Strand, der schier kein Ende zu nehmen schien.
Das Meerwasser war kristallklar, wurde aber mit jedem Meter dunkler und schwärzer.
Hinter mir säumten Palmengewächse, die Grenze zum anliegenden Wald und auch vereinzelt auf dem Strand standen Palmen.
Grundsätzlich hätte ich keinerlei Probleme damit, an einem solchen Ort Urlaub zu machen.
Aber dafür hätte ich mich doch vorher lieber in ein Flugzeug begeben.
Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, wo ich und vor allem wie ich hierher gelangt war.
Mit jeder Sekunde, die verstrich wurde ich zunehmend verwirrter.
Herumlungern würde mir allerdings kaum die Antworten bescheren, die mir zur Klarheit verhelfen würden.
Beim Aufstehen fielen mir braune, lange Haare ins Gesicht.
Das waren nicht meine Haare.
Und als ich an mir heruntersah, bemerkte ich, dass das auch nicht meine Kleidung war. Genau genommen nicht einmal mein Körper.
Meine Haut war deutlich dunkler und die Hose erinnerte mehr an….
Mitten in meinem Gedanken blieb ich stecken.
Das kann nicht sein.Hastig griff ich an meine Ohren. Nur waren da keine mehr.
Als meine Finger weiter nach oben wanderten, konnte ich allerdings weiche, rundliche, mit Fell überzogene Ohren ertasten.
Probeweise fuhr ich mit meiner Zunge über meine spitzen Eckzähne.
Mein Verstand wehrte sich immens gegen den Gedanken.
Es war völlig unmöglich.
Ich musste träumen.
Doch das alles war einfach zu realistisch, um ein Traum zu sein.
Probeweise kniff ich mich in den Arm.
Definitiv kein Traum.
Alles andere als ein Traum.
Nur was genau?Ich konnte unmöglich wirklich am Strand von Black Water Bay stehen.
Nach Hinweisen suchend, huschten meine Augen über die Landschaft.
Es war wirklich bis ins Detail die Stelle, an der ich mich das letzte Mal ausgeloggt hatte.
Auch wenn es zu realistisch wirkte, um ein Traum zu sein, war es auch zu unglaubwürdig, um die Realität zu sein, oder nicht?
Was auch immer es war, ewig konnte ich hier nicht herumstehen.
Und falls es doch keine Wahnvorstellung war, sollte ich an einem solch gefährlichen Ort auch nicht einfach nur in die Gegend starren.
Sobald ich dieses relativ sichere Fleckchen Sand um mich herum verlassen würde, konnte ich jederzeit von Piraten umzingelt sein.
Und ohne meine Tastatur, mit der ich meinen Charakter hätte steuern können, war ich wohl relativ aufgeschmissen, in dem Fall.
Ich begutachtete meine Handschuhe genauer.
In der Regel kämpfte ich als Raion mit den Fäusten. Oder besser gesagt mit meinen Krallen. Gegen Skelette würden allerdings meine normalen Krallen nicht besonders viel Schaden bringen, mit meinen Goldkrallen sah es da schon etwas anders aus.
Normalerweise bräuchte ich dazu nur Strg, Alt und A zu drücken.
Da dies hier eher nicht in Frage kam, musste es einen anderen Weg geben, um meine Waffe zu aktivieren.
Doch um zu überlegen, wie ich das anstellen sollte, fehlte mir die Zeit.
Denn bevor ich auch nur eine Idee umsetzen konnte, verschwamm die Umgebung vor meinen Augen und ich stand auf einem großen Platz, inmitten einer Stadt, die zweifelsohne Holodar sein sollte. Die unzähligen Bäume, die der Stadt Leben einhauchten, die farbenfrohen Fassaden der Häuser, deren Stil sehr an die Renaissance erinnerte.
Um mich herum befanden sich noch viele andere Charaktere und es tauchten immer mehr auf. Viele wirkten desorientiert und verwirrt, ein paar wenige machten den Anschein, fasziniert von der Stadt zu sein.
Natürlich waren auch einige dabei, die wie ich eine Mischung aus beidem zu verspüren schienen.
Der Platz wurde immer voller und um mich herum begannen die ersten schon aufgeregt miteinander zu sprechen.
Waren sie alle eine Ausgeburt meiner Fantasie? Oder wirklich Spieler, die wie ich, auf welche Weise auch immer, im Spiel gelandet waren.
„
Du hast nicht zufällig eine Ahnung, was hier los ist?“, fragte mich eine kleine Elfe zaghaft. Ich schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust. „
Ich bin genauso ratlos wie alle hier, würde ich sagen.“ Unsicher nagte die Blonde an ihrer Unterlippe. „
Glaubst du, es ist alles echt?“
Ich musste grinsen.
„
Glaubst du, die Meinung eines Hirngespinstes wäre besonders hilfreich?“
Sie zog fragend die Augenbraue hoch.
„
Angenommen, du träumst das Ganze nur, dann wäre ich nicht echt und im Prinzip wäre alles was ich sage, etwas, das du zu dir selbst sagst. Dementsprechend brauchst du auf meine Worte keinen besonders großen Wert zu legen.“
Das Mädchen zupft nervös grinsend an ihren langen Ärmeln herum. „
Da hast du vermutlich Recht.“
Bevor einer von uns beiden jedoch noch etwas äußern konnte, zogen dunkle Wolken über den Himmel und binnen kürzester Zeit verdüsterte ein gewaltiges Gewitter den Platz und eine eisige Kälte zog sich über meine Haut.
Ein blutroter Blitz zuckte über der Himmel und direkt darauf schnitt eine gigantische Sense durch die Luft.
Durch den unnatürlichen Spalt schwebte ein… Wesen in einem schwarzen Umhang. Eindeutig kein gutes Zeichen. Und seine bedrohlichen Worte ließen mich, meine Fäuste zusammenballen.
Was für ein krankes Spiel trieb die FSC eigentlich? Sollten wir alle etwa für sie als Versuchskaninchen herhalten?
Und allein die Existenz dieses Succuro erschien mir wie purer Hohn.
Als wäre dies ein Spiel, wie jedes andere.
Und nicht ein Spiel um Leben und Tod.
Nachdem der NPC wieder verschwunden war, herrschte noch größere Aufregung als bisher. Das Mädchen, das eben noch mit mir geredet hatte, schloss gerade eines seiner Menüs und bahnte sich dann eilig einen Weg durch die Menge.
Vermutlich wollte sie sich mit anderen Spielern treffen, die sie kannte.
Keine schlechte Idee.
Ich öffnete mein eigenes Avatar-Menü und ging ins Postfach.
Tatsächlich waren bereits drei Nachrichten eingetroffen.
Sie verloren echt keine Zeit.
Alle drei waren von meinen Freunden, mit denen ich öfters in SAO und anderen Onlinespielen abgehangen hatte.
Und in allen stand, dass wir uns an dem Ort treffen sollten, an dem wir uns das erste Mal in SAO begegnet waren.
Ich musste bitter grinsen. Nichts anderes hätte ich auch vorgeschlagen.
Nachdem ich Karin, Felix und Toni geantwortet hatte, machte ich mich auf den Weg zum Rand der Stadt.
Bereits von der Grenze konnte ich Toni und Felix an dem Baum stehen sehen, der unseren Treffpunkt markierte.
Ein breitschultriger Ork, der mich um zwei Köpfe überragte und eine schlanke Elfe, die in ein intensives Gespräch vertieft waren.
Als Felix mich sah, winkte er mir erfreut zu.
„
Da fehlt nur noch einer“, grüßte er grinsend. Ich musste verblüfft blinzeln. Seine Stimme war eindeutig nicht seine eigene. Allerdings wäre es vermutlich auch etwas seltsamer, wenn eine gut gebaute Elfe mit der Stimme eines fünfundzwanzig Jahre alten Studenten reden würde.
„
Sieht aus, als wäre dein ewiger Traum endlich war geworden“, gab ich grinsend zurück. „
Jetzt gibt es wenigstens eine Frau, die dich ranlässt.“
Schnippisch streckte Felix mir die Zunge raus.
„
Du bist ja bloß eifersüchtig.“
„
Leute, da seid ihr ja!“
Bevor ich dazu kam, etwas zu entgegnen, sprang mich jemand von hinten an. Karin.
Wie ein Rucksack hängte sie sich an mich und grinste mich über meine Schulter hinweg an.
„
Sieht ganz so aus“, antwortete Toni und Karin und ich zuckten überrascht zusammen. „
Holla, was ist denn mit deiner Stimme passiert?“, fragte Karin mit aufgerissenen Augen. „
Solltest mal Felix hören“, meinte ich grinsend und zwinkerte ihm zu.
Schnell wie ein Wirbelwind war Karin wieder von mir runtergesprungen und stand nun so dicht vor Felix, dass sich fast ihre Nasen berührten.
„
Sag was“, forderte sie ihn auf, doch er verschränkte nur die Arme und biss sich auf die Unterlippe. Ich konnte sehen, wie es in ihm brodelte, etwas zu sagen, aber es ihm derart gegen den Strich ging, dass er nicht damit herausrücken wollte.
Nach einem ewigen Moment der Stille platzte ihm schließlich der Geduldsfaden. „
Sag mal, ich bin doch kein Zirkustier“, entfuhr es ihm wütend und wir anderen mussten einfach nur lachen.
Als wir uns wieder erholt hatten, sah Karin hocherfreut in die Runde.
„
Also Leute, was machen wir als erstes?“
„
Wir sollten trainieren und dann einen genauen Plan machen, in welcher Reihenfolge wir uns den Bossen stellen. Ich bin mir sicher, wenn…“, Felix erhobener Zeigefinger unterbrach meinen Vorschlag.
„
Was?“, wollte ich mit hochgezogener Augenbraue wissen.
„
Ich habe mich eben mit Ruga darüber unterhalten und wir sind beide der Meinung, dass dies eine einmalige Gelegenheit ist.“
„
Eine einmalige Gelegenheit für was bitte?“, fragte ich entgeistert.
„
Hey, wir sind Gamer. Unser Leben ist Spielen und jetzt sind wir wahrhaftig in einem Spiel. Wie cool ist das denn? Das ist der Traum jedes echten Gamers. Und wir leben ihn!“
„
Anjyari hat Recht. So viel Glück wie wir hat nicht jeder“, mischte sich nun auch Toni in die Diskussion mit ein.
„
Glück?“ Völlig geplättet starrte ich die Beiden an. „
Ist das euer Ernst? Habt ihr überhaupt verstanden, was hier abläuft? Was wollte ihr bitte anderes machen, als zu versuchen, hier rauszukommen? Und was soll das bitte mit Ruga und Anjyari? Ihr mögt vielleicht wie eure Avatare aussehen, aber ihr seid nicht eure Avatare.“
Felix seufzte.
„
Ehrlich gesagt, hätte ich nicht gedacht, dass du da anderer Ansicht bist als wir. Es gibt vermutlich kaum ein Spiel, das du noch nicht gespielt hast, du willst Entwickler werden und hackst für dein Leben gern. Gerade du müsstest doch begeistert sein, selbst in ein Spiel eintauchen zu können. Und wir sind nicht mehr in der realen Welt, auch wenn wir nicht 1 zu 1 unsere Avatare sind, sind wir auch nicht mehr Toni und Felix. Wir sind jetzt Ruga und Anjyari, so ist es eben.“
„
Nennt euch wie ihr wollt. Aber das ist trotzdem total wahnsinnig.
Stimmt, ich würde selbst gern irgendwann mal ein Spiel entwickeln, aber hier drin wird das sicher nicht möglich sein, genauso wenig wie hacken. Und natürlich spiele ich alles, was ich in die Finger bekommen kann und wäre hellauf begeistert, ein Spiel mit realistischen Sinneseindrücken wahrnehmen zu können. Aber das... “, ich machte eine ausladende Geste, „
das ist kein Spiel mehr. Wir sind in einer Welt, die voll ist mit gefährlichen Monstern. Und ich habe keine Lust, mein Leben lang auf der Hut sein zu müssen, nicht von irgendeinem Kobold zerfleischt oder von einem Troll zerquetscht zu werden. Ich will nicht draufgehen, ich will meine Familie wiedersehen, so nervig sie auch sein können und ich will mich nicht von irgendwelchen Mudaks* einsperren lassen wie eine Ratte im Versuchslabor.“
Felix und Toni tauschten einen vielsagenden Blick.
Meine Argumente änderten nichts an ihrer Meinung.
„
Na schön. Karin, komm wir gehen. Sicher werden wir es auch ohne sie schaffen. Immerhin gibt es noch genügend andere Spieler, die auch so denken, wie wir.“
Ich streckte meine Hand nach Karin aus.
Doch entgegen meiner Erwartung ergriff sie diese nicht.
Sanft lächelte sie mich an. „
Die so denken wie du“, korrigierte sie mich.
„
Natürlich hast du mit allem Recht, was du gesagt hast… aber ich finde auch, dass wir diese Chance, so unfreiwillig sie auch war, nutzen sollten. Zumindest vorerst. Ich sage ja nicht, dass wir für immer hierbleiben müssen. Aber ich möchte auch erst einmal SAO einfach so genießen und mir keine Gedanken um Bosskämpfe machen müssen.“
Ich nickte verbissen.
„
In Ordnung. Ich bin sicher man sieht sich irgendwann, irgendwo. Ich hoffe, ihr habt den Spaß, den ihr euch von dieser Chance erhofft.“
Ohne mich umzudrehen, stapfte ich an den dreien vorbei und ging von der Stadt weg. Karin und Felix oder besser gesagt, Tanna und Anjyari wünschten mir noch viel Glück und Ruga rief mir zu, dass ich mich ab und zu melden sollte.
Ich hob die Hand zum Abschied, aber ich war zu wütend, um auf irgendetwas zu reagieren.
Wie konnte man nur so naiv sein.
Zielstrebig hielt ich auf die Anfängerwiese zu.
Ich konnte auch genauso gut ohne die anderen trainieren.
Und ich war wohl nicht der Einzige, der auf diese Idee gekommen war.
Allerdings schien es denjenigen, die vor mir diese Idee hatten, nicht besonders gut zu bekommen.
Der Knall einer Bombe lenkte meine Aufmerksamkeit auf einen Kampf, der mitten auf der Anfängerwiese stattfand.
Auf jeden Fall wirkte die Situation alles andere als unter Kontrolle.
Ohne groß darüber nachzudenken, rannte ich auf das Getümmel zu.
Ein Laguz war umringt von ein paar einfachen Monstern und wie es aussah hatte irgendjemand eine Bombe mitten in die Menge geworfen.
Erst dachte ich, eine Dunkelelfe, die in der Nähe stand, hätte sie geworfen, aber kurz darauf wurde eine Rauchbombe geworfen und ich entdeckte einen kleinen Gnom, der ebenfalls am Kampf beteiligt war.
Mit Sicherheit war mindestens einer von denen auf die glorreiche Idee gekommen, blindlings anzugreifen und hatte damit die Aufmerksamkeit einer ganzen Horde auf sich gezogen, während der Rest versucht hatte, zu helfen.
Ich würde ja darauf tippen, dass der Laguz der Anfänger war. Und entweder waren die anderen beiden das ebenfalls oder aber sie hatten ihre Fähigkeiten verständlicherweise noch nicht unter Kontrolle.
Was mich dummerweise auch betraf.
Allerdings hatte ich einen Vorteil.
Ich drückte mit der Hand auf mein linkes Handgelenk und wählte mich beim Laufen durch das Menü, bis ich meine Goldklauen fand.
Lange dauerte es nicht, bis sich meine Handschuhe zusammenzogen, verformten und zu den goldenen Klauen und Ketten wurden, mit denen ich am liebsten kämpfte. Und für die ich glücklicherweise auch keine komplizierte Magie brauchte.
Kurz bevor ich die drei anderen Spieler erreichte, hörte ich wie die Elfe dem Laguz zurief, dass er aufstehen solle.
Einfacher gesagt als getan, wenn man umzingelt von Gegnern war, auch wenn diese durch den Rauch eindeutig verwirrt waren.
Diese Verwirrung nutzte ich und griff an.
Die Bewegungen meines Avatars so gut es ging nachahmend holte ich mit meinen Klauen aus und verletzte zwei der Viecher, die sich direkt auflösten.
Dieses Succuro hatte wohl recht damit, dass wir unsere alten Stats behalten hatten. Ein Anfänger hätte nicht einmal ein Monster niedrigen Ranges so schnell besiegen können.
Allerdings hatte ich nicht viel Zeit, um mich darüber zu freuen, denn die Aufmerksamkeit der Monster galt nun mir und auch wenn ich mich eindeutig schneller bewegen konnte als ich es als Mensch tat, war ich kein geübter Nahkämpfer. Der Rauch erschwerte natürlich auch mir die Sicht, allerdings war mein Gehör als Laguz deutlich besser, sodass ich die Bewegungen der Monster besser erahnen und dementsprechend handeln konnte.
Während ich dem nächsten Vieh einen Schlag verpasste, gelang es einem seiner Kumpane, mich am linken Oberarm zu verletzen und ich zog vor Schmerz scharf die Luft ein. Das war mir eindeutig zu realistisch für meinen Geschmack. Und die anderen wollten dieser Gefahr für den Rest ihres Lebens ausgesetzt sein? Unfassbar.
Das Monster, das mich erwischt hatte, erhielt kurz darauf die Retourkutsche und machte Bekanntschaft mit den ewigen Jagdgründen der digitalen Welt. Oder wo auch immer sonst die Einsen und Nullen hin verschwanden.
Ich kassierte einen weiteren Schlag in meine Magengrube und ein drittes Monster schaffte es, mir eine weitere Wunde am Arm zuzuziehen. Aber als der Rauch sich allmählich legte, blieb von den Viechern nichts mehr übrig außer ein paar Sachen, die sie fallengelassen hatten.
Erleichtert, dass der Kampf vorbei war, und etwas aus der Puste massierte ich kurz meinen Nacken und drehte mich zu den anderen Spielern um.
„
Alle noch am Leben?“
*Russisch für Arschloch
Tränen rinnen über mein Gesicht.
Eldarya entschlafen - Leben gibt es nicht.
Es ist sehr schade, dass die Aktivität in Eldarya immer mehr abgenommen hat nach dem Brand.
Nicht nur von beemov sondern auch von uns.
Ich wünsche allen, die noch geblieben sind, möglichst viel Spaß und hoffe, dass jeder noch die schönen Zeiten in Erinnerung behalten wird.