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#51 Am 06.02.2022 um 14.27 Uhr

Shadowgarde
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>> Chapter 3: Ezarel
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Part 21: Der Anfang vom Ende



„Die Hose auch noch?”
Augenblicklich griff Ezarel nach Emils Finger, bevor diese den Bund der Hose lösen konnten. „Ich denke, ich habe mehr als genug gesehen.“ Allein bei der Vorstellung hörte Ezarel in seinem Kopf schon einen Elefanten tröten.
Dennoch kam er nicht umhin, stoisch auf die flache Brust und die schmalen Hüften vor seiner Nase zu starren. Das sah alles deutlich anders aus als das, was er beim Baden vor dem Paravent gesehen hatte. Selbst im seichten Schein der Kerze bestand da kein Zweifel oder Spielraum für irgendwelche Interpretationen. Vor ihm stand kein Mädchen, sondern ein Junge. Offenkundig.
Und das war es wohl auch, was Emil ihm beweisen wollte - auf seine rabiate ‚Show-don’t-tell‘-Art.
Wobei Ezarel in diesem Fall einen Spoiler oder zumindest eine Vorwarnung bevorzugt hätte. Nicht, dass es nicht genug Hinweise gegeben hätte – wie ihm langsam immer klarer wurde.
Doch der Zaunpfahl, der nun mit grober Gewalt auf ihn einschlug, war wirklich nicht zu übersehen.
Natürlich hätte Emil auch von einem Geschlechtswandlungstrank Gebrauch machen können, aber mal abgesehen davon, dass man dafür einen Spezialisten – oder in Ezarels Fall einen unsäglichen Pechvogel – benötigt hätte, um einen Trank dieser Güteklasse zu brauen, war das Geschlecht nicht der einzige Hinweis.
Die Haltung, die Stimme und die Tatsache, dass nicht ein Funken Scham Emils Wangen zierte, während er sich mit freiem Oberkörper am Haar kratzte, waren ein unzweifelhaftes Zeugnis: vor dem Elfen stand definitiv nicht Em…
Ezarel fuhr sich langsam über seine schweißnasse Stirn.
Wieso war ihm das die ganze Zeit nicht aufgefallen?
Wie konnte er überhaupt so blind gewesen sein?
War er von seinem eigenen Frust derart geblendet, dass er das Offensichtliche so lange ignorieren konnte?
Zumindest ergab der ganze Spuk endlich einen Sinn!
Mehr oder minder.
Halb erschöpft, halb erleichtert sackte Ezarel in sich zusammen. Es kam ihm zugute, dass er bereits auf dem Boden saß.
„Du bist echt noch verrückter als ich dachte“, murmelte Emil und ließ sich dann neben ihn auf den Boden sinken.
„Das Kompliment gebe ich gern zurück.“
„Auf so einen Stress brauch ich erstmal was zu knabbern. Wie steht’s mit dir?“
„Mach, was du willst“, erwiderte der Elf in lethargischem Ton. Inzwischen war doch eh alles egal.
Emil piekste ihm jedoch unumwunden in die Schulter. „Hattest du mir nicht Nachtisch versprochen?“
Ezarel seufzte.
Er hatte nicht den leisesten Schimmer, was er mit dem kleinen Monster machen sollte – nun, wo er nicht die geringste Verwendung für ihn hatte.
Außerdem hatte er echt andere Sorgen. Ohne Em konnte die Seelentransfusion nicht durchgeführt werden. Das hieß auch, dass er Sukie und Brünhild erklären musste, dass Em weg war und man sie erst suchen – vielleicht sogar befreien - müsste. Ob der Sukkubus so lange zu besänftigen oder überhaupt zu ertragen war, stand auf einem ganz anderen Blatt. Dann war da noch Nevra, der sein Geheimnis wusste, Valkyon, der mit einem blonden Teufel durch die Wälder streifte und jetzt auch noch Emil 2.0 - ein verfressener Terrorist, dem Ezarel zutraute, ihm wortwörtlich die Haare vom Kopf zu futtern. Mal abgesehen von der Bestie, die noch immer ganz Eel in Chaos versetzte und gegen die der beste Alchemist Eldaryas völlig machtlos war, da ihm das nötige Pflänzchen zum Schutz der Dörfer fehlte.
Es brannte buchstäblich an allen Ecken.
Verzweifelt barg Ezarel sein Gesicht zwischen den Händen.
Vielleicht sollte er ausreißen, irgendwohin gehen und warten, bis er sich wieder zurückverwandelt hatte. Ein Fleckchen auf dem Land vielleicht. Hauptsache ein Ort, fern ab dieses Chaos, wo er ungestört seiner Alchemie nachgehen konnte.
Hatte seine Mutter sich nicht immer so ein Leben für ihn gewünscht?
Wenn es nach ihr ginge, sollte Ezarel eine nette Ehefrau finden und das Kräutergeschäft ihrer Familie übernehmen.
Ezarel schielte auf die Hügel unter seinen Schlüsselbeinen.
Ob seine Mutter auch mit einem netten Ehemann zufrieden wäre?
Seine Lippe begann zu bluten, so fest hatten sich seine Zähne dort hineingebohrt. Manchmal gingen Ezarel echt seine eigenen Scherze zu weit. Er wollte weder zu dem zurück, was sich Familie schimpfte, noch sein Leben an so etwas Langweiliges wie eine Ehe verschwenden. Allerdings war die Alternative hier noch viel beschissener. „Verdammter Moogliz-Käse!“
„Den nehm ich im Zweifel auch“, murmelte Emil.
Ezarel fluchte. „Warum zum Owlett denkst du eigentlich immer nur ans Essen? Hast du keine anderen Probleme? Du kannst gehen, falls du das immer noch nicht verstanden hast.“
Es war ihm schleierhaft, warum der Knirps überhaupt noch an seiner Backe klebte.
Allerdings schien es nicht so, als ob Emil ihm zugehört hätte, denn er begann aufgeregt seine Taschen abzutasten. „Stimmt. Fast vergessen. Ich glaub, ich habe selbst noch was. Irgendwo hier…“ Mit diesen Worten pulte er ein paar Krümel aus seiner Hosentasche und steckte sich diese in den Mund.
Ezarel spielte mit dem Gedanken, den Jungen rausschmeißen, bis ihn ein fein süßlicher Geruch aus den Tiefen seiner Fluchtphantasien holte und sein Interesse doch auf das Knabberzeug lenkte, was Emil da aus allen Ecken seiner Kleidung zusammensammelte.
„Ich würde dir ja was anbieten“, Emil zog zwei gebrochene Chips aus der Tasche und stopfte sie ebenfalls zwischen seine Backen, „aber ich glaub, die sind dir zu scharf.“
Der Appetit war Ezarel schon lange vergangen, doch als er die puterrote Farbe erkannte, zog er Emil unumwunden einen halben Chip aus dem Mundwinkel. Bei der Berührung fluchte er jedoch und ließ das flimmernde Stück fallen.
„Scharf und heiß“, ergänzte Emil.
Obwohl diese Aussage den Tatsachen entsprach, ignorierte der Elf das Brennen und hob das zu Boden gefallene Stück vorsichtig zwischen seinen Nägeln geklemmt an, um es ins Licht zu halten. Ein flüchtiger Blick genügte seinem geschulten Auge, bevor er sich erneut verbrennen konnte. „Das sind Blüten von Asbest-Röschen! Wie…?! …Wo hast du die her?“
„Gefunden“, Emil schluckte den Bissen hinunter, ehe er nach der nächsten Ladung griff. „Keine Ahnung, wie die heißen, aber wenn man die Blüten über der offenen Flamme grillt, werden sie schön kross und scharf. Erinnert mich ein bisschen an Ente süß-sauer.“
Bevor Emil jedoch dazu kam, sich die nächste Portion in den Mund zu stopfen, hielt Ezarel sein Handgelenk fest. Heißer als der Chip war nur die Sicherung, die gerade in seinem Kopf durchbrannte. „Sag mal, hast du auch nur die leiseste Ahnung, wie kostbar diese Pflanze ist?“
Emil zuckte mit den Schultern. „Die gibt es doch überall im Wald. Nun, vielleicht nicht mehr überall. Die schmecken echt klasse.“
Ezarel zählte langsam mental bis vier, weil er bis zehn einfach keinen Nerv hatte. Dieses kleine Monster hatte nicht ernsthaft die Vorkommen im Wald weggemampft, während er sich mit einer Dryade im Wald um ein lausiges Exemplar gezankt hatte.
Allein das Geräusch von Emils kauendem Kiefer, der in völliger Arglosigkeit bares Maana in sich hineinfutterte wie frisch gepopptes Candycorn, ließ Ezarel in milden Mordphantasien abdriften. Doch Rache oder Tyrannei half ihm bei diesem Spezialfall hier nicht weiter.
Zumal der Junge scheinbar auch noch wusste, wo man Asbest-Röschen finden konnte. Und die würde er ihm weder freiwillig überlassen, noch unter Androhung von Gewalt aushändigen. So viel hatte Ezarel inzwischen über den Knirps gelernt. Emil war da leider ein völlig anderes Kaliber, das nach Ezarels Wissen bislang nur eine einzige Schwachstelle besaß.
„Vielleicht“, gestand der Elf und biss sich dabei widerwillig auf die Unterlippe – die gleiche Stelle, die sofort wieder zu bluten begann. „habe ich deinen Meister doch gesehen. Sein grimmiger Blick kommt mir gerade in den Sinn, wo ich dich so anschaue.“
„Echt? Ich dafte, du hätteft ihn nich erkennen können. Meinft du, du könneft ihn befreiben?“, fragte Emil und schluckte.
„Mein Wissen sollte genügen, ihn ausfindig zu machen“, Ezarel konnte selbst nicht glauben, wie knietief er inzwischen gesunken war.
War das die Vernunft, nach der er immer gestrebt hatte?
Allerdings war er längst an einem Punkt angekommen, wo er auch drastischere Maßnahmen in Erwägung ziehen musste. Und wenn es ein Deal mit diesem kleinen Teufel hier war.
„Ich biete dir an, deinen Meister zu finden, wenn du mir die Asbest-Röschen beschaffst.“
So jetzt war es ausgesprochen.
Jetzt gab es kein Zurück. Doch es würde nicht für lange sein, das schwor sich Ezarel. Vielleicht konnte Emil so lange die Fassade für Sukie aufrechterhalten, bis Em wieder aufgetaucht war oder er sie gegen diesen Knirps hier eintauschen konnte.
Emil grinste und hielt ihm dann seine verklebte Hand vor die Nase, als müsste dieser Pakt auf Schweiß und Spucke besiegelt werden.
Doch so gern Ezarel das Kapitel Emil auch beenden wollte. Ihn beschlich das grausige Gefühl, dass es gerade erst begonnen hatte.



Fan-Musik Elyther <3:



                            Berauschend und wundervoll – ich hoffe, der Repost ist in Ordnung, sonst schreib mich an, Ely. In jedem Fall noch mal tausend Dank für das großartige Stück Eigenkomposition!



Wichtige Info

Chapter III endet nun und Chapter IV folgt am nächsten Sonntag.
Fortan gibt es einen Post pro Woche, da ich mit dem Chapter noch nicht fertig bin und hin und wieder was anpassen muss.

Für diejenigen, die die alte Story kennen, ein Hinweis: Ich habe einen Teil der alten Parts beim Brand und an Datei-Schnipseln, die ich nicht mehr alle zusammenfinden konnte,… - Gott, ich sags, wie es ist… ich habs verloren.
(Ist schade und dumm, aber nicht zu ändern) Ich hatte schon gigantisches Glück, dass die ersten Chapter von einer anderen Person gespeichert worden sind.
Ich habe daher beschlossen, dass ich das Chapter IV komplett neu schreibe (mit manchem war ich eh unzufrieden). Bis auf maximal eine Szene, wird daher nun alles neu sein.
Das folgende Chapter IV heißt nun „Emil & Emilia“.

(Es ist aber auch nicht schlimm, wenn ihr euch an den alten Kram mit Miiko noch erinnert. Stellt euch vor, dass die Szenen von Miiko immer noch so passieren. Ich werde manches aufgreifen – nur eben nicht ausführlich, weil sie nicht im Fokus steht.)

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#52 Am 13.02.2022 um 18.18 Uhr

Shadowgarde
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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 1: Das Erwachen




Eldarya kam mir inzwischen vor wie ein Videospiel.
Jedoch nicht eines von der Sorte, wo man in Seelenruhe seinen Garten pflegte, Häuser dekorierte oder irgendwelche Süßigkeiten hin und her wischte.
Nope. Viel eher handelte es sich um ein Game mit erschreckend authentischer Kampfmechanik, wo man versehentlich das Tutorial geskipped hatte und plötzlich vor dem Endboss stand:
Ein absolutes Drecksspiel.
Anstatt Erfahrungspunkte zu sammeln, stolperte ich bislang nur orientierungslos durch die Map einer immer weiter expandierenden Open World - und dabei besaß ich ein unglaubliches Geschick darin, das Unheil magisch anzuziehen. Als hätte ich seit meiner Ankunft nicht nur zu viel Wasser, sondern auch irgendein Lockmodul verschluckt.
Im Ernst: Meine Situation erschien mir inzwischen so absurd, dass es mich nicht einmal mehr überrascht hätte, wenn ich in der verbuggten Side-Quest von irgendeiner Dating-Sim festhängen würde. Eine Dating-Sim, die mich entweder hasste, oder in der ich komplett versagt hatte. Denn soweit ich es wusste, gab es in dieser Welt keinen einzigen Mann, der mich gerade nicht verachtete, mir nicht nach dem Leben trachtete, enttäuscht hatte oder von mir enttäuscht war. Als wäre ich irgendein verkorkster Antiheld.
Doch was wusste ich schon von den Regeln dieser Welt?
Ich wusste nicht einmal, wo ich mich im Moment befand.
Selbst als ich meine Augenlider aufschlug blieb es stockdunkel. 
Fehlte nur ein großes Game Over, was in blutroten Lettern mein erbärmliches Ende verkündete.
Doch in meinem Kopf war kein Ende in Sicht.
Mir war, als hätte sich mein Innerstes nach außen gestülpt wie eine Socke auf Links. Kaum hatte ich die Kopfschmerzen überwunden, kehrten die Erinnerungen zurück und mit ihnen eine Leere, die mich vom Haaransatz bis in den kleinen Zehnnagel auszufüllen schien.
Dieses Gefühl war es auch, das mich für die nächsten Stunden in einem Zustand zwischen Trance und Trauer gefangen hielt. Oder waren es nur Minuten gewesen?
Es schien nicht heller zu werden - ganz gleich, wie lange ich vor mich hindämmerte.
Nein, es musste einige Zeit vergangen sein: Ich spürte, wie die Tränen auf meinen Wangen trockneten, wie meine Haut langsam auskühlte und mein Magen immer weiter aufbegehrte. Bei der Vorahnung, die in mir aufstieg, schlangen sich meine Arme fester um meinen Körper, doch sie spendeten mir weder Trost noch Wärme.
Oh Gott, ich war so erbärmlich. Nicht nur jetzt, sondern überhaupt.
Ich hatte wirklich geglaubt, ich könnte ihn retten. Ich hatte wirklich geglaubt, ich könnte es schaffen. Ich! … Ich schniefte.
Ach, Chrome. Mit einem lauten Knall schlug meine flache Hand auf den harten Boden.
Wieso hast du das nur getan? Warum bist du bloß in diese Höhle gegangen? Wie konntest du dein Leben nur für einen blöden Stein riskieren?
Meine Finger vibrierten noch immer von dem Schlag, als ich sie zögerlich in meine Hosentasche steckte, wo sie die Oberfläche eines kleinen, flachen Gegenstandes ertasteten. Es war zu dunkel, als dass ich ihn sehen konnte - selbst als ich ihn direkt vor mein Gesicht hielt - doch meine Fingerkuppe erkannte den feinen Schliff und die kleine Furche an der schmalen Kante. Es war der Amethyst, den Chrome in den Händen gehalten hatte, als man ihn bergen musste.
Eigentlich hatte ich schon damit gerechnet, dass das Ding auf meiner Reise längst verloren gegangen sei. 
Wäre vielleicht auch besser gewesen, denn ein Teil von mir hasste diesen verfluchten Klunker.
Als Nevra ihn mir in jener Nacht mit einem eisigen Blick entgegengedrückt hatte, kam es mir vor, als würde das Quarz auf meiner Haut brennen. Ich hatte ihn achtlos in meine Tasche gestopft und seither unter all meinem Frust begraben. Alles hatte ich auf dieses Kleinod geschoben: Die Schuld an Chromes Zustand, an Nevras finsterer Drohung,… an meiner Wut.
Von wegen, es könnte die wahren Kräfte in mir entfalten. Chrome schwebte noch immer in Lebensgefahr und ich… ich saß nun in diesem Loch fest!
Weil … ja, weil ich schwach war, verdammt!
Und daran würde so ein Stein auch nichts ändern. Was sollte ich damit schon machen? Es meinen Freunden an den Kopf werfen, damit sie meinen jämmerlichen Abgang nicht mit ansehen müssen, wenn mich die Bestie bei lebendigem Leibe verputzte?
Mit Wucht schmiss ich den Amethyst in eine Ecke.
Er sprang gegen eine Mauer, keine zwei Meter von mir entfernt. Das Klirren hallte von mehreren Wänden ab, die mich vollständig zu umgeben schienen. Dann war es ruhig.
Wow - Am Ende war der Amethyst also wieder in einer Höhle gelandet…
Genau mein Humor.
Ich barg meinen Kopf zwischen den Knien, doch das befriedigende Gefühl, sich von etwas Verdorbenem entledigt zu haben, blieb aus. Stattdessen überkam mich ein allzu vertrautes Gefühl von Einsamkeit. Sie war noch schlimmer als die Wut. Sie war wie ein schwarzes Loch.
Panisch sprang ich auf, ignorierte das Pochen, weil ich mir dabei natürlich den Kopf an der niedrigen Decke stieß, und tastete dann den glitschigen Boden unter mir ab, bis ich in einer Fuge gerade so eine Kante des Amethysten erhaschte.
Mir wurde bewusst, dass es nichts brachte, sich in Selbstmitleid zu wälzen oder einem Stein die Schuld zu geben. Chrome hatte sein Leben dafür riskiert. Selbst wenn es nur ein krummer Kiesel wäre; ich musste ihn hüten wie einen Schatz. Es war doch das einzige, was mir noch blieb in dieser sonderbaren Welt. Das einzige, was mich davor bewahrte, von dem schwarzen Loch verschlungen werden. Mit diesem Gedanken presste ich ihn an meine Brust und spürte, wie mein pulsierendes Herz ihn immer weiter aufheizte, was mir mehr und mehr Mut machte. Dieses Feuer in mir war noch nicht erloschen und ich würde nicht zulassen, dass das jemals passierte.
Nicht nach allem, was ich durchgemacht hatte.
„Ich werde niemals aufgeben!“ - Das schwor ich mir, Chrome und irgendwie auch diesem Stein. „Ich werde dir das Leben retten, so wie du meines gerettet hast!“ Ganz gewiss…
‚Etwas zu pathetisch.‘
„Vielleicht“, gestand ich im Eifer.
‚Wie wäre es, wenn du dann erst einmal dein eigenes Leben rettest.‘
Ich nickte. Stockte. Der Gedanke war gut, aber er kam nicht von mir.
Irritiert sah ich mich um – das wohl Sinnloseste, was ich in dieser Finsternis hätte tun können, doch ich war helle genug, um meine Taktik anzupassen. „Hallo?“, flüsterte ich vorsichtig. „Wer… Wo bist du?“
Die nachfolgende Stille ließ mich jedoch zweifeln, ob ich mich nicht verhört hatte. „Bist du noch da?“
‚Du solltest dich lieber fragen, wo du bist‘, kam die Antwort schließlich.
Doch ich konnte das Geräusch partout nicht ausmachen. Es schien aus keiner spezifischen Richtung zu kommen. Ob das an dem Hall hier lag? Ich wusste nur so viel: Das war definitiv nicht die Stimme meines Entführers. Die Person klang jünger und vor allem weiblich. „Bis du auch hier eingesperrt?“, fragte ich.
‚Tse, dein Ernst?‘ Sie lachte kalt. ‚Du hast echt Nerven. Eingesperrt ist wohl die Untertreibung dieses Millenniums.‘
Ich biss mir auf die Lippen, bevor ich noch zu einer Antwort ansetzte, die die Situation nur verschlimmert hätte. Wahrscheinlich war sie schon länger hier und deshalb so zynisch. Dennoch war es schon seltsam, dass ich sie bislang nicht bemerkt hatte.
Auch wenn ich auf einen weiteren Wortwechsel gut verzichten konnte.
‚Kein Grund jetzt zu schmollen‘, sagte die Stimme auf mein Schweigen hin. ‚Da ich heute einen guten Tag habe, werde ich dir helfen. Wenn du tust, was ich sage, dann kommen wir hier vielleicht heil raus.‘
Ich schnaubte. Für mich schienen die Worte rein rational keinen Sinn zu ergeben. Warum sollte mir jemand hier raushelfen können, aber bislang selbst nichts unternommen haben, um von hier zu entkommen? Allerdings… hatte ich überhaupt eine Wahl?
Und wer weiß, wie die drauf war, wenn sie mal einen schlechten Tag hatte...
„In Ordnung“, stimmte der naive Teil meiner Selbst zu, der sich schon lange nicht mehr mit so banalen Dingen wie Rationalität und Logik beschäftigte.
‚Weise Entscheidung, dann hör mir jetzt genau zu: Der steinige Boden unter dir ist feucht. Ich vermute, dass wir hier in einer Art Höhle sind. Hörst du das stete Tropfen? Es kommt von einem Raum hinter der Wand zu deiner Rechten. Es muss einen Weg dorthin geben. Warte noch! Beweg dich nicht!‘
Ich zuckte zusammen.
‚Spürst du, wie der Boden unter dir immer nasser wird, wie sich das Wasser sammelt und zu fließen beginnt?‘
„Es wird mehr“, stellte ich mit wachsender Panik fest. Wo kam das Wasser plötzlich her? Da bildete sich langsam eine Pfütze.
‚Ja, aber krieg jetzt nicht gleich die Flatter. Folge der Fließrichtung. Wasser findet seinen Weg. Auch durch eine Steinwand. Das sollte dir helfen. Beeile dich und…‘
Die Worte endeten abrupt, als ich mich vom Untergrund abstieß, doch ich konnte nicht länger ruhig auf dem Boden hocken. Dass ein Raum in einer Höhle mit Wasser vollzulaufen drohte, war alles andere als beruhigend.


Letzte Änderung durch Ama (Am 05.04.2022 um 19.52 Uhr)

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#53 Am 20.02.2022 um 19.26 Uhr

Shadowgarde
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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 2: Die Spitze des Eisbergs 



Ich hatte wirklich genug davon, schon wieder kurz vor dem Ertrinken zu stehen. Aus Ermangelung an Alternativen beschloss ich daher der Stimme zu vertrauen, steckte den Amethyst in meine Hosentasche und krabbelte dann zügig vorwärts, bis ich auf eine Gesteinswand traf.
Ich lauschte. Tatsächlich. Das Tropfen musste von der anderen Seite herrühren.
Doch ich war nicht ganz sicher, wo genau ich suchen sollte und tastete mehrmals Höhe und Breite der Wand ab. Allerdings fand ich keinen Spalt, durch den ich mich hätte hindurchzwängen können.
„Hier ist nichts“, sagte ich. Erst leise, dann lauter, doch ich erhielt diesmal keine Antwort.
Hatte ich die Stimme verschreckt?
Gut, bei all dem, was mein Kopf in den letzten Wochen durchgemacht hatte, wäre ich nicht einmal verwundert, wenn ich mir die launische Person eingebildet hatte. Selbst wenn ich jemals in meine Welt hätte zurückkehren können – die Stunden beim Therapeuten könnte ich mir eh nicht leisten.
Seufzend drehte ich mich zurück in den Raum und versuchte trotz wachsender Panik meine Lage zu erfassen. Vielleicht sollte ich die anderen Wände testen. Irgendwo musste es doch so etwas wie eine Tür geben. Ich bin schließlich auch irgendwie hier hereingekommen. Nur weil so eine Stimme behauptete, dass der Ausgang hier liegen musste, hieß das noch lange nicht, dass…
Gerade als ich mich abwenden wollte, spürte ich das kühle Nass unter meinen Fingern. Es floss in einem schmalen Rinnsal die Steinwand hinauf wie eine Ranke, die an einer Mauer emporwuchs.
Ein Umstand, der sich nicht mit meinem Konzept zum Thema Schwerkraft vereinbaren ließ. Ob mein Besserwisser-Physik-Professor dafür auch eine Erklärung hatte?
Verwundert schüttelte ich den Kopf. Ich erinnerte mich an das, was die Stimme mir aufgetragen hatte. Also folgte ich der Fließrichtung des Wassers, bis meine Finger in eine kleine Kuhle griffen. Sie war so schmal, dass kaum meine ganze Hand hindurchpasste. Nur meine Fingerspitzen erhaschten einen winzigen Luftzug auf der anderen Seite der Wand. Doch etwas in der Versenkung fühlte sich anders an. Ein Hebel?
Ohne zu zögern zog ich an der Vorrichtung und stellte zu meiner – zugegeben verspäteten - Beruhigung fest, dass ich keine Falle ausgelöst hatte. Es klickte, ehe ein Teil der Wand auf mich zukam. Es hatte wirklich funktioniert!
Das schwache Licht, was sich an den Rändern des Durchgangs abzeichnete, erschien mir jedoch so grell, dass ich zunächst einen Moment benommen zurück wankte, ehe ich die entstandene Tür in Gänze aufzuschieben wagte.
„Du hattest recht. Hier ist eine Tür in den nächsten Raum. Wir können es schaffen!“, erklärte ich halb überrascht, halb erleichtert und blickte zurück. Jetzt, wo die Lichtstrahlen vom Gang durch die Öffnung drangen, hatte ich endlich die Gelegenheit mein Gefängnis zu begutachten. Es war nicht sehr groß, ziemlich verwinkelt, aber bis auf einen provisorischen Haufen Stroh, dem man mit viel Phantasie die Funktion eines Schlafplatzes zuschreiben konnte, war der Raum leer. Selbst das Wasser, vor dem ich mich so gefürchtet hatte, floss just in dem Moment in die Ritzen der Wände ab, als hätte jemand die Spülung betätigt.
Unschlüssig rieb ich meine Stirn. Ich war wohl wirklich die ganze Zeit über allein gewesen.
Nun, nicht ganz. Ich hatte ja immer noch den…
Stein?!
Ein seltsamer Gedanke schoss mir durch den Kopf und ich zog erneut den Amethyst aus meiner Hosentasche. Könnte es vielleicht sein, dass…?
Ich hielt mir den Stein ans Ohr. „Hallo?“
Stille.
„Hörst du mich?“
Ein Stalaktit tropfte in der Ferne - nur durchbrochen vom Rauschen eines Windzuges.
Vielleicht wurde ich langsam doch verrückt. Ein pulsierendes Gefühl blieb an der Stelle meiner Stirn, wo sich wohl der Abdruck meiner Hand abzeichnen musste.
Besser ich steckte schnell den Amethyst wieder zurück in meine Tasche, ehe ich noch auf die Idee kam, mit meinem Schuh zu telefonieren.
Im Augenblick hatten ohnehin ganz andere Fragen Priorität.
Um Chrome zu retten, musste ich schließlich zu allererst diese verdammte Höhle verlassen.
Daher sah ich mich vor meiner Zelle nach Hinweisen zu einem Ausgang um.
Zu meinem Glück waren die Gänge relativ gut ausgeleuchtet, denn die aus der Decke wuchernden Fluoreszenz-Kristalle schimmerten wie Neonlichter.
Ob alle Ecken in Eldarya so bezaubernd waren?
Das musste man diesem Spiel echt lassen. Von Zeit zu Zeit ließ mich die Schönheit dieser zauberhaften Welt selbst das Atmen vergessen.
Ich versuchte meiner Neugierde zu widerstehen und lenkte mein Augenmerk weniger auf die silbrig schimmernden Ranken, das dampfende Moos und… Sind das Pinke da die tanzenden Irrwichte, von den ich schon so viel gehört hatte? Die sehen mit ihren glitzernden Medusen ja aus wie fliegende Quallen. Ob man die anfassen… Nein! Stopp!
Ich schüttelte den Kopf. Ausgang! Ich musste immer noch den Ausgang suchen.
Doch plötzlich, zu meiner großen Überraschung, formierten sich die leuchtenden Gestalten in einer geraden Reihe und hüpften langsam den Gang weiter.
Wie eine Perlenschnur, eine nach der anderen, entfernten sie sich von mir, ehe sie um eine Ecke aus meinem Blickfeld verschwanden.
Ein Teil von mir wollte diesen quallenartigen Wesen unbedingt folgen, doch der Luftzug, der um meine Nase blies, führte genau in die entgegengesetzte Richtung und damit sicher direkt aus der Höhle hinaus. Außerdem war mir definitiv nicht danach zumute hier unten auf Erkundungstour zu gehen. Daher beschloss ich dem magischen Sog der Irrwichte zu widerstehen und den Gang in die andere Richtung zu folgen.
Der Anstieg wurde zwar immer steiler und schmaler, aber vielleicht war die Höhle auch einfach verdammt tief gelegen. Bald müsste ich die Erdoberfläche erreicht haben, sprach ich meinen schmerzenden Beinen daher Mut zu.
Auch wenn mich bei jedem Schritt der Hunger und die Erschöpfung quälte, trottete ich in einem strengen Marsch voran, bis ich endlich nach einigen Irrungen und Wirrungen Tageslicht am Ende des Ganges erblickte, das durch einen größeren Spalt in der Wand fiel.
Von hier kam also der Windzug!
Jeden Schmerz vergessend rannte ich darauf zu, keuchte als ich ihn erreichte.
Zunächst kam ich mir auch noch toll vor. Wie so ein Kind, das nicht dem Mann mit der Zuckerwatte in seine zwielichtige Hütte, sondern seinem eigenen Intellekt in die Freiheit gefolgt war. Doch schon bald merkte ich, dass ich in meiner Logik einen entscheidenden Fehler begangen hatte.
Als ich nämlich durch den Spalt blickte, erkannte ich, dass mich jeder Schritt, mit dem ich mich zu diesem Ausgang gequält hatte, nur noch tiefer in den Kaninchenbau geführt hatte. Vor mir lag zwar das Freie, aber sonst auch erstmal nichts.
Dafür taten sich unter mir fletschende Steinkanten und eine bodenlose Tiefe auf.
Wütend und enttäuscht betrachtete ich die felsige Kluft, die mich vom rettenden Waldweg trennte: Ich war auf einem Berg - fast gänzlich auf dem Gipfel.
Hier außen den Abstieg zu wagen, war reiner Selbstmord.
So ein verdammter Mist!
Es würde weitere Stunden dauern den Rückweg anzutreten und dieses Mal gab es keinen Anhaltspunkt, der mich durch die Labyrinth-Gänge leitete.
Kein Windzug, dem ich folgen, keine Markierung, die mich führen konnte.
Viel schlechter hätte es echt nicht laufen können.
„Weit bist du ja nicht gekommen.“
Ein Schauer zuckte dabei durch meinen Körper, als würde ich direkt von einem seiner Blitze getroffen. Die Stimme hatte ich sofort erkannt. Die Worte hallten zu meiner Linken, keine zwei Meter hinter mir. Jedoch wagte ich es nicht mich umzudrehen.
Vielleicht bildete sich ein Teil von mir ein, dass er mich nicht sehen könnte, wenn ich ihn nicht sah.
Vielleicht missgönnte ich ihm aber auch einfach nur die Genugtuung in mein mit Panik erfülltes Gesicht zu sehen.
„Nimm es gelassen“, sprach er weiter. „Du hast es immerhin versucht. Das ist schon deutlich mehr als so manch anderer gewagt hatte.“
Ich hörte, wie sich sein schlurfender Schritt mir näherte. Eineinhalber Meter, ein Meter.
Das Rascheln seiner Kleidung verriet mir, dass er nach etwas griff.
Eine Waffe?
Der Angst zum Trotz versuchte ich ruhig zu bleiben, abzuschätzen, welche Möglichkeit das geringste Potenzial bot, dass er mich wieder in dieses Verlies sperren konnte: Kampf oder Flucht - wie es so schön heißt. Ein Teil von mir tendierte allerdings eher zum Totstellen. Auch weil ich da nicht viel spielen musste.
Als ich hörte, wie er hinter mir schnaufte, schüttelte ich jedoch den Kopf. Dafür hatte ich nicht trainiert. Ich musste ihn nur entwaffnen, dann könnte ich vielleicht entkommen.
Und was auch immer er da gerade aus seiner Tasche zog, ich könnte es womöglich sogar gegen ihn verwenden, wenn ich mich nur geschickt anstellte.
Mit diesem Entschluss nickte ich mir zu und tat dann einen schnellen Sprung zur Seite.
Flink wie ein Valuret huschte ich dabei in einer kreisförmigen Bewegung unter seinen Armen hindurch, wobei ich nach dem griff, was er bis eben noch in den Händen gehalten hatte. Der Rest war ein Hebel, der sich aus der Drehung ergab. Er ließ los und seufzte.
„Deine Entschlossenheit überrascht mich immer wieder.“ Seine Augen behaupteten jedoch etwas anderes, als er sich langsam zu mir drehte. So schien er mich in keiner Weise für eine Bedrohung zu halten. Im Gegenteil. Er schien eher amüsiert, wie er mich von oben bis unten musterte. Eine Reaktion, die mich nur noch mehr anstachelte. Und ich hatte gute Karten. Schließlich war ich nun im Besitz seiner Waffe. Fest umschloss ich den Griff, bereit damit zuzuschlagen, sollte er sich noch ein Stück auf mich zu bewegen. Doch der Gegenstand in meinen Händen fühlte sich seltsam an: einerseits hart, aber irgendwie auch elastisch im Kern. Es war nicht glatt, sondern krümelig und erstaunlich warm. Mein Blick löste sich eine Schreckenssekunde von meinem Entführer, um das zu betrachten, was ich da in meinen Händen hielt.
„Du musst wirklich hungrig sein“, erklärte der Mann und lächelte mir zu. „Iss nur. Es ist ohnehin für dich.“
Verwundert schaute ich wieder zu ihm hoch. Diesmal war da kein Hohn, sondern fast schon Wohlwollen, das um seine Mundwinkel spielte, während ich noch immer den Laib Brot auf ihn gerichtet hielt.

Letzte Änderung durch Ama (Am 05.04.2022 um 19.58 Uhr)

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#54 Am 27.02.2022 um 19.41 Uhr

Shadowgarde
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Nachrichten: 91

>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 3: Lih 



Sein Name war Lih.
Zumindest stellte er sich mit diesem Namen vor, als er eine dampfende Tasse vor mir auf den Tisch stellte und dann auf dem Stuhl zu meiner Rechten platznahm. Es irritierte mich, dass er sich nicht gegenüber von mir setzte, denn an dem großen Tisch standen insgesamt 10 Stühle. Es hätte also reichlich Platz gegeben, um auf Distanz zu bleiben, doch aus irgendeinem Grund, war es gerade die Distanz, die mein Entführer zu durchbrechen versuchte.
Einen Moment betrachtete ich die Tasse vor meiner Nase, die einen himmlisch-würzigen Duft verströmte, und versuchte meine Gedanken neu zu ordnen.
Zwar konnte ich an seinen ruhigen Bewegungen klar erkennen, dass er nicht auf einen Kampf aus war, aber es war mir dennoch unmöglich zu erraten, was seine wahren Absichten waren und ob sich die Lage für mich nun verbessert oder doch eher verschlimmert hatte.
Dass ich nun in seiner Küche – an der Spitze dieser Berghöhle - saß, war aber keine Entscheidung, die ich konkret getroffen hatte.
Dessen wurde ich mir langsam immer bewusster.
Ich war ihm nur stumpf gefolgt, als er mich um ein Gespräch bat.
Doch allein der Vorschlag hatte mich schon aus dem Konzept gebracht.
Konversation in Eldarya? Das war wie eine Partie Schach inmitten eines Gemetzels.
‚Entweder du verlierst das Spiel oder du überlebst den Sieg nicht‘, hatte Alajea einst gesagt. Warum sollte man es mit Reden überhaupt versuchen?
Doch irgendwie hatte ich den Eindruck, dass sich seit unserer ersten Begegnung am Fluss etwas verändert hatte. Lihs Blick war weniger besitzergreifend, weniger herablassend – ja, ich möchte fast meinen, es verbarg sich unter seinen blonden Brauen und der dicken Narbe, die sich durch diese hindurchfraß, beinahe etwas Freundliches. Er hatte mir immerhin Brot und Tee gegeben. 
Vielleicht war sein veränderter Anblick aber auch der gebrochenen Nase geschuldet, die dank meiner Wenigkeit sein Gesicht neugestaltet hatte. Mehr noch als die Verletzung, die in seinem markanten Äußeren kaum weiter auffiel, zeugten die Blutflecken auf seinem weißen Gewand von unserer Auseinandersetzung.
Allerdings ließ nichts in seinem Blick darauf schließen, dass er auf Rache oder Vergeltung aus war.
Ich beschloss daher das Spiel zunächst mitzuspielen, mir zumindest die Regeln anzuhören.
Solange ich nicht wusste, worauf er es abgesehen hatte, konnte ich auch nicht wissen, wo seine Schwachstelle lag und wie ich mich heil aus dieser Lage retten konnte ohne einen weiteren Kampf zu riskieren. Allein die Vorstellung wieder von seinen Blitzen durchbohrt zu werden, ließ mich frösteln, obwohl keine zwei Schritte neben mir ein kleines Ofenfeuer loderte. Gedankenlos nahm ich die heiße Tasse in die Hand und beugte mein Gesicht über den warmen Dampf. Meine Instinkte waren aber nicht ganz nutzlos und ich zögerte von dem Gebräu zu kosten. Ohne mich anzusehen ließ Lih mich offenbar nicht aus den Augen.
„Wenn ich vorgehabt hätte dich zu töten, wärst du bereits nicht mehr am Leben“, sagte er und schenkte sich aus derselben Kanne ein.
Ein Punkt, den ich nicht leugnen konnte, doch das änderte nichts an dem Knoten in meinem Bauch. „Dann lasst mich gehen!“, forderte ich daher. Da meine Stimme recht kratzig klang, nutzte ich den Anlass, um aus der Tasse zu trinken und ihn dabei entschlossen von der Seite anzufunkeln. Ob ich Angst hatte oder nicht spielte im Grunde keine Rolle, solange ich es ihm nicht zeigte.
Er trank ebenfalls, jedoch ohne mir ins Gesicht zu sehen. „Das geht nicht.“
Ich starrte ihn eine Weile an.
Schweigen.
War das etwa alles an Erklärung? Sein Gespräch konnte er sich echt sonst wohin stecken.
Empört setzte ich die Tasse ab. Ein Teil des Inhalts schwappte auf den Tisch.
Anstelle auf mich zu reagieren, schenkte er mir mit einer Gelassenheit nach, die den Wunsch in mir erweckte, ihm augenblicklich die Kanne aus der Hand zu schlagen… wenn ich nicht so einen verdammten Durst gehabt hätte. Ich besann mich daher der Vernunft der Worte. „Was wollt Ihr von mir und wieso habt Ihr mich überhaupt verschleppt?“
„Eine Verwechslung.“
Meine Stirn zog sich zusammen. „Das sage ich doch schon die ganze Zeit. Es gibt keinen Grund mich hier zu behalten, also lasst mich einfach gehen. Dann bin ich vielleicht auch gewillt, die Sache mit dem Kerker zu vergessen.“ Ich merkte erst, dass ich aufgestanden war, als er nach meiner Schulter griff und mich mit einer erstaunlichen Stärke zurück auf den Sitz zwang.
Sein Gesicht wirkte noch immer gelassen, doch der Druck in meiner Schulter ließ keinen Zweifel daran, dass er nicht auch zu drastischeren Maßnahmen greifen würde.
Mein Stocken schien ihm zu genügen, denn er ließ langsam von mir ab, um eine neue Kanne aufzusetzen.
Für diesen Mist hatte ich echt keine Zeit. Wenn ich weiter trödelte würde Chrome…
„Ich muss wirklich gehen“, beharrte ich. Kurz spielte ich mit dem Gedanken die Flucht zu ergreifen, so lange wie er von mir abgewandt am Herd stand, doch ich wusste, dass ich nicht weit kommen würde. Ganz gleich, ob er humpelte oder nicht. Weder hatte ich einen Plan, wie ich dieses Labyrinth bezwingen konnte, noch war ich in der Lage ihn in meiner Verfassung abzuschütteln. Mal abgesehen davon, dass er mir körperlich überlegen war, besaß der Mann Kräfte, die jenseits meiner Vorstellungskraft lagen. Außerdem war mir eines inzwischen klargeworden:
Selbst als ich das Gefühl hatte, ihn überrumpelt und überrascht zu haben, war er es doch, der die Kontrolle über die Situation behielt. Ihn brachte nichts aus der Ruhe, weil ich ihm bislang nichts entgegenzusetzen hatte. Das war die traurige Wahrheit.
Erneut von meiner eigenen Inkompetenz frustriert, biss ich in das Brot, das bislang ungebrochen vor mir auf dem Tisch gelegen hatte.
Scheiße, war das lecker.
Konnte jemand, der mir so etwas zu essen gab, überhaupt böse sein?
Ich stopfte noch einen großen Happen davon in meinen Mund. Wenigstens konnte ich meinen Frust an dem Gebäck auslassen.
„Ich weiß, was du von mir halten musst, doch um ehrlich zu sein, ist mir das relativ egal“, sagte er mit Blick auf das Krümelchaos, was ich auf dem Tisch veranstaltet hatte. „Es interessiert mich absolut nicht, ob du mich verachtest, misstraust, fürchtest oder verfluchst. Der einzige Grund, warum du hier bist, ist weil ich dir nicht vertrauen kann.“
Ich blinzelte verwirrt in seine Richtung und schluckte dann etwas überfordert. Das konnte doch unmöglich sein ernst sein. „Ihr scheint jemand zu sein, der wenig Vertrauen in andere hat. Passen denn die Bewohner von ganz Eldarya in Eure Verließe?“
Der Kessel pfiff und er goss erneut heißes Wasser in die Kanne, ehe er einige Blätter und getrocknete Früchte mit hinzufügte. „Berechtigter Einwand - du bist ja wirklich spitzfindig. Das gefällt mir.“
Ich schnaubte – auch wenn ein Teil von mir gegen die Hitze in meinen Wangen ankämpfte. Unter anderen Umständen tät ich mich glatt geschmeichelt fühlen.
„Die Sache ist nur“, fuhr er fort. „Die Person, nach der ich suche und der du seltsamerweise so ähnlich siehst, ist in ein… nennen wir es brandgefährliches Unterfangen verwickelt. Er hat mich verraten und sich auf jemanden eingelassen, der das Schicksal von ganz Eldarya auf den Kopf stellen kann. Mir geht es einzig darum sicherzustellen, dass von dir nicht ebenfalls eine größere Gefahr ausgeht.“
Ein lautes Glucksen verließ meine Kehle.
Für wen in Gottes Namen sollte ich bitte eine Gefahr darstellen? Außer für mich selbst…
Lihs Miene versteifte sich allerdings, als er sich zu mir umdrehte. „Amüsiert dich etwa meine Besorgnis?“
„Nicht im Geringsten“, log ich. „Ich glaube, jeder fürchtet einen Elefanten in seinem Porzellanladen.“
Als er einige Schritte auf mich zumachte und sein dunkler Blick mich traf, verstummte ich jedoch. „Ich bezweifle, dass die Bewohner der zerstörten Dörfer deinen Spott teilen werden.“
Seine Worte klangen hart, doch ich hatte das Gefühl, dass ein aufrichtiges Bedauern in seinem Ton lag. Und das ließ mich stutzig werden.
„Warten Sie… Geht es um die Angriffe auf die Dörfer? Hat die Person, die Ihr sucht, etwas damit zu tun?“
Er nickte langsam, während er uns nachschenkte und dann in seiner Tasse rührte.
Ich starrte irritiert auf die Brandnarben seiner Hände. War das wirklich der Grund?
Hatte ich mich in Lih vielleicht von Anfang an getäuscht?

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#55 Am 01.03.2022 um 14.50 Uhr

Obsidiangarde
Meria
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Meria
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Wie hast du es geschafft deine FF zu verlieren. D: Hast du kein Word oder sowas, bei dem du das immer abspeicherst? °^°

Ich musste erstmal wieder reinkommen...ich hatte die letzten Kapitel immer überflogen, um zu wissen, wo man stehen geblieben ist...aber einiges hat sich geändert...das bringt mich n bisschen durcheinander. ;A;
Aber ich komme da schon wieder rein...mit den nächsten Kapiteln. ^^

Ich bin echt schlecht im Kommis schreiben, ich weiß nie was ich sagen soll, tschuldigung. ;_;

Die Ich-Version passt ganz gut, wenn es um Emilia geht..

Das Ende ist mal interessant. Klingt (wenn ich jetzt nicht ganz bekloppt denke ^^°) als wenn Emil der Feuerteufel ist...oder zumindest damit zu tun hat...na da bin ich mal gespannt, was das noch wird.... ^^


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#56 Am 06.03.2022 um 17.09 Uhr

Shadowgarde
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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 4: Kompliz(e)iert





Ich konnte nicht glauben, dass es bei dieser ganzen Sache hier um die Bestie gehen sollte.
Nicht, dass ich viel über die Einzelheiten zu den Angriffen wusste, doch praktisch mein gesamtes, verdammtes Schicksal hier in Eldarya war an dieses verfluchte Monster geknüpft.
Wahrscheinlich wäre meine Ankunft völlig anders verlaufen, wenn es dieses Ungeheuer gar nicht gegeben hätte. Vielleicht wäre Chrome nie verletzt und Nevra nicht von mir enttäuscht worden. Lih hätte mich nie entführt und ich wäre ihm – ich biss mir auf die Lippen als ich an den weißhaarigen Ritter dachte – wahrscheinlich nie begegnet. So viele Qualen hatte ich wegen der Bestie erdulden oder mit ansehen müssen. So viele Leute, die ihretwegen ihr Zuhause verloren hatten. Aber das Leid war nicht genug. Jetzt sollte ich auch noch „gefährlich“ und „nicht vertrauenswürdig“ sein? Und das alles nur, weil man eine Verbindung zwischen mir und diesem Monster sah,… weil man mir schon wieder misstraute? Wegen was? Meines Aussehens? 
Ich schüttelte den Kopf. „Hatten wir nicht geklärt, dass es sich um eine Verwechslung handelt?“
„In der Tat.“ Er stellte seine Tasse auf den Tisch und sah mir so plötzlich in die Augen, dass ich seinen Blick nur starr erwidern konnte. „Doch wenn ich an eines noch weniger glaube als an das Gute in uns, dann an Zufälle. Ihr Zwei habt definitiv eine Verbindung und ich werde herausfinden, welche das ist.“ Zur Untermalung seiner Entschlossenheit holte er ein weiteres Stück Brot, legte es mir vor die Nase und lehnte sich dann mit überschlagenen Beinen im Stuhl zurück, als wäre die Zeit sein treuester Komplize.
Zugegeben, die Zeit war auch völlig auf seiner Seite.
„Das ist ausgeschlossen“, erklärte ich daher und funkelte ihn finster an. „Ich habe zu den Leuten in Eel keine Verbindung, keine Familie hier, nicht einmal Verwandte. Im Moment habe ich nur einen Freund und der braucht meine Hilfe.“
Dass ich ein Mensch war wollte ich ihm nicht sagen. Chrome indirekt zu erwähnen war schon eine riskante Karte, die ich nur widerwillig spielte. Schließlich wollte ich meinem Entführer Informationen entlocken und keine weiteren über mich preisgeben. Doch Lihs Mitgefühl mit mir und meiner Situation schien relativ begrenzt.
Er verschränkte nun auch noch die Arme, seine Augenbrauen zogen sich tief zusammen. „Das behauptest du. Genauso wie du behauptest, dass dein Name Emil sei…“ Sein Blick wanderte ein Stück von meinem Gesicht über meine Brust bis zu meinem Schoß, wo er mit einem verächtlichen Grinsen verweilte.
Ich biss die Zähne zusammen und griff nach dem Brot. Diesmal wollte ich ihn wirklich damit schlagen.
„Keine Bange“, er winkte ab, strich mir unbehelligt ein Strähne hinters Ohr und zog seine schmalen Lippen breit, während er sich näher zu mir heran beugte. „Dass du ein Mädchen bist, habe ich durch Zufall herausgefunden. Doch was auch immer deine Gründe dafür sind dein Geschlecht zu maskieren; es macht die Sache komplizierter. Ein ähnliches Äußeres und dann gibst du dich noch unter seinem Namen aus… Wer würde da nicht stutzig werden? Vielleicht bist du ja auch Emils Komplizin?“
Das musste ich kurz verdauen. Die Person, die mir so ähnlich sah, die möglicherweise etwas mit der Bestie zu schaffen hatte und nach der Lih suchte, hieß also ebenfalls Emil?
Natürlich!
Lih hatte mich am Fluss bereits mit diesem Namen angesprochen.
Meine Kehle wurde trocken. Das Brot bröckelte in meiner geballten Faust.
Die Vorstellung, dass noch jemand den Namen meines Bruders so beschmutzte, machte mich wütend. Es reichte schon, dass ich sein Andenken durch diese Maskerade in den Dreck zog. 
Ehe ich mich versah, griff ich nach Lihs Kragen. „Ich kann nicht darauf warten, bis Ihr meine Schuld bewiesen habt, denn da gibt es nichts zu finden. Es muss noch eine andere Option geben. Ich kann nicht hierbleiben und Däumchen drehen.“
Lih wehrte sich nicht, doch ich glaubte für den Bruchteil einer Sekunde zu sehen, wie sein rechter Mundwinkel leicht nach oben zuckte. „Dann schlage ich vor, dass du mir deine Unschuld beweist.“
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Lih so schnell einlenken würde – oder dass ich überhaupt den Mut finden würde, Forderungen zu stellen.
Und ich brauchte auch nichts weiter zu sagen, denn Lih schien die Frage auf meiner Stirn lesen zu können. „Wenn du mir beweist, dass du nicht mit Emil zusammenarbeitest, lass ich dich gehen. Allerdings sehe ich nur einen Weg, wie du mich überzeugen kannst.“
Ich schluckte. Irgendwie hatte ich ein mieses Gefühl.
Doch er beugte sich zunächst nur noch ein Stück zu mir vor, selbst gegen den Griff meiner Finger. „Du musst jemanden für mich finden und diese Person in Sicherheit bringen. Es geht um das nächste Opfer der Bestie. Ihr Name ist Lillif.“
Mein Griff lockerte sich etwas. Doch mehr aus Verwirrung. 
Wie kam Lih auf die Idee, mir das Leben einer Person anzuvertrauen, wo doch gerade meine Vertrauenswürdigkeit in Frage gestellt worden ist? Noch dazu war es nicht nur eine Frage von Vertrauen, ob diese Aufgabe zu schaffen war.
„Warum liefere ich dir nicht zum Beweis gleich die Bestie?“, witzelte ich daher etwas hilflos.
Er schnaubte, was seine Worte noch geringschätziger wirken ließ. „Solltest du die Wahrheit sagen, so bete ich dafür, dass du der Bestie nie gegenüberstehen wirst.“
Er war nicht der einzige, der mir das wünschte. Allerdings hatte ich bei ihm nicht das Gefühl, dass er ernsthaft um meine Sicherheit besorgt war. Doch vielleicht tat ich ihm auch Unrecht.
Immerhin ging es Lih darum, dass ich eine Person vor der Bestie in Sicherheit bringen sollte. Eine noblere Forderung konnte ich mir nicht vorstellen.
Vielleicht war Lih einfach nur ein bisschen verschroben. Wie so ziemlich jeder hier in Eldarya, wenn ich mal genau darüber nachdachte.
Lih grinste bitter, während er meinen grübelnden Blick zu deuten versuchte, und sah dann durch ein kleines Fenster in der Wand, durch das blutrote Strahlen der Abendsonne schimmerten.
„Lass mich nach Emil suchen und ihn für seinen Verrat zur Rechenschaft ziehen. Ich weiß, dass er mich zur Bestie führen wird. Konzentriere du dich währenddessen auf die Rettung des nächsten Opfers.“
Anstatt meine Antwort abzuwarten, wandte Lih sich von mir ab, um einen Schlafplatz neben dem Ofen herzurichten. Ich bekam nur am Rande mit, wie er trotz Gehstock ein Klappbett und eine Matratze für mich zusammenbaute, denn als ich wieder ganz bei mir war, hatte er sich schon mit einem „Gute Nacht“ verabschiedet.
Eine Weile starrte ich verwirrt auf die Stelle des Stuhles, wo er eben noch gesessen hatte. Das Gespräch hatte mehrere unerwartete Wendungen genommen und ich konnte nicht behaupten, alles verstanden zu haben.
War Lih wirklich in der Lage die Bestie aufzuhalten?
Woher wusste er von dem nächsten Opfer und wie gefährlich war dieser Typ, der unter dem Namen meines Bruders Verrat mit der Bestie beging?
Ich schüttelte unschlüssig den Kopf. Das Ganze betraf mich doch im Grunde überhaupt nicht. Weder wollte ich mich in die Angelegenheiten der Bestie, noch in die von Lih einmischen. Für mich gab es nur eine Sache, die zählte, und das war die Rettung von Chrome.
Und nachdem ich endlich begriffen hatte, dass Lih mich in dieser Nacht nicht eingesperrt oder bewacht hielt, nutzte ich natürlich die Gelegenheit zur Flucht. Mir sein dämliches Gesicht dabei vorzustellen, wenn ich am nächsten Morgen einfach weg war, half mir die nötige Kraft aufzubringen, mich durch die Gänge zu schlagen.
Mehreren Hinweisen folgte ich in den nächsten Stunden: Fußspuren, Markierungen, selbst Gerüchen. Allerdings musste ich schnell feststellen, dass es unzählige Abzweigungen in dieser Berghöhle gab, die quer durch alle Ebenen führten und die einzigen Fußspuren, die ich entdeckt hatte, am Ende wohl meine eigenen waren. Zumindest führten mich die kleinen Füße wieder zurück auf den Gipfel, wo mich das dümmste Gesicht von allen erwartete – nämlich das im Spiegel des Abtritts neben der Küche.
Ein Fakt, der mich schon nicht mehr überraschte.
Vermutlich hatte sich Lih deshalb nicht die Mühe gemacht, mich wieder in das Verlies zu sperren. Er schien inzwischen die Grenzen meiner Fähigkeiten zu kennen.
Zugegeben, ich kannte sie auch. Nur war ich einfach nicht bereit, mich damit abzufinden.
Am liebsten würde ich kurz in das letzte Kapitel meiner Geschichte linsen, nur um herauszufinden, ob diese Engstirnigkeit meine größte Stärke oder aber doch meine lästigste Schwäche war.
Irgendwann musste ich jedoch akzeptieren, dass ich in jedem Fall einen besseren Plan brauchte und kehrte zurück in meine selbst gewählte drei-Sterne-Zelle.
Die Matratze unter mir war eine Wolke im Vergleich zu der Pritsche meines Zeltes im Lager der Garde, doch änderte das nichts an dem bleiernen Gefühl in meinen Gliedmaßen.
In dieser Nacht bekam ich jedenfalls kein Auge zu.
Ob das an meiner Sorge um Chrome oder an Lihs Vorschlag lag, konnte ich jedoch nicht sagen.
Unruhig wälzte ich mich auf die andere Seite des Klappbettes. Dutzende Gedanken tobten durch meinen Kopf. Nach einer gefühlten Ewigkeit sah ich endlich das blau-orange Licht, das durch ein paar Ritze im Gemäuer der Küche fiel. Es schimmerte im gleichen Licht wie das Feuer des Ofens, der neben mir züngelte. Ein Knarzen an der Tür ließ mich schließlich hochfahren.
Ich rechnete damit, dass Lih zurückgekehrt war und machte mich bereit. Eine Menge Fragen blieben noch unbeantwortet. In den letzten Stunden hatte ich sie in meinen Gedanken gesammelt wie Briefmarken in einem Album. Doch als ich zu der Person blickte, die vorsichtig durch die Tür tapste, spürte ich den Luftzug von den Ritzen der Wände quer durch meinen Kopf pfeifen – sämtliche Briefmarken aus dem Album mitreißen bis nichts als ein chaotischer Haufen an wirren Gedankenfetzen übrigblieb.
Vor mir stand nicht Lih, sondern ein Mädchen – etwa in meinem Alter.
Rosigblondes Haar umrahmte ihr blasses Gesicht und fiel auf ein langes, blaues Nachthemd, das über den staubigen Boden schleifte.
Ein Geist?!, erkannte ich mit fassungslos weit aufgerissenen Augen.
Ich spürte die Panik meine Wirbelsäule emporklettern, bis mir der Schwindel schließlich einen Sack über den Kopf stülpte.



Kommi

Letzte Änderung durch Ama (Am 01.10.2022 um 14.50 Uhr)

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#57 Am 13.03.2022 um 18.30 Uhr

Shadowgarde
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Nachrichten: 91

>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 5: NPC’s 




Noch bevor ich mein Bewusstsein in Gänze wiedererlangt hatte, war die Sorge vor der Einsamkeit wie weggeblasen. Zwar hatte ich immer noch Angst, doch nun konnte ich mit Gewissheit sagen: Ich war zumindest nicht allein.
Auch wenn ich kaum in der Lage war, meine Augenlider zu bewegen, spürte ich die Geräusche auf mich einprasseln wie warmer Regen in einer Sommernacht.
Da war ein Rascheln, Trappeln und Stimmen. Mehrere sogar.
Und während ein Teil von mir hoffte, dass es ein positives Zeichen war, dass ich schon wieder Stimmen hörte, versuchte ein anderer Teil die Worte zu verstehen, die da an mein Ohr drangen.
„… ein Junge? Da hättest du dich nicht einmischen dürfen. Warum hast du nicht auf Lih gewartet?“
„Lih hatte mich hierher geschickt. Daher hatte ich euch gleich gerufen. Und außerdem… es ist ein Mädchen.“
Sie redeten weiter aufeinander ein, aber es fiel mir schwer, ihnen zu folgen.
Schuhe tapsten auf dem Boden. Einige schnell, andere langsam.
Unbändige Kopfschmerzen versicherten mir aber, dass ich nicht träumte. Ebenso eine Hand, die plötzlich die meine streifte. Es war nur kurz, aber ich spürte die Wärme der Haut. Ein Stöhnen entwich meiner Kehle, als ich versuchte zu schlucken.
„Ich glaube, sie wird langsam wach. Holst du bitte etwas Wasser, Sakura?“
„Bereits zu Händen. Wenn Meria ihren Kopf hebt, vermag ich ihr vorsichtig etwas einträufeln.“
„Klar, sobald Ely ein Stück zur Seite rutscht.“
„Nur, weil du es bist. Hat eigentlich irgendwer den anderen Bescheid gegeben?“
Mein Bett senkte sich an verschiedenen Stellen.
Wie viele Leute waren da bitte?
Ich spürte, wie lange Finger unter meinen Nacken griffen und mich aufrichteten.
Jemand strich meine Haare zurück und noch eine Hand setzte ein Glas an meine Lippen.
War das der Himmel?
Nicht, dass ich mich beschweren wollte, aber 72 Jungfrauen waren jetzt auch nicht unbedingt jederfraus Traum vom Paradies.
„Die anderen bummeln sicher gerade durch die Gänge und suchen Mimi. Da gab es vorhin wieder Streit“, erklärte das Mädchen, das langsam meinen Kopf zurück auf das Kissen bettete.
„Kein Wunder, wenn ihr sie immer so nennt“, erklärte jene, die an meinem Fußende stand.
„Das ist doch keine Beleidigung, Shirin. Mich verwirren so ähnliche Namen wie Mera und Meria einfach. Und Pirate macht es auch nichts aus, wenn wir sie Pie nennen, stimmts?“
„Bitte, Ely, halte mich da raus.“
Ich hörte, wie eine weitere Person den Raum betrat. Sie schien das Gespräch mitverfolgt und im Gegensatz zu mir verstanden zu haben. „Raushalten kannst du dich, wenn du in deinem Einzelzimmer residierst“, sagte sie und schnippte dann in die Luft. „Ach, warte… Pie… Wir teilen uns ja alle ein Zimmer. Also wirst du mit unserem Feriencamp-Drama wohl leben müssen.“
„Mimi! Ach, ich mein Mera. Es wäre zauberhaft, wenn wir den Streit beiseite legen könnten. Man kann doch nicht nur meckern.“
„Können schon, Sakura… Ist doch langweilig, wenn jeder immer nur Beifall klatscht.“
Ich spürte eine Anspannung in der Luft knistern, die mich unruhig werden ließ. Luft rasselte durch meine Luftröhre.
„Hey, ich glaub, sie ist zu sich gekommen.“
Vor mir wurde es abrupt dunkel und als ich langsam durch die Lider blinzelte, sah ich wieder das Gesicht, das mir zuvor so einen Schrecken versetzt hatte.
Ein bisschen blöd kam ich mir schon vor. Geist hin oder her…
Das Erschreckendste an ihr war ihre Schönheit. Wenn man auf den kindlichen Barbie-Typ stand.
Doch als ich mich aufrichtete, um die anderen Personen im Raum in Augenschein zu nehmen, war mir, als würde ich immer noch träumen.
„Ui, und was habt ihr da aufgegabelt? Er… Sie… Ist das noch eine?“, fragte das Mädchen in der Tür, die freundlicher aussah, als ihre Worte zunächst vermuten ließen – was zweifelsohne damit zusammenhing, dass sie erstaunliche Ähnlichkeit mit dem blonden Mädchen vor mir hatte…
und allen anderen im Raum wohlgemerkt.
„Wer hat euch denn gecopypasted?“, krächzte ich und rieb meine Stirn. War der Erschaffer dieser Welt echt so nachlässig bei der Erstellung seiner NPCs? Oder warum sahen die sich so verflucht ähnlich?
Das Mädchen zu meinen Füßen zuckte mit den Schultern. „Das bestätigt meine Vermutung, Mädels. Egal, ob Lih sie hergebracht hat oder ob sie durch Zufall hier gelandet ist, sie ist definitiv keine von uns.“
„Woran hast du das denn jetzt erkannt?“ Noch ein Mädchen trat kichernd durch die Tür, gefolgt von einer, die ihr gerade einmal bis zur Brust reichte. „Oh, Karisha…. Ich glaube unsere liebe Detektivin Shirin hat um ein Haar den Beruf verfehlt. Du verstehst?“
Obwohl ich bislang nicht ausschließen konnte, ob die Mädchen in irgendeiner Form miteinander verwandt waren, ging ich davon aus, dass sie auf meine Haarfarbe anspielten.
„Ich bin schon längst die absolute Ober-Kommissarin, Arianae.“ Sie – ich glaube Shirin - legte dabei grinsend ihren Arm um das Mädchen zu ihrer Rechten. „Sonst würde unsere Ely immer noch durch die Gänge irren.“
„Ihr kennt einen Ausweg?“, fuhr ich dazwischen und richtete mich sofort auf. „Wisst ihr, wie man von dem Berg kommt?“
Doch zu meinem Bedauern schüttelten alle im Raum Anwesenden den Kopf.
Ich muss echt einen erbärmlichen Anblick geboten haben, zumindest sah ich danach in viele mitleidige Gesichter, die sich nun alle einen Stuhl vom großen Küchentisch schnappten und zu mir ans Bett setzten. Einerseits war ich etwas verwundert über ihre Zutraulichkeit, andererseits erfüllte mich ein seltsames Gefühl, das ich schon sehr, sehr lange nicht mehr hatte. Es fehlte nur ein Becher Kakao - mit Schokoladeneis, Schlagsahne und ganz vielen Streuseln – und ich hätte wirklich geglaubt, dass ich nun im Jenseits angelangt wäre.
Für einen Moment zumindest konnte ich vergessen, was jenseits dieser Bergmauern passiert war. Als wäre man mit fremden Freunden zusammen, die man zufällig im Zug kennen gelernt hatte und denen man ohne zu zögern, seine ganze Geschichte erzählen würde.
Da ich noch immer nicht ganz fit war, beschränkte ich mich jedoch aufs Zuhören ihrer Lebensgeschichten. Ich hatte dabei den Eindruck, dass sie das schon öfter so gemacht hatten. Wie ein Ritual, wenn sie einen Neuzugang begrüßten. Sie alle waren nicht ganz freiwillig hier. So viel hörte ich ziemlich schnell heraus, doch sie kamen aus völlig unterschiedlichen Ecken von Eel und kannten dennoch einander besser als ich meine Verwandtschaft in der alten Welt.
Mein Kopf versuchte sich dabei weniger an ihren Gemeinsamkeiten – weiblich, jung, blond – aufzuhalten und mehr die Unterschiede der Mädchen zu erfassen. Es erinnerte mich an den Moment, als ich endlich die Figuren in meinem ersten K-Drama auseinanderhalten konnte.
Da war zum einen Arianae, das Küken der Gruppe, die trotz ihres zarten Alters letztes Jahr ein Gefährten-Shop eröffnet hatte, der allerdings fast pleite gegangen wäre, weil sie sich von den meisten Gefährten einfach nicht trennen konnte. Als ich jedoch bemerkte, wie sie so aufgeregt wie ein junger Welpe auf ihrem Stuhl wippte, konnte ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass sich vielleicht die Gefährten auch nicht von ihr trennen konnten.
Neben ihr saß Karisha, Mitglied einer Organisation, die sich wohl Mondwanderer nannten. Sie entwickelte ziemlich coole Gadgets, die mich an eine Mischung aus Alchemie und Technik aus der alten Welt erinnerte. Sie hatte Arianae zum Trost sogar ein Aufzieh-Ciralak gebastelt, was jedem ein Laut entlockte, der nach einer Mischung aus Aww und Wow klang.
Ebenfalls zu den Jüngeren gehörte Pirate – oder Pie, die ich beim ersten Armdrücken deutlich unterschätzt hatte. Arianae erklärte mir später, dass sie mit Thor trainiert habe, was gelinde gesagt, wirklich… der Hammer sein musste. Ihr Leben schien aus purer Spannung und Abenteuer zu bestehen und doch war sie voller Neugier und Ungeduld – begierig, den Geschichten der anderen zu lauschen.
Ely, deren richtigen Namen ich mich aber nicht auszusprechen traute, hatte einen unbeschreiblichen Hang zum Pathos, der einem jedes Mal ein Schmunzeln entlockte, wenn sie sprach oder vor Lachen, Wut und Trauer durch die Küche rollte. Doch das meiste Drama legte sie ins Musizieren, wodurch sie erstaunlich gut auf die Stimmung der anderen einwirken konnte. Ich hatte sogar fast den Eindruck, dass mir die Art ihres Spiels vertraut vorkam, was entweder ein sonderbarer Zufall oder einfach Teil ihres Talents war. Ich vermutete beides. Es war nicht einfach nur Musik, die sie spielte; es war Heimat.
Etwas, wonach sich jeder von uns sehnte.
Besonders Shirin, auch wenn man es ihr auf den ersten Blick nicht ansah. Sie war außerordentlich gut darin, die Truppe zusammenzuhalten und legte so viel Herzblut in die Herstellung einer Gemeinschaft, die sich gegenseitig respektierte, dass man ihr selbst zum Mond folgen würde, um dort eine neue Zivilisation aufzubauen. Nicht zuletzt, weil sie mit ihren selbstgezeichneten Comics großartige Regeln verbildlicht hatte, die sowohl lehrreich als auch eindringlich amüsant waren.
Mimi – eigentlich Mera – wirkte dagegen wie ein Unruhestifter, doch der erste Blick konnte trügen. Sie hinterfragte vieles, was in Eldarya passierte – egal, ob sie sich damit Freunde machte oder Feinde, weil sie für den Fortschritt dieses Landes mit ganzer Seele einstand. Ihre Auffassungsgabe stand der von Shirin in nichts nach und es schien sie regelrecht zu frusten, wie viel Potential in diesem Berg versteckt und damit verschwendet war. Und dass obwohl sie abgesehen von mir der neuste Zugang dieser Gemeinschaft war.
Am Längsten war Meria hier. Sie hatte einen Verlobten, der gerade die Meere auf ihrem gemeinsamen Schiff bereiste. Manche witzelten, dass ihre Stärke ausreichend war, um es mit einem ausgewachsenen Leviathan aufzunehmen. Zwar hatte ich keine Ahnung, was das für ein Ungetüm sein soll, aber ich zweifelte zumindest keine Sekunde daran, dass sie es mit einem ausgehungerten Vampir aufnehmen könnte. Nicht zuletzt, weil ihr Wille so eisern war wie ihre Kampfkunst.
Und dann war da noch Sakura. Sie hatte einen Blick wie tausend-Ozeane-weises Wasser und drückte sich so gewählt aus, dass ich zwischenzeitlich annahm, sie sei eine Prinzessin – falls es hier in Eldarya überhaupt so etwas gab. Sie kam allem Anschein nach aber aus Balenvia, was zwar kein Königreich war, aber dafür wohl königlich bekocht wurde. Sakura war nämlich diejenige, die uns während des Gelages mit Kuchen und Plätzchen bewirtete, was unwillkürlich Erinnerungen an das Gefühl einer wohlbehüteten Kindheit in mir weckte. Sakura war es auch, die das Brot gebacken hatte, welches Lih mir am vorigen Abend zu essen gab.
Was mich dann irgendwann doch zu der Frage brachte: „Warum lasst ihr euch hier einsperren? Ich glaube, dass sich nicht einmal die Garde mit euch anlegen würde… Wir könnten zusammen gegen Lih kämpfen. Dann muss er uns doch gehen lassen.“
Shirin stellte ihren Mondfruchtsaft beiseite und wechselte einen kurzen Blick mit Meria, ehe sie mich eindringlich ansah. „Weißt du, Em. Lih hat uns hier nicht eingesperrt. Er hält uns hier versteckt.“
Ich schüttelte den Kopf. „Das verstehe ich nicht.“
Mir war inzwischen ziemlich klar, dass das die blonden, vermissten Mädchen waren, die aus den Dörfern entführt worden sind. Zwar hatte keine von ihnen über die Umstände gesprochen, wegen derer sie hier waren, aber das schien für mich die einzig logische Erklärung zu sein. „Ihr könnt doch nicht einfach abtauchen. Eure Familien machen sich sicher Sorgen um euch.“
„Lih kümmert sich darum“, erklärte Ely. „Er hat uns versprochen, dass er unsere Angehörigen informiert.“
„Das glaubt ihr ihm?“
„Er hat uns schließlich gerettet.“, Mimi zuckte mit den Schultern. „Man kann ihm ja viel vorhalten, aber ohne ihn hätte uns die Bestie sonst was angetan.“
Sakura steckte mir einen Keks in den Mund, als mein Kiefer herunterklappte. „Bislang war sein Benehmen höchst anständig, Em, und er versprach uns, dass er uns auch weiterhin beschützen werde.“
Ich kaute nachdenklich. „Das kann doch auch die Garde von Eel“, widersprach ich schließlich. Keine Ahnung, ob da der Drill aus mir sprach, aber ich vertraute Nevras und Miikos Fähigkeiten.
„Wir könnten uns auch selbst verteidigen“, stimmte Meria zu. „Das pack ich mit Pie allein. Die Sache ist aber die: Lih ist der Bestie schon seit Wochen auf der Spur und kennt ihre Schwachstellen. Er braucht unsere Mithilfe, um dem Vieh eine Falle zu stellen. Ich bin zum Beispiel der Bestie nie begegnet, sondern wurde von Lih auf Grund meines Aussehens angeworben. Er hat einen Plan.“
„Aber, dass ihr euch hier von ihm einsperren lasst…“ Das war mir unbegreiflich.
Karisha nickte. „Ich verstehe, dass das auf den ersten Blick komisch aussieht. Er will aber kein Risiko eingehen, dass jemand die Bestie hierherführt und somit alle in Gefahr bringt. Er hat uns allen nach der Rettung die Wahl gelassen: Wenn er uns beschützt, dann auf seine Art.“
„Auch wenn uns im Prinzip nicht so viel Wahl blieb“, ergänzte Arianae. „Lih hatte mir erklärt, dass die Bestie wieder nach mir suchen würde, und dann jeder in Gefahr wäre, der sich in meiner Nähe aufhielte.“
Die anderen sahen betreten zu Boden. Scheinbar war das eine Sorge, die alle teilten. Allmählich hatte ich eine Ahnung, was für ein Opfer sie gewillt waren zu bringen. Ich konnte sie verstehen und nur zu gerne hätte ich all meine Kraft eingesetzt, um ihnen zu helfen. Angefangen mit Lihs Auftrag, das nächste Mädchen vor der Bestie zu retten.
Doch für mich hatte die Rettung Chromes Vorrang. Eine Wahl hatte mir Lih da auch nie gelassen. Ich wusste daher, dass ich die nächste Gelegenheit nutzen würde, die sich mir zur Flucht bot. Besser ich freundete mich mit den Mädchen nicht zu sehr an – auch wenn ein Teil von mir wusste, dass es dafür bereits zu spät war.
Zumindest keimte etwas Hoffnung in mir auf. Es gab gute Eldaryaner, die sich gegenseitig unterstützten und Geduld besaßen. Ich hoffte daher, dass Sukie, Brünhild und Eza inzwischen das Lager wohlbehalten erreicht hatten und dort auf mich warten würden. Ein Teil von mir hoffte sogar, dass sie mich vielleicht suchen kämen. Ein anderer Teil aber betete dafür, dass sie in die Sache mit Lih und die Angelegenheiten der Bestie nie mit reingezogen würden.

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#58 Am 14.03.2022 um 17.05 Uhr

Absynthgarde
Chihiro
Just Arrived
Chihiro
...
Nachrichten: 6

Sorry, liebe Ama
Habe dich monatelang begleitet, konnte aber keinen Kommentar schreiben. Dank dir für die bisherige Mühe.
Sicherlich ein wenig bekloppt, deine alte Geschichte zu vermüllen, aber wie süß ist das denn. Alle deine treuen Leser in dieses Kapitel einzubinden. Eine wirklich tolle Idee.
Freu mich jederzeit auf ein weiteres Kapitel.
Liebe Grüße
Dein immer noch treuer Lesebegleiter
(Sakura)  /static/img/forum/smilies/smile.png

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#59 Am 14.03.2022 um 19.56 Uhr

Obsidiangarde
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Meria
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Nachrichten: 7 056

..wie ich bei Klappbett immer Klappstuhl lese... Manitu ist Schuld. XD

beim letzten Kapitel ging es mir wie Em...erstmal komplettes Kopfchaos. ^^°
Es hat sehr geholfen, das die Kapitel in der Ich Form sind, da so viele Stimmen und Blondies wirklich für ein reges Durcheinander sorgen.
Klarer wurde es dann, als du die einzelnen Mädels vorgestellt hast...das war echt witzig, weil man einiges wieder erkannt hat und danke für den Gastauftritt. ^^ ...
Oh nein, Ri sucht sicher schon nach mir. D: ...ach...egal...er ist n Drache, der verkraftet das. XD

Das mit den Höhlen hab ich irgendwie nicht ganz verstanden. Also, die Mädels wurden ja dort versteckt. Kann es dann sein, das ein Zauber da drauf liegt, das sie nicht gefunden werden können? *Denkersmilie* Ansonsten stelle ich mir das vor wie das Labyrinth des Minotaurus, weil man weder rein noch raus findet.

Es wird wieder spannend...na mal sehen was noch kommt...wird Nevra irgendwann seinen Durst stillen können (soweit ich mich erinnere hat der immer noch "Hunger" oder?), wie lange hält Chrome noch durch... und wer ist diese Bestie und was will sie eigentlich....
bis zum nächsten Mal. ^^7


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#60 Am 20.03.2022 um 17.17 Uhr

Shadowgarde
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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 6: Planlos in Eldarya



Emil hatte keinen Plan.
Ein Zustand, der ihm erschreckend vertraut vorkam, den er bislang aber nie wirklich verinnerlicht hatte.
Warum auch?
Sein Leben bestand aus den grundlegenden Aufgaben: essen, atmen und hin und wieder schlafen. Es gab genug Leute, die damit schon Schwierigkeiten hatten; Pillen oder Geräte brauchten.
So gesehen, war sein Leben bislang doch ziemlich erfolgreich verlaufen.
Doch mit jedem Schritt, den Emil nun weiter durch die Gegend stiefelte, brannte sich die Erkenntnis der völligen Planlosigkeit fester in sein Gedächtnis als es die letzten siebzehn Jahre Lebenserfahrung vermochten.
Woran lag das?
Vielleicht weil es schon lange nicht mehr um die Gründe für so etwas Zermürbendes wie seinen Schulabbruch ging oder eine Schlägerei, deren Auslöser er bereits beim zweiten Schlag wieder vergessen hatte.
Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass er nun deutlich mehr Zeit hatte, um sich mit seiner Lage auseinanderzusetzen. Oder einfach reine, bedeutungslose Langeweile.
Schließlich irrte er seit gut einer Stunde durch ein Feld an Zelten.
Und er wusste nur eines: Er wollte weg. Egal wohin. Hauptsache weg.
Doch die Suche nach einem Ausweg aus diesem Zirkus war bislang so erfolglos geblieben wie die Karriere von David Prowse.
Wie?
Kennst du nicht?
Das ist genau der Punkt. Doch die Rolle von Darth Vader, die er spielte, kennt jeder.
Allerdings ist wer und was einfach nicht dasselbe.
Kaum einer wusste das besser als Emil.
Doch würde er sich mit jedem Gedanken daran nur im Kreis drehen - etwas, das er nun wortwörtlich schon die ganze Zeit tat.
Denn selbst wenn er immer geradeaus lief, stieß er in jeder Himmelsrichtung auf eine Wand. Unter anderen Umständen würde Emil das Hindernis einfach hochklettern, um auf die andere Seite zu gelangen, doch von da oben würde man ihn zweifelsfrei sofort sehen.
Eine Aussicht, die noch weniger verlockend war als eine Mauer unbekannter Höhe zu erklimmen.
Dass er diesen Ort einfach beschissen fand, war nämlich nicht der einzige Grund für seine Flucht.
“Bleib gefälligst stehen, du verdammter Bengel!”, brüllte eine tiefe Stimme hinter ihm und schmiss einen Kübel zur Seite, der wohl die Dreistigkeit besaß, im Weg zu stehen.
Hatte er echt schon aufgeholt?
Emil drehte den Kopf ein Stück zurück und lauschte. Jip, die Schritte wurden lauter.
Diese Hartnäckigkeit hatte Emil dem wandelnden Schrank gar nicht zugetraut. So wie der vorhin sein Essen verteidigt hatte, war Emil überrascht, dass der Typ überhaupt die Muße besaß, ihm zu folgen.
Ein Grund, warum Emil bislang darauf verzichtete auf den backsteinernen Präsentierteller zu klettern, der diesen Ort umzäunte. Doch irgendwie musste er auf die andere Seite der Mauer kommen, wenn er hier weg wollte.
Emil schnaubte und eilte dann weiter, so schnell er sich mit Händen und Füßen vorantasten konnte. Die Sonne brannte in den Teil seines Gesichts, der nicht von seiner Kapuze bedeckt war, und presste den letzten Rest Flüssigkeit aus seinem Körper wie ein erbarmungsloser Entsafter.
Das Poltern hinter ihm wurde indes lauter. Ein Kübel rollte zu seiner Linken.
Vielleicht hätte Emil den Kerl besser nur nach dem Weg fragen sollen, anstatt ohne auf eine Antwort zu warten über seinen Nachtisch herzufallen.
"Nah!", keuchte Emil und leckte sich mit seiner trockenen Zunge über die Lippen, um die Reste der süßen Kristalle abzuschlecken. Wer konnte zu Macarons schon Nein sagen? Noch dazu rochen und schmeckten diese wie die Teilchen seiner Mutter.
Apropos: Ein Duft von frischem Waschmittel brachte Emil auf eine Idee, wie er das Gleichgewicht zwischen Ciralak und Musarose wieder herstellen konnte.
Er folgte seiner Nase hinter die nächste Zeltwand und schlüpfte unter eine vollbehangene Wäscheleine; der perfekte Ort, um abzutauchen.
Das Ganze hätte allerdings so viel besser funktioniert, wenn die Eldaryaner einen etwas weniger ausgefeilten Modegeschmack besäßen.
Keine zehn Sekunden später fand sich Emil eingefädelt zwischen einer mit Nieten besetzten Gürtelschnalle und einem mehrteilig verbändertem Hemd wieder, bevor er schließlich mit einem lauten Knall Mutter Erde küsste.
Doch Staub in seinen Lungen war nicht das einzige Übel.
"Hab ich dich", brummte es über ihm, ehe sich eine kopfgroße Faust in seinen Nacken bohrte und ihn vom Boden aufklaubte wie eine schmuddelige Fünf-Cent Münze.
"Hast du echt geglaubt, dass du damit durchkommst?"
Emil versuchte seine Zunge von der Sandpannade zu befreien, was in seinem ausgetrockneten Zustand aber einfach nicht funktionieren wollte.
Sein Gegenüber sah den jämmerlichen Versuch ihm vor die Füße zu spucken und bekam wohl Mitleid.
Zumindest krachte plötzlich ein Handknochen unaufhaltsam gegen Emils Wange, bis sein Mundraum sich mit ausreichend frischem Blut gefüllt hatte, um den Dreck auszuspülen.
Gut, vielleicht hatte der Kerl die Geste auch einfach missinterpretiert.
"Harte Linke", gestand Emil. "Könntest du die andere Seite auch noch mal? Dann ist die Nase wieder gerade."
Der Griff um seinen Kragen wurde enger.
"Du hältst dich wohl für witzig, was? Aber dir wird der Spott schon vergehen, wenn ich mit dir fertig bin. Du hast anscheinend noch nicht kapiert, wie die Dinge hier laufen… verfluchter Rekrut! Ihr denkt echt, ihr könnt euch alles erlauben."
Emils Füße zuckten in der Luft, als der Kerl ihn höher hob. Er schüttelte sich, da seine Luftröhre immer enger zusammengezogen wurde.
Es half nicht, dass die Kapuze dadurch von seinem Kopf rutschte und den Druck auf seine Kehle weiter erhöhte.
Doch bevor ihm die Luft ausging, lösten sich die Finger seines Peinigers mit einem Mal, glitten von seinem Hals über seine Wangen und rieben dort Blut und Dreck beiseite.
"Na, wen haben wir denn da?" Sein Tonfall wurde noch süffisanter. "Du bist der ausgerissene Zögling von unserem werten Leiter der Schattengarde… Emil, richtig? Dass du dich nach der Sache mit Chrome überhaupt hierher traust… Bist du lebensmüde?"
"Nein, ja und vielleicht", röchelte Emil. Er schnappte nach Atem, kaum dass er wieder Boden unter den Füßen hatte.
Noch vor einer Woche war er so etwas wie ein Geist, den niemand kannte, niemand beachtete und der sich unbemerkt durch das Land bewegen konnte, doch nun fühlte sich Emil wie ein unfreiwilliger Promi, mit dem plötzlich jeder Depp behauptete befreundet oder befeindet zu sein.
Dazu passte auch, dass die Geschichten über ihn hinten und vorne keinen Sinn ergaben. Er war keine Frau und erst recht kein Rekrut dieses selbstverliebten Vampirs, der immer wieder aufkreuzte und von Dingen sprach, von denen er nicht die geringste Ahnung hatte.
Nicht, dass es Emil je interessiert hatte, was die Leute über ihn zu wissen glaubten, aber langsam wurde die Sache echt nervig - zumal alle scheinbar unter denselben Wahnvorstellungen litten.
Wenn Emil mehr Schlaf abbekommen würde oder in der Schule weniger geschlafen hätte, täte er glatt an ein schlafwandelndes “alter Ego” glauben. Allerdings hat Glaube ihm noch nie bei irgendwas geholfen.
"Auf dich ist ein ziemlich hohes Kopfgeld ausgesetzt", sagte der Kerl und umschloss Emils Wangen wie die eines Grundschulkindes. "Allerdings stimmt mich nicht einmal das nette Sümmchen froh, dass ich für einen Dieb wie dich kriege. Dir ist schon klar, dass das die letzten süße Stücke waren?"
Anstelle einer Antwort stieß Emil gegen dessen Kiefer, der jedoch genauso schuppig war wie hart. Die einzige Reaktion, die er damit provozierte, war ein hämisches Lachen.
Für gewöhnlich waren die Typen, mit denen Emil sich anlegte, kaum schmächtiger als der Klotz vor ihm, doch in Eldarya gab es Wesen mit erstaunlichen, körperlichen Eigenheiten. Dieser hier schien weniger humanoider und mehr echsenartiger Natur. Seine Haut war wie ein Panzer.
Doch Emil befand, dass ihm der Vampir um einiges unheimlicher war. Wenn diese Kröte ihn hier wirklich für das Kopfgeld auslieferte, dann würde Emil sich für das Chaos verantworten müssen, was er heute hinterlassen hatte. Ganz grundlos wollte er ja nicht so plötzlich hier weg.
Zumal er immer noch auf einen Hinweis wartete, um seinen Meister wiederzufinden.
Doch der Kerl griff erneut nach Emils Nacken und zog ihn um die nächste Ecke. "Weißt du was?" grunzte er und warf Emil in den Staub. Es war ein schattiges Plätzchen, aber die Sonne war wohl nicht das einzige, was dort schweren Einblick hatte. "Nevra hat bei dem Kopfgeld nie dazu gesagt, ob er dich lebend oder tot zurück haben will. Ich schätze, irgendwas dazwischen wäre ein solider Kompromiss."
Da Emil auf dem Rücken lag und das volle Gewicht des Kerls ihn immer tiefer in den sandigen Boden drückte, ballte er die Fäuste, doch bereits der erste Schlag traf ihn unvermittelt in den Magen.
Er ruderte mit seinen Extremitäten, bis ihn wieder eine Faust traf und dann noch eine.
Seine Rippe knackte verdächtig. Er ahnte, dass der Kerl noch nicht völlig ernst machte, dennoch waren die Hiebe schmerzhaft gut platziert.
Doch Emil konnte sich nicht darüber aufregen. Es machte ihm weder Angst, noch wütend. Er dachte an das, was er vor wenigen Stunden auf dem Übungsplatz gehört hatte, als er beschloss von hier fortzugehen. Er dachte daran, wie Nevra über die Pläne der Bestie sprach, wie sie alle ein genaues Bild von der Situation hatten, wie sie urteilten und verurteilten… und Emil befand, dass die Worte der Leute um einiges schmerzhafter waren als die Schläge dieser Dumpfbacke.
Er rührte sich nicht mehr und ließ die Hände zu Boden sinken. Der Kerl beugte sich zurück, schien weiter auszuholen.
Emil hoffte, dass ihn der Schmerz einfach vergessen lassen würde, ihn zwar nicht physisch aber vielleicht psychich aus dieser Hölle befreite, in die er sich selbst verstrickt hatte.
Und mit einem Mal - während er ruhig und schutzlos so da lag, beschlich Emil das Gefühl, dass das vielleicht von Anfang an sein Plan gewesen war. Dass das die Flucht war, die er eigentlich gesucht hatte. Hatte Emil diesen Kampf womöglich unterbewusst, aber doch absichtlich provoziert?
Doch der ersehnte Schmerz blieb aus. Ebenso der Schlag.
Stattdessen war es mit einem Mal völlig ruhig.
Es schien, als hätte jemand eine Waffe auf den Kerl gerichtet, denn er bewegte sich keinen Zentimeter, machte nicht einen Mucks. Im Gegensatz zu der Person, die sich näher über sie beide beugte und einen weiteren Teil der Sonne verdunkelte.



Kommi

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#61 Am 25.03.2022 um 16.20 Uhr

Obsidiangarde
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Meria
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"PLANLOS IN ELDARYA..Emil hatte keinen Plan." und ich denke weiter: er war also planlos in Eldarya. XD
Ich finde solche Sachen immer witzig wenn die in Serien oder wo auch immer auftauchen und man sich so im Kreis dreht... also wo die mit Absicht immer wieder das selbe sagen, bis irgendeiner der Beteiligten durchdreht und was kaputt macht. XD

Oh ha...da muss der Kleine aber ganz schön einstecken... wer da jetzt wohl hinter dem Kerl steht...

Ja, klar... ich fand deine Version von Meria super...ebenso auch andere Versionen, bei denen ich teils echt lachen musste. XD Man hat die Leute erkannt. ^^

Ja, Balenvia...ich habe es gehasst. Deswegen habe ich das Valkyon Spin off nur einmal gespielt, weil man dort auch wieder dort rein musste.... Hölle. ._.
Man wusste zwar dann schon wo man lang musste, man musste ja oft genug rein, aber es war trotzdem soooooo nervig. >_<

Uuuuuh, ja.. ich gebe zu, bei Nevra bin ich am meisten gespannt. :D


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#62 Am 27.03.2022 um 17.20 Uhr

Shadowgarde
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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 7: Der Dieb



Emil spürte ein finsteres Grinsen über sich; so breit wie das einer berühmten Katze und doch kein Deut freundlicher als es Ebenezer Scrooge zu Beginn seiner muffigen Weihnachtsgeschichte vermocht hätte. 
„Ihr hättet euch echt ein Zimmer nehmen sollen… wobei ich immer dachte, Kinder zu schikanieren sei sogar unter deiner Würde, Askir.”
Emil zuckte zusammen, als er die Stimme erkannte - viel zu gut kannte, dafür, dass sie sich ihm bislang noch nicht einmal vorgestellt hatte. Ihr langer Stoff schliff über den Boden, die Schritte weit weniger feminin als das Gewand vermuten ließ. Und dann war da noch die dicke, dunkle Wolke, die über ihr hing wie ein bedrohlicher Schatten.
Jeder einzelne seiner sieben Sinne verriet Emil, dass über ihm die Irre stand, die ihn erst vergiftet, gefesselt und später doch zum Bleiben überredet hatte.
Normalerweise hatte Emil keine Schwierigkeiten damit, die Leute um ihn herum zu durchschauen. Dazu musste er ihnen nicht einmal ins Gesicht sehen. Die meisten hatten zwar gelernt, ihre Mimik zu verstellen, aber sie vergaßen, was die eigene Stimme preisgeben konnte. Sie offenbarte jedes noch so kleine Geheimnis, wenn man wusste, worauf man achten musste. Und Emil hatte gelernt die Nuancen zu unterscheiden.
Nur bei dieser Frau war er absolut ratlos. Sie hatte mehr Saiten als seine Gitarre. Und die saßen auch noch ziemlich locker. Emil konnte nie einschätzen, was sie als Nächstes tat. Mal war sie herablassend, mal widerwillig hilfsbereit und dann plötzlich litt sie sogar unter Verfolgungswahn.
Gut, Emil konnte über das bisschen Wahnsinn hinwegsehen.
Schließlich kannte er sich mit Behinderungen aus.
Allerdings war das schon alles, was er über sie wusste.
Seit fast einer Woche stand Emil bereits unter ihrer Fuchtel, aber er kannte weder ihren Namen, noch ihre Stellung in diesem Ort. Und damit stand er wohl nicht allein.
„Und du bist?” Askir richtete sich langsam zu ihr auf, den Schlagarm immer noch in der Luft. Dann schnaubte er vor Belustigung, als er erkannte, wen oder er was er da vor sich hatte. „Ach, ein Elfchen! Du bist ja noch magerer als der Dreikäsehoch hier. Ich rate dir eins, Kleine. Nimm dein Stöckchen und mach, dass du wegkommst.”
Doch die Irre lachte nur, ehe sich der Stock in ihrer Hand weiter gegen Askirs Brust bohrte.
Unbeeindruckt packte Askir die Waffe, die in seinen Augen deutlich an Bedrohlichkeit verloren hatte, bevor mit einem Mal ein wildes Zucken durch seinen Körper zog.
„Lustig“, sagte die Irre dabei. „Ich wollte das Ding eh gerade testen. Wie schön, dass du dich freiwillig meldest.”
Emil spürte das Knistern in der Luft; ein sehr vertrautes Gefühl, was er sofort einzuordnen wusste. Emil ahnte, dass die Irre irgendwas mit den gesammelten Blitz-Partikeln seines Meisters experimentiert hatte, aber nicht, dass sie das Rad - bzw. den Elektro-Taser - damit neu erfinden würde.
Während Askir nun unfreiwillig die Premiere des Roboters tanzte, kroch Emil unter ihm hervor.
„D…da..s w…wir…st d…d…du b…b…”, stotterte Askir seine Drohung.
„Was?”, hakte die Irre nach. „Was hast du gesagt?”
„Das wirst du sowas von”, begann er, bevor sie wieder den Schock auslöste. „b…be…re..eu…en…”
„Du musst wirklich deutlicher sprechen lernen”, erklärte sie. „Ich käme sonst noch auf die Idee, dass du Morddrohungen gegen die Mitglieder der Garde richten könntest, was mit Ächtung und Kerker geahndet wird. Wäre doch ein Jammer, wenn ich das Miiko melden müsste… Wo wir hier alle gerade so nett zusammensitzen.”
Allerdings schien Askir nicht auf das Kopfgeld verzichten zu wollen, denn er schnappte nach Emils Arm. Ein Stich zog durch dessen Körper, als sich Askirs Zähne in sein Fleisch bohrten.
Emil fackelte jedoch nicht lange, da ihn der Schock nun ebenfalls treffen würde, wenn die Irre wieder ihren improvisierten Taser-Stock benutzte, und schlug ihm direkt auf die Nase. Eine Stelle, die ihm dann doch einen schmerzverzerrten Laut entlockte und seinen Kiefer von seinem Arm löste.
„Der Junge schuldet mir aber zumindest einen Nachtisch!”, knurrte Askir verbissen.
„Wie gut, dass Alajea überall von Emils ausgezeichneten Macarons schwärmt“, entgegnete die Irre und griff nach Emils Hand. „Er macht dir bestimmt welche - vorausgesetzt die Gardenleitung macht ihn nicht vorher einen Kopf kürzer.”
Bei diesen Worten war Emil nicht überraschter als Askir, schließlich gingen Emils Backfertigkeiten nicht über Pizza in der Mikrowelle hinaus.
Doch im Grunde hatte keiner von beiden Zeit, groß darüber nachzudenken, denn trotz ihrer beschwingten Worte, zog die Irre Emil wie einen Wagen hinter sich her, bis sie außer Hörweite waren.
Auf seine Frage, wie sie ihn gefunden hat, antwortete sie nicht - wie sie auch sonst keine seiner Fragen beantwortete.
Emil wusste allerdings, dass er in Schwierigkeiten steckte. Vielleicht sogar in Größeren als zuvor.
Denn sie brachte ihn auf direktem Wege zu einem größeren Zelt am Rand des Lagers, das nach Kohle und Douglas-Schlussverkauf roch. Emil erkannte es sofort, denn hier musste er in den vergangenen Tagen still in einer Ecke sitzen, bis es dunkel genug war, dass sie draußen ungesehen die Pflanzen sammeln konnten, deren Suche Teil ihrer Abmachung war.
Doch kaum hatte sie ihn hinter das Zelt zwischen der Mauer und einem Baum mit großen, überirdischen Wurzeln geführt, ließ sie seine Hand los und schwieg ihn lautstark an. Zumindest fühlte es sich für Emil so an. Auch wenn sie ihm im Grunde gerade den Hintern gerettet hatte.
Emils Erfahrung nach, war Zivilcourage nämlich nicht unbedingt das Steckenpferd der Leute. Weder unter den Menschen, noch unter den Eldaryanern.
Zumal die „Retter“ doch meist ihre eigenen Interessen vertraten.
Die Irre war da keine Ausnahme und sie machte auch keinen Hehl daraus, dass sie stets völlig eigennützig handelte - eine Eigenschaft, die Emil erfrischend ehrlich und deswegen wohl auch irgendwie sympathisch fand. Allerdings schien sie im Augenblick nicht verhandeln oder den Preis für die Rettung einfordern zu wollen.
Sie war einfach nur stinksauer.
Auch wenn Emil keinen Schimmer hatte, wieso.
Oder hatte er etwa…???!
Nein, Emil schüttelte schnell den Gedanken ab. Er war sich sicher, dass er diesmal den Abwasch gemacht hatte.
„Gib es her!”, forderte sie schließlich und tippte ungeduldig mit dem Fuß. Die dunkle Aura, von der sie seit ihrer Begegnung umgeben war, schien sich mit einem Mal zu einem düsteren Nebel zu verdichten.
Emil zog die Stirn in Falten, bis es ihm langsam wieder dämmerte.
Vorsichtig zog er ein Fläschchen aus seiner Hosentasche, das sie ihm sofort aus der Hand riss. Er hatte es heute Mittag an sich genommen, als sein Entschluss stand von hier abzuhauen.
Nicht, dass er sich dabei irgendwas Böses gedacht hatte, aber vielleicht suchte sie auch nur nach einem Vorwand, um wieder sauer zu sein.
Blöderweise hatte sie da langsam eine Menge Vorwände in der Hand. „Erst veranstaltest du ein mittleres Chaos am Übungsplatz, indem du sämtliche Trainings-Feuerherde mit Sand beschmeißt, dann klaust du meinen Feuerresistenz-Trank und jetzt gibst du deine Tarnung wegen einem Dessert auf?”
Emil schluckte.
So arg hatte bisher nicht einmal seine eigene Mutter mit ihm geschimpft. Er verstand ohnehin nicht, warum sie sich aufregte. Das hatte mit ihr doch nicht das Geringste zu tun, außerdem… „Das mit der Tarnung habe ich eh nie verstanden“, murrte er.
Sie schnaubte. „Man versteht besser, so habe ich mir sagen lassen, wenn man auch zuhört. Beim letzten Mal, wo ich dir das erklärt habe, bist du mitten im Satz eingeschlafen… und davor warst du in deinen Reisbrei vertieft.“
Ah…
Emil erinnerte sich. Ziemlich gut sogar:
An dem Tag gab es Payaga-Mus mit einem Sky bubble-Shake.
Wie er sich so den Geschmack auf der Zunge ins Gedächtnis rief, kamen ihm auch einige Fetzen ihrer Unterhaltung wieder in den Sinn, doch nicht genug, um es wirklich zu verstehen.
„Dann erkläre es mir noch mal, diesmal höre ich zu“, versprach er.
„Nein“, kam es sofort.
„Warum nicht?“
„Weil ich dich nicht mehr wiedersehen werde.“
Emil senkte den Kopf und schob mit dem Fuß etwas Sand über eine schmale Wurzel, die sich zwischen ihnen hindurch schlängelte. „Es war blöd, dass ich abgehauen bin“, gestand er schließlich. „Ich war nur so wütend. Mach ich nicht wieder. Versprochen.“
Auch wenn Emil das eigentlich nur aus der Gewohnheit seiner Missetaten heraus sagte, wusste er, dass er diesmal wirklich einen Fehler gemacht hatte. Die Irre war die einzige, die ihm helfen wollte, seinen Meister zu finden und er hatte das alles leichtfertig weggeworfen. Schon wieder.
Unbewusst tippte Emil gegen das schwarze Lederband, was sich um seinen Hals zog, als er an den Mann dachte, der mit Sicherheit schon auf ihn wartete und nicht minder wütend auf ihn sein dürfte.
„Ich habe dir immer gesagt, dass du jederzeit gehen kannst“, sagte die Irre. „Allerdings arbeite ich nicht mehr mit dir zusammen.“
Emil blinzelte verwirrt zu ihr auf. „Warum?“
Doch sie antwortete nicht.
Obwohl es mitten im Sommer war, hatte Emil das Gefühl die Zeit schien zu gefrieren wie die Schuppen eines heranwachsenden Skanis, so lange wie sie wort- und regungslos vor ihm stand.
Seine Haut juckte von all dem Sand und Schweiß, der an ihm rieb.
Wieso war es heute nur so verdammt heiß?
„Ist es, weil ich unerlaubt am Übungsplatz war und meine Tarnung fast wegen eines Nachtisches aufgeflogen wäre?“, hakte Emil nach.
„Nein.“
„Weil ich immer den Großteil deiner Ration esse?“
„Nein „
„Weil ich gegen die Vitrine gelaufen bin?“
„Du hast dabei hundert Glasflaschen geschrottet“, erinnerte sie. „Aber nein.“
„Weil ich gestern das dreckige Geschirr unter dem Schrank versteckt habe? Ich schwöre, ich hab es heute mit abgewaschen.“
„Ähm …?“
Okay, das hatte sie anscheinend nicht einmal bemerkt.
„Was dann?“, fragte Emil und zupfte an seinem Hemd, um es etwas zu lüften, doch es wollte einfach nicht abkühlen.
Schließlich schüttelte sie das Fläschchen in ihrer Hand… und Emil verwirrt seinen Kopf. Sie schickte ihn weg, weil er ein Fläschchen genommen hatte? „Aber du hast dutzende von den Tinkturen. Außerdem habe dir geholfen, die Arsen-Rosen dafür zu finden!“
„Asbest-Röschen“, korrigierte sie.
„Von mir aus!“ Emil merkte nicht, dass er inzwischen lauter geworden war.
„Du verstehst es echt nicht, oder?“ Sie trat einen Schritt auf ihn zu. „Das, was ich hier in der Hand halte, ist nicht einfach nur ein Trank. Es ist mein Vertrauen.“
„Aber …“
„Ksch!“, unterbrach sie. „Ich habe die Tinkturen abgezählt und rationiert. Es reicht gerade so, um die nächste Stadt bei einem Angriff vor dem vollständigen Niederbrand zu bewahren. Wenn die Rechnung am Ende nicht aufgeht, ist das meine Schuld. Deswegen bin ich auch so streng und verlange von meinen Untergebenen volle Loyalität. Du bist zwar eine absolute Katastrophe, aber ich hätte nicht geglaubt, dass du mich auch so hintergehen würdest.“
Mit diesen Worten ließ sie ihn an Ort und Stelle stehen - nur um wenige Minuten später wiederzukommen und ihm einen Beutel vor die Füße zu werfen. „Da drin ist Ration für eine Woche. Sieh es als Lohn für deine Dienste.“
Emil hatte in der Zeit, wo sie weg war, Gelegenheit gehabt, um über die Sache nachzudenken. Ihm war nicht bewusst, dass diese kleine Flasche so wichtig für sie war. Es war nicht das erste Mal in seinem Leben, dass er etwas gestohlen hatte, aber in jedem Fall das erste Mal, dass er sich deswegen echt miserabel fühlte.
Und er wusste, dass er sie nicht würde umstimmen können.
„Kann ich die Flasche trotzdem mitnehmen?“
„Willst du mich auf den Arm nehmen?“
„Bitte…“, ergänzte Emil und schaufelte weiter nervös Sand mit den Füßen über die Wurzeln.
Sie schien sich zum Gehen abzuwenden, doch Emil wusste, dass er nicht mit leeren Händen gehen konnte. Auch wenn er sie damit noch weiter gegen sich aufbrachte, sie noch ein weiteres Mal enttäuschte, war ihm die Sache wichtiger, weswegen er sie am Handgelenk zurückhielt und ihr mit der anderen Hand den Trank aus der Hüfttasche zog. Den Stopfen der Phiole erkannte er blind, sodass der Diebstahl schneller ging, als sie „verdammter Dieb“ rufen konnte.
In dem Moment, wo sie jedoch bemerkte, was passiert war, versuchte sie ihm den direkten Fluchtweg über die Mauer abzuschneiden. Allerdings entging ihr die Wurzel, die unter dem Sandhügel verborgen lag, den Emil geschaufelt hatte.
Das Ganze wäre vielleicht die perfekte Flucht gewesen, wenn die Irre seine Kapuze nicht mit den Fingerspitzen erhascht und Emil in die entgegengesetzte Richtung mit sich zu Boden gerissen hätte.
Wie unglücklich er gelandet war, begriff Emil aber erst, als er ihren Atem an seinen Lippen spürte. Ein Gefühl, das ihm seltsam vertraut vorkam.
Wurde der Wind gerade stärker?
Mühsam versuchte Emil sich wieder zusammen zu sammeln, doch seine Verwunderung wuchs, als er plötzlich etwas Hartes unter seinen Fingern spürte, an einer Stelle, wo es normalerweise nicht so hart sein sollte. Nicht, dass Emil groß Ahnung von weiblichen Körpern hatte, aber …
„Du?“, begann Emil verwundert und krallte die Finger mehrmals auf und zu. „Du bist ja echt flach wie ein Brett.“
„Nimm die Hände von meiner Brust oder ich schwöre, ich… “ Die Stimme stockte. „Verdammt, mir brummt vielleicht der Schädel.“
Emil schüttelte den Kopf nach rechts. War vielleicht sein Ohr mit Sand verstopft? Das war doch nicht die Irre, oder? Die Person richtete sich langsam auf, wobei Emil ein gutes Stück den langen Oberkörper hinunterrutschte, bis er zwei erstaunlich schmale Hüften unter sich spürte.
Die Person unter ihm griff sich ebenfalls an die Brust. „Heiliges Draflayel. Wieso…?“
Emil war sich nicht sicher, ob er begriff, was hier gerade passiert war, doch wenn die Irre sich nicht spurlos in Luft aufgelöst hatte, dann… war die Irre plötzlich ein Irrer.



Kommi

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#63 Am 28.03.2022 um 03.22 Uhr

Absynthgarde
Chihiro
Just Arrived
Chihiro
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Liebe Ama,
pünktlich wie ein Uhrwerk kam der nächste Part. Ja, damit musst Du halt klarkommen, wenn Deine fantastischen Cliffi‘s mich auf den nächsten Teil warten lassen.
Sonntagnacht ist halt Ama Zeit. Wieder witzige Dialoge und ich seh das Gesicht vor mir als Emil nun mitbekommt, die Irre ist ein Irrer.
Hab eine schöne Woche und vergiss nicht es ist bald wieder Sonntag.
LG Sakura

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#64 Am 02.04.2022 um 10.50 Uhr

Obsidiangarde
Meria
Elf Sidekick
Meria
...
Nachrichten: 7 056

Ich finde es lustig, wie Emil immer nur von der 'Irren' spricht. :D
Ich habe eben Cruella geguckt und muss direkt ein paar Gemeinsamkeiten feststellen, als die 'Irre' den Typen mit dem Taser bearbeitet.... Ezi darf gern öfter so sein. :D ...so n kleiner Psycho mit nem gewissen Charme, so was braucht El...also einer, der nicht en Massenmord wie jemand anderes begeht, versteht sich. *hust*

Ich hab n bisschen gebraucht, bis ich raus hatte, das es Ez ist, auch wenn ich eigentlich nur an ihn...eeeh sie gedacht habe. XD
Am Ende kam ich n bisschen durcheinander, aber beim zweiten Mal lesen wars eigentlich klar was gemeint ist... liegt aber auch manchmal an meiner Konzentrationsschwäche (oh, Sonne...oh, Vögelchen...ehm, wo war ich?)...
Jedenfalls wird da ja einer froh sein, wieder er selbst zu sein. :D

Dann ein schönes Wochenende und bis zum nächsten Mal ^^/


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#65 Am 03.04.2022 um 20.31 Uhr

Shadowgarde
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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 8: Von Herzen



In dieser Nacht würde ich es schaffen!
Ich nickte mir noch einmal bekräftigend im Spiegel zu, bevor ich die Kerze vom Waschbeckenrand ergriff und den Abtritt verließ. Die Kristalle im Gang leuchteten zwar hell genug, doch ich mochte es, mich an dem flackernden, warmen Licht der Kerze festzuhalten und die Gesellschaft eines kleinen Gefährten zu genießen, der sich davon hin und wieder angelockt fühlte.
Anscheinend auch in dieser Nacht.
„Hey, da bist du ja, kleine Fledermaus.“ Der Höhlenbewohner bremste im Flug ab und setzte sich dann auf den gewohnten Platz in der Kuhle meiner Schulter, wo er sich sofort einrollte und seine langen, grünen Schwingen wie einen Kragen über meinen Rücken gleiten ließ.
Ich neigte meinen Kopf ein Stück in seine Richtung, wobei er nach einer kurzen Haarsträhne schnappte, auf der er herumkaute - wahrscheinlich wieder den Rest der Nacht.
Es beruhigte mich, dass ich meine nächtlichen Unternehmungen nicht allein antreten musste.
Doch wenn ich nicht langsam einen Ausgang aus dieser Berghöhle fand, dann hatte ich bald gewiss keine Haare mehr auf dem Kopf.
Ich kicherte, als ich den Kleinen genüsslich mit den Zähnen mahlen hörte und konzentrierte mich dann auf die Geräusche in den Fluren und Gängen dieser Höhle.
In der Küche links vom Bad, wo die Mädchen vorhin noch eine Runde Exploding Crylasme gespielt hatten, war nun alles ruhig, was mir sehr gelegen kam, daher setzte ich unbeirrt meinen Weg fort.
Heute nahm ich mir den Südflügel vor, denn da gab es einige interessante Kristallformationen, die ich untersuchen wollte. Mir war nämlich heute Mittag aufgefallen, dass alle Geheimtüren auf dem Gipfel, wie die zur Küche oder zum Schlafbereich ebenfalls solch sonderbare Kristallmuster besaßen.
Ich musste nur, den Weg meiner Karte folgen und…
Oh nein!
Mehrfach durchwühlte ich meine Taschen, doch ohne Erfolg.
Ich hatte die Karte der Höhlengänge unter meinem Kissen vergessen. Die Karte, die ich in der letzten Woche auf Basis meiner Erkundungen angefertigt und jede Nacht immer weiter ergänzt hatte. Bei dem Gedanken an all die Zeit und Energie, die ich da hineingesteckt hatte, wurde mir ganz schwindelig.
Ich fluchte, was den Chestock dazu bewog, mir ins Ohr zu beißen.
„Hast ja Recht, Kleiner“, sagte ich beschwichtigend und kraulte seinen Kopf.
„Es hilft nichts zu jammern. Wir werden sie wohl holen müssen.“
Um weniger Aufsehen zu erregen, losch ich nun aber das Licht. Ich wollte schließlich niemanden wecken: Nicht die Mädchen und erst recht nicht Lih.
Seine Laune wurde in den letzten Tagen immer schlimmer und ich glaube, mein ewiges Bitten, mich gehen zu lassen, trug da nicht zur Besserung bei.
Wenn er mich wieder beim Herumschleichen in der Nacht erwischte, würde er mir sicher morgen doppelt so viele Aufgaben aufbrummen. Doch egal wie müde, mein Wille war bislang ungebrochen.
Ich schlich daher auf Zehen weiter.
Der Chestock nahm mir freundlicherweise die Kerze ab, sodass ich mit beiden Händen die Geheimtür öffnen konnte. Anscheinend begnügte er sich nun damit, an dem Docht zu nagen.
Der Zweit-Flur dahinter war lang, führte noch an drei weiteren Bädern und einem verschlossenen Zimmer vorbei, ehe ich schlussendlich den Schlafraum erreichte.
Vorsichtig spähte ich durch die Tür.
„Gib mir den Pinsel, Ely. Ich will auch mal malen“, raunte eine Stimme durch den Saal, ehe sich die Person auf die andere Seite wälzte und leise schnarchte.
Ich schmunzelte.
Die Mädchen hatten hoffentlich alle so zuckersüße Träume.
Leise tapste ich an den Betten vorbei, die nicht in geraden Reihen, sondern wild im Zimmer angeordnet waren. Durch Paravane hatten sich manche kleine Räume gebastelt, doch es änderte nichts daran, dass überall - wirklich überall - Klamotten auf dem Boden lagen.
Ich erinnerte mich an eine der ersten Nächte, wo ich mich bei der Rückkehr meiner nächtlichen Erkundungstour verheddert und den Rest der Nacht auf dem Boden zwischen Socken und Schminke gekomert hatte. Am nächsten Morgen sah ich aus, als hätte man mich verprügelt, was nicht weniger Fragen aufwarf, als warum ich auf dem Boden lag und mein Gesicht in anderer Leute Socken vergrub. Auch wenn ich Glück hatte, dass die Mädels das nur mit amüsierten Kommentaren abgetan hatten und nicht nach den Gründen fragten oder Lih davon erzählten. Vielleicht gingen sie auch davon aus, dass es mich nachts einfach zum Abtritt verschlagen hatte.
In jedem Fall versuchte ich diesmal nicht zu stolpern, was dank der leuchtenden Flügel meines Begleiters erstaunlich gut funktionierte.
Bis plötzlich wie aus dem Nichts ein Gesicht vor mir auftauchte.
„Großer Gott!“, schreckte ich zurück, während der Schock langsam nachließ. Denn der Geisterläufer war nur Karisha, die wieder schlafwandelnd an mir vorbei taumelte und sich dann vor Shirins Bett legte, aber nicht ohne ihr die Decke zu klauen.
Ich seufzte. Nachts war echt nicht weniger los als am Tag, was mich daran erinnerte, dass ich hier auch keine Wurzeln schlagen wollte.
Doch als ich mein Bett erreichte, Kissen, Decke, Laken und selbst die Matratze auf den Kopf stellte - und ich immer noch nicht fündig wurde, stieg langsam doch Panik in mir auf.
Hatte ich die Karte vielleicht im Bad gelassen?
Allmählich zweifelte ich an meinem Verstand und eilte den Weg zurück zur Tür.
Der Schlafentzug der letzten Nächte machte sich mit einem Mal deutlich bemerkbar. Ich wurde unruhig und unaufmerksam und rutschte schließlich auf einem Pinsel aus. Obwohl ich weich landete, überkam mich der nächste Schock, denn ich lag plötzlich im Bett einer anderen Person.
Gerade als ich fürchtete, jemanden durch den Aufprall geweckt zu haben, stellte ich jedoch zu meiner großen Verwunderung fest, dass das Bett leer war.
Und das daneben auch.
Ich war zu benommen, sodass ich nicht zuordnen konnte, wem die Betten gehörten, denn ich wusste ohnehin, dass ich hier raus und dringend die Karte finden musste.
Was, wenn Lih sie in die Finger bekäme?
Mein kleiner Freund krakselte noch immer auf meiner Schulter, doch das Licht seiner Flügel begann heller zu schimmern. Es half mir mich wieder auf den Weg zu konzentrieren.
„Danke“, flüsterte ich, raffte mich auf und verließ dann ohne weitere Vorfälle den Schlafraum.
Wieder im Flur angelangt, atmete ich erleichtert aus, bis ich eine Hand spürte, die mich ohne Vorwarnung ins Bad nebenan zog. Ein Klick verschloss die Tür.
Mir fiel auf, dass der Chestock nicht mehr bei mir war. Doch es gab keinen Grund zur Angst.
„Sakura“, presste ich hervor. „Was…?“
Sie drückte mir einen Korb und einen Umhang in die Hand. „Versprich mir, Em, dass du dich bloß von Blackdogs fernhälst.“
Ich sah sie eine Weile verwirrt an. Der Umhang, den sie mir gegeben hatte, hatte eine Kapuze wie mein alter Umhang und in dem Korb waren Brot, Früchte, Wein und ein paar Kekse.
Bevor ich etwas sagen konnte, setzte sie mich auf einen Stuhl vor den Spiegel. Ihr Lächeln blitzte mit dem funkelnden Raum um die Wette.
Dieses Bad war so viel schöner als der Abtritt neben der Küche, wo ich die letzte Stunde gewartet hatte, war aber auch deutlich heißer begehrt. Die Mädchen hatten ihn voller Liebreiz mit Tüchern und Lampen ausgestattet. Es gab sogar eine große Wanne, die nach blauen Rosen duftete. Doch das war nichts im Vergleich zu dem Liebreiz dieser Geste. Sakura hatte mir Verhüllung und Wegzehrung für meine Flucht gebracht.
„Woher wusstest du…?“
„Sie hat das hier gefunden“, erklärte Meria, die ebenfalls mit uns im Raum neben dem Schrank stand. Dass ich sie bislang nicht bemerkt hatte, sagte wohl genauso viel über sie wie über mich aus. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich die Karte, die sie in den Händen hielt.
„Sei nicht böse, Em“, sagte Sakura. „Als ich heute die Bettwäsche zusammengesammelt und neu bezogen habe, fiel die Karte auf den Boden. Ich wusste weder wem sie gehört, noch konnte ich etwas damit anfangen. Also habe ich sie Meria gegeben.“
„Dann hat euch die Karte verraten, dass ich versuche zu fliehen?“
Beide lachten etwas unbeholfen. „Das weiß glaub ich jeder. Es spricht nur keiner darüber.“
Ich seufzte. So viel zu meiner Schatten-Agenten-Karriere. Doch in diesem Fall hatte ich wohl mehr Glück als Verstand.
„Ihr lasst mich wirklich gehen?“
Meria schnippte mir gegen die Stirn, als hätte ich sie beleidigt. „Deine Entscheidung, Em. Ich arbeite zwar für Lih, das heißt aber nicht, dass ich mit allem einverstanden bin.“
Sakura nickte wild.
„Außerdem…“, Meria öffnete die Karte und hielt sie mir vor die Nase. Ich bemerkte einige Ergänzungen, die sie darauf verzeichnet hatte. „Em, du hast einen Großteil des Berges erkundet und Gänge entdeckt, die ich selbst übersehen habe. Unser Wissen zusammengefasst könnte der Schlüssel sein. Ich habe mir ebenfalls eine Kopie gemacht, man weiß ja nie.“
Mein Herz setzte für einen kurzen Moment aus.
Ich wusste ja, dass die Mädchen zu treffen mein größtes Glück war, aber ihre Verschwiegenheit und Hilfe war zu viel für mich. Nach den letzten Wochen hier in Eldarya, nein, nach den letzten Jahren meines Lebens, hatte ich so viel Herzlichkeit nicht erwartet.
Es erinnerte mich an meine Familie, als wir noch eine waren… Bevor mich alle verlassen hatten.
Und es schmerzte mich, dass ich sie nun ebenfalls verlassen musste.
Sakura reichte mir ein Taschentuch, während Meria und ich die Karte studierten. Ich erzählte ihr von meinen Erkenntnissen zu den Kristallformationen und hörte mir ihre Gedanken an. Sie bestärkte mich in meinen Vermutungen, denn da waren noch Gänge, die man durch die Mauern hören konnte, zu denen wir bislang aber keinen Zugang gefunden hatten.
Gemeinsam zeichneten wir eine für uns plausible Route ein, der ich zunächst folgen konnte. Selbst wenn ich in dieser Nacht noch scheiterte und auf eine weitere Sackgasse stieß, war ich weit genug weg, dass ich mich in den Gängen verstecken und in den nächsten Tagen drei weitere Routen probieren konnte. Meria würde dafür Sorge tragen, dass Lih mich erst woanders suchen ginge.
Da jedoch keine der beiden Lih verärgern oder ihren Handel gefährden wollte, blieben sie auf dem Gipfel und begleiteten mich nur bis zur Küche.
Abschiede fielen mir schon immer besonders schwer, deswegen wollte ich es schnell hinter mich bringen. Doch ich sah, dass Sakura noch etwas auf dem Herzen hatte.
„Ich würde mich zu gern für eure Hilfe revanchieren“, sagte ich und griff nach ihren Händen. „Bitte sagt mir, gibt es etwas, das ich für euch tun kann?“
Wie gedacht, biss sich Sakura erst auf die Lippen und nickte dann. „Wenn dich dein Weg nach Balenvia führt, könntest du dann Mercedes aufsuchen?“
Meine Augen weiteten sich, als ich begriff, wen sie meinte und wen ich dann vor mir hatte.
Ich nickte heftig. „Soll ich ihr etwas ausrichten?“
Sie schluckte und schniefte dann eine Träne weg. „Könntest du meiner Mama sagen, dass sie sich keine Sorgen um mich machen soll, dass ich jeden Tag gesund esse, auf mich aufpasse und dass ich sie immer lieb haben werde?“
Als ihre Augen immer glasiger wurden, schloss ich sie in meine Arme. „Ich bin mir sicher, dass Mercedes das für dich mitgeben wird.“
Sakura atmete erleichtert aus und erwiderte die Umarmung. „Dann gib ihr das auch von mir mit. Oh, und, Em…“
Sie holte ein Band aus ihrer Tasche. „Ich habe gesehen, dass du einen Stein bei dir hast. Ein Amethyst, oder?“
Ich nickte etwas irritiert, holte ihn aber sogleich aus meiner Hosentasche.
Mit größter Neugier sah ich zu, wie sie eine Haarspange aus ihrem Haar löste, mithilfe ihres Maanas verschmolz und an das Band heftete. „Probier mal.“
In die entstandene Fassung konnte ich ohne Probleme den Amethyst heften. Auch wenn er als Schmuckstück nicht so viel hermachte wie die Haarspange, die Sakura dafür geopfert hatte.
Ich ließ mir dennoch von Meria helfen, die Kette richtig umzulegen. „Ein Amethyst, solltest du wissen, kann tief verborgene Kräfte entfesseln, doch dafür musst du ihn nah am Herzen tragen.“
Ich tippte auf den Stein, der zwischen meinen zusammengebundenen Brüsten baumelte, fühlte mich aber nicht groß anders.
Trotzdem bedankte ich mich nochmals und sah dann zu Meria, um sie zu fragen, wie ich ihr die Hilfe vergelten könne.
Doch sie wog nur den Kopf und grinste dann breit. „Lass mich darüber nachdenken, Em. Ich werde mir etwas einfallen lassen.“
Ich sah das als Grund, ihnen zu versprechen, dass ich sie würde suchen kommen, wenn ich meinen Freund gerettet habe.
Sie schienen sich zu freuen und winkten mir zu, bevor ich mich auf in mein weiteres Abenteuer machte.




Kommi

Letzte Änderung durch Ama (Am 05.04.2022 um 20.50 Uhr)

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#66 Am 07.04.2022 um 15.14 Uhr

Obsidiangarde
Meria
Elf Sidekick
Meria
...
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Alsoooo... Da ich gern verworrene Sachen schreibe, lese oder gucke, bei denen nix scheint wie es ist...also, bei dem z.B. der vermeintlich Böse nicht unbedingt auch der Böse ist... könnte dieser Lih auch hinter all dem stecken und das Monster nur nutzen für... was auch immer. Er zeigt sich zwar als Samariter (irgendwie) aber ist er das auch? *Denkersmilie*... ich trau dem Typen nicht >.>

Ich würde da auch abhauen und sobald der nicht guckt nach einem Weg raus suchen. Dann hoffe ich doch mal Em landet diesmal auch draußen..
Und irgendwann müssen die beiden ja mal aufeinandertreffen...also so wirklich sich treffen..also beide Ems. XD


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#67 Am 08.04.2022 um 21.33 Uhr

Absynthgarde
Chihiro
Just Arrived
Chihiro
...
Nachrichten: 6

Liebe Ama, uns zappeln lassen scheint ja ein weiteres Hobby von Dir zu sein. Da Du diesen Part mit Em gestaltet hattest und uns dadurch Qualen auferlegst.  Aber nein: „ Von Herzen „ Du hast es wieder geschafft Deine treuen Begleiter mit einzubinden in sooo lieeeebevoller Weise in dieser Story. Es ist Dir gelungen mich von Herzen emotional zu berühren. Dank Dir für diese viele Mühe!  Lieben Gruß Sakura

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#68 Am 10.04.2022 um 23.49 Uhr

Shadowgarde
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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 9: Zufälle und Muster




„Ich will keine Blumen, aber Musik.“
„Ezarel, ich bitte dich… Wovon redest du überhaupt?“
„Von meiner Beerdigung, Ewelein. Ich hab da hinten noch eine Gitarre. Du solltest Valkyon spielen lassen, wenn man mir die letzte Ehre erweist. Im Gegensatz zu seinen Worten trifft er mit Rhythmen nämlich immer den richtigen Takt und ich habe ihm eh versprochen, ich würde sein musikalisches Talent mit ins Grab nehmen.“
„Du weißt sehr wohl, dass der Ausdruck eine andere Bedeutung, Ez, und ich werde ganz sicher nicht deine Beerdigung planen. Auch wenn du der Leiter der Absynth-Garde bist, kannst du mich nicht mitten in der Nacht in dein Zelt zitieren, um mir solche Geschichten zu erzählen. Mal abgesehen davon…“, sie kniff ihm in die Wange, „kann ich deinen Freund nicht behandeln, wenn dein Kopf auf seinem Schoß liegt.“
Emil seufzte. Zum einen, weil er auf der Couch unter dem Irren etwas eingekeilt war und zum anderen, weil die Tinktur ganz schön brannte, die die Ärztin während dieser fragwürdigen Unterhaltung auf seiner Brust verteilte.
Nicht, dass Emil sich beschweren wollte, dass eine Elfe ihn mit ihren zarten Fingern verarztete, denn es fühlte sich ausgesprochen gut an, wieder atmen zu können, nachdem Askir ihm den halben Brustkorb zertrümmert hatte.
Doch Ewelein schien langsam zu begreifen, dass sie nicht wegen Emils Verletzungen hierher bestellt worden war. Der Irre dachte nämlich gar nicht daran, sich aufzurichten, sondern blieb stur auf seiner Couch liegen, wobei er Emil mit seinem Nacken noch tiefer in den Sitz drückte.
„Das ist nicht mein Freund und auch nicht mein Problem“, erklärte er stoisch. „Ich habe dem kleinen Monster schon beim Betreten meines Zeltes gesagt, er soll sich von meinen Sachen fernhalten. Wenn er mein Kissen vollblutet, muss er den Gegenstand halt ersetzen… mir egal wie.“
Emil seufzte noch einmal, denn er konnte sich nicht erinnern, dieser Sache hier zugestimmt zu haben. Allerdings kannte er den Irren inzwischen gut genug, um zu wissen, dass Widerworte zwecklos waren. „Und wie lange soll ich jetzt bitte dein Kissen spielen? Ich habe kein Maana, um dir ein neues Kissen zu kaufen, Ez.“
„Für dich immer noch 'ehrwürdiger Ezarel'. Und da Kissen allgemeinhin nicht sprechen können, sagst du am besten gar nichts.“
Emil brummte.
'Ez', was einfach mal klang wie 'ES' passte zu diesem bitterböse-grinsenden Tyrannen wie ein roter Luftballon in einen Horrorstreifen und stützte zudem Emils These, an den gruseligsten Clown dieses Zirkus geraten zu sein.
Heute Nachmittag noch hatte der Typ mehr als deutlich gemacht, dass er Emil nie mehr wiederzusehen gedachte, doch nun fand er immer neue Gründe, ihn hier festzuhalten.
Nicht, dass Ez seine Meinung über Emil geändert hatte - er war sogar noch kälter als in dem Moment, wo er ihn einen Dieb geschimpft hatte, doch dass Emil immer noch hier und nicht auf der Straße oder im Kerker saß, war Beweis genug, dass dieser Ezarel noch nicht fertig mit ihm war.
Dabei war die Idee, ihn zum Kissen zu degradieren, wohl der radikalste Ansatz der Freiheitsberaubung, den Emil je erlebt hat - und er wusste nur zu gut, wie sich ein Leben an einer kurzen Leine anfühlte.
Da war es schon fast tröstlich, dass Ewelein nun seine Verletzungen versorgte und er dank Ezarels Appetitlosigkeit den Teller Reisbrei ganz für sich allein hatte.
Auf den ersten Blick wirkte Ez kein Deut freundlicher als Emils Meister Lih. Er war ebenfalls völlig auf die eigenen Pläne versteift, genervt über die Ungerechtigkeit dieser Welt und das Unvermögen ihrer Bewohner. Ja mehr, Ez wirkte sogar herrschsüchtiger, abweisender und sadistischer als Lih in seinen dunkelsten Phasen, doch je mehr man auf das achtete, was Ezarel sagte - viel mehr noch auf das, was er nicht sagte, wurde es immer klarer, dass er nicht nur ein fieser Schlumpf war… (oder waren es die Haare, die blau waren? Nah! - Alles bekam Emil wohl doch nicht mit.)
Aber er wusste sicher, dass Ezarel nicht so kaltschnäuzig war, wie er die Welt gerne glauben ließ.
Schließlich könnte er einfach zur Sache kommen, sagen, was ihn so aufregte, doch er ließ sich Zeit, wartete mit absurden Plänen und überspitzten Berichten, bis Ewelein zunächst mit voller Konzentration Emils Rippen gerichtet hatte. Er hatte sie zwar nie dazu aufgefordert, Emils Wunden zu versorgen, doch auch mit keiner Silbe davon abgehalten.
Erst als sie die letzte Wundsalbe zupfropfte, warf Ez frustriert die Arme über den Kopf. „Ich bin die Ruhe selbst, Ewe, aber die Situation wird immer chaotischer.“
„Du verwechselst, was für eine Art Arzt ich bin“, erwiderte Ewelein, setzte sich aber auf eine Kiste vor die Couch, von wo aus sie nun auch Ezarel… oder zumindest seine Seele behandeln konnte. „Okay, dann nochmal von vorn, Ez. Du hast dich zunächst hier unter falschem Namen eingeschlichen, weil ein Trank missglückte, doch nun - wie ich sehe - bist du wieder in deinem Körper. Wo liegt das Problem? Ist nicht alles an seinem Platz?“
„Würdest du das denn noch beurteilen können?”  Sein Lachen war jedoch unerwartet ehrlich und kein Deut höhnisch. Emil hatte fast den Eindruck, dass die beiden eine tiefere Freundschaft oder zumindest eine enge Vergangenheit verband. Vielleicht hatte Ezarel sich deswegen an sie gewandt.
Doch seine freudige Stimmung schwand, als er weitersprach. „Es geht um eine Häufung von alchemistischen Reinfällen, die sicher nicht zufällig geschehen. Ich meine, etwas Derartiges ist mir in meiner ganzen Laufbahn zuvor nie passiert. Erst der verpatzte Trank zur Geschlechtsverschleierung, von dem ich dir erzählte und gerade eben, kaum eine Woche später, ein vergleichbares Unglück.“
„Vielleicht brauchst du Urlaub.“
„Mitnichten. Es war auch nicht bei der Arbeit, sondern nach der Auseinandersetzung heute, wo mich dieses kleine Monster erst beklaut und dann beim Wurzelbaum überfallen hat. Die Details zu wiederholen erspare ich uns aber.“
Schade. Obwohl Emil ja hautnah dabei war, fand er es wahnsinnig spannend, Ez' Version der Geschichte zu hören, doch wie immer ließen die Erwachsenen den interessanten Teil einfach aus. Dabei hätte er nur allzu gern gewusst, in welchem Moment Ezarel ihm den Feuerresistent-Trank wieder abgenommen hatte. War es als sich ihre Lippen unfreiwillig berührt hatten oder nach seiner Rück-Verwandlung in einen Kerl?
„Jedenfalls wollte ich mir gleich danach meine eigene Kleidung anziehen und selbstverständlich den Mund auszuspülen, doch beim Zähneputzen habe ich anstatt Zahnpasta versehentlich die Sträwkcür-Paste gegriffen und in meinem Mund verteilt. Das ist doch höhere Gewalt! Ich meine, nicht einmal meine Untergebenen wären so bekloppt, eine Tube mit Rückwärts-Zauber im Bad zu lagern. Warum passiert mir dann so was?“
Ewelein drehte Ezarels Kopf ein Stück zur Seite, um Emils Bauch noch nach inneren Verletzungen zu untersuchen, während sie beiläufig erklärte: „Du hattest eine harte Woche und hast die Tube verwechselt. Na, und? Unfälle dieser Art passieren selbst den Besten, Ez. Außerdem scheinen beide Zauber gebrochen. Ich meine, du hast deinen Körper doch wieder und wenn man vom Inhalt mal absieht, sprichst du auch völlig normal.“
„Das ist genau der Grund, warum ich so besorgt bin.“
„Was?“ Ewelein drückte gegen Emils Bauch. Etwas zu fest, denn er hustete vor Schmerz laut auf. „Du weißt schon, dass das absolut keinen Sinn ergibt, was du da sagst, oder, Ez?“
„Ergibt es irgendeinen Sinn, dass der Zauber bereits wenige Minuten später restlos abgeklungen ist? Dass beide Zauber durch Unglücke verursacht worden sind, ist nämlich nicht einzige Gemeinsamkeit, die sie haben.“
„Was ist die andere?“
Als Ewelein mitten in der Bewegung stockte, ahnte Emil, dass sich zwei Augenpaare nun auf ihn richteten.
Doch bevor er etwas sagen oder fragen konnte, schüttelte Ewelein irritiert den Kopf. „Er? Du meinst der Junge hat etwas mit den Zaubern zu tun?“
„Nicht mit den Zaubern, aber mit ihrer Auflösung.“
Jetzt war Emil völlig verwirrt. Das einzige, was sich aufgelöst hatte, war seine Hoffnung Ezarel könne ihm bei der Suche nach seinem Meister helfen.
„Von so einer Fähigkeit habe ich noch nie gehört“, widersprach auch Ewelein. „Und selbst wenn… Da kannst du doch eigentlich froh sein, Ez. Wie du wissen müsstest, haben Sträwkcür-Zauber eine enorme Halbwertszeit. Wenn es schlimm gekommen wäre, dann hättest du solange Sprachprobleme gehabt, bis wir ein Gegenmittel zusammengebraut haben. Etwas, das schwer werden dürfte, wenn unser bester Alchemist nur rückwärts spricht.”
„Ach, das vorhin war die Wirkung eines Zaubers?”, hakte Emil nach. Er erinnerte sich, dass er nach seiner missglückten Flucht und der noch missglückteren Landung dem Irren in dieses Zelt gefolgt war. Er wollte mit ihm reden, sich verabschieden oder zumindest noch den Trank wiedererlangen, doch… „Das war echt mega nervig, als der aus dem Bad kam und plötzlich so verrücktes Zeug erzählt hat. Als hätte seine Platte einen Sprung. Ich habe kein Wort verstanden und er hörte trotzdem nicht auf, auf mich einzureden. Er hat echt rückwärts gesprochen?“
Ezarel räusperte sich lautstark. „Du hast mich einfach geküsst, weil meine Art zu reden nervig war…? Was machst du, wenn ich dir dafür den Hals umdrehe? Einen Antrag?“
Emil biss sich auf die Lippen. „Küssen ist echt zu viel gesagt.“
„Unsere Lippen haben sich berührt.“ Ezarel schnippte ihm gegen die Nase. „Das ist buchstäblich die Definition eines Kusses. Und das war schon das zweite Mal innerhalb von einer Stunde! So viel Zahnpasta, wie ich brauche, um dein Gesabber aus meinem Mund zu waschen, hat das ganze Lager nicht vorrätig.“
Emil zuckte unschlüssig mit den Schultern. Es war halt das Erste, was ihm einfiel, um den Irren zum Schweigen zu bringen. Und es hat ja auch geklappt.
Außerdem fiel es Emil wahnsinnig schwer, klar zu denken, wenn Ez' dunkle Wolke ihn erst einmal benebelt hatte. Das Ganze erinnerte ihn an eine kürzliche Situation im Wald… Was war das noch gleich?
„Ich glaube, ihr zwei klärt das besser unter euch“, unterbrach Ewelein Emils Gedanken und zog den Verband fest, bevor sie nach seinem Arm griff. Dabei umfasste sie die Stelle, wo Askir ihn gebissen hatte. Sie brannte erstaunlich stark, obwohl Emil sie bereits mit einem Tuch abgedeckt hatte. Doch das war nicht die einzige Wunde, die er nicht wieder aufreißen wollte.
Emil schüttelte daher Eweleins Bemühungen, ihn weiter zu untersuchen, ab und versuchte dann aufzustehen. Er wollte wirklich nicht darauf warten, bis man ihn wieder rausschmiss.
„Jetzt ist doch eh wieder alles beim Alten“, erklärte er und schob Ezarels Kopf von seinen Oberschenkeln.
Doch dieser presste seine Hand auf die Stelle, die Ewelein gerade verbunden hatte und drückte Emil damit gegen die Lehne. „Nichts!… ist beim Alten, Kleiner. Die Zauber lösen sich nicht einfach in Luft auf. Nein, beide hätte eigentlich niemals passieren dürfen. Die Unglücksfälle häufen sich, seit du da bist und jedes Mal ist es deine Aufdringlichkeit, die sie beendet. Ich bilde mir das nicht ein. Einmal ist kein Mal, zwei Mal mag Zufall sein, aber drei Mal ist definitiv ein Muster - und dafür will ich eine Erklärung. Vorher lasse ich dich nicht gehen. Deswegen habe ich dich herrufen lassen, Ewelein. Du kennst dich doch mit verschiedenen Spezies gut aus. Vielleicht ist das kleine Monster in Wahrheit ein Djinn, der mich erst mit Unglück straft und mir dann Wünsche abschwatzt, um sich aus seiner Flasche zu befreien. Hilf mir seine Flasche zu finden und wir sperren ihn wieder ein.“
Ewelein lachte. „So funktioniert das nicht. Nichts davon - und das weißt du auch.“
Doch zumindest schien nun ihr Interesse geweckt, denn sie lief nachdenklich im Raum auf und ab.
Emil bewegte derweil eine ganz andere Frage. Entgegen landläufiger Meinung, war er nämlich doch in der Lage zuzuhören. „Wieso eigentlich drei Mal? Du hast nur von zwei Vorfällen erzählt.“
Ez schnaubte und warf dann kapitulierend die Hände in die Luft, als habe es ohnehin keinen Sinn mehr, Informationen zurückzuhalten. „Das erste Mal war im Wald. Der Baum… Klingelt’s?“
„Huh?“ Emil beugte sich ein Stück zu Ez nach vorn und sog die Luft ein, bis er endlich den Duft erkannte, der ihm all die Zeit so verflucht vertraut vorkam. „Oh…“
Und auf einmal ahnte er, nein, eigentlich wusste er ganz genau, dass Ezarels Sorge berechtigt war.
Ezarel hatte ein Problem - zugegeben, er hatte sicher mehrere, doch in diesem Fall wusste Emil ganz genau, was die Ursache für sein Unglück war.




Kommi

Letzte Änderung durch Ama (Am 22.04.2022 um 13.21 Uhr)

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#69 Am 17.04.2022 um 17.54 Uhr

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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 10: Karma



Emil war froh, dass er das Geheimnis um ihre erste Begegnung gelüftet hatte, doch er würde lügen, wenn er behauptete, sich an den Vorfall im Wald noch gut genug erinnern zu können.
An jenem Tag gab es nämlich nichts zu essen und sein Meister hatte auch noch denkbar schlechte Laune gehabt. Immer wenn Lih mies drauf war, schaltete Emil auf Durchzug.
Zwar war Lih sein einziger Anker hier in der Fremde, doch seine Nähe war wie eine Bergbrise. Je weiter man sich zu ihm auf den Gipfel hinauf kämpfte, desto dünner wurde die Luft.
Allerdings wusste Emil, dass er ohne diese Luft gar nicht atmen könnte.
Jedem anderen wäre seine Abhängigkeit lästig geworden, doch Lih duldete ihn seit jeher an seiner Seite. Selbst in den dunkelsten Nächten und noch finsteren Tagen, in denen Emil sich schon selbst aufgegeben hatte, gab sein Meister ihm stets ein Ziel und eine Aufgabe. Lih brauchte Emil, so wie Emil Lih brauchte.
Das war gleichermaßen erschreckend wie beruhigend.
Auch wenn sie manches Mal aneinandergerieten oder Emil Lihs Anweisungen ignorierte.
Wie an jenem besagten Tag im Wald, wo er seinen Instinkten zu diesem Baum gefolgt war, der sich im Nachhinein als verfluchter Tyrann entpuppte.
Es war diese dunkle Aura, die Emils Aufmerksamkeit erregte und die ihn selbst jetzt noch an Ezarel fesselte.
Es war nichts, was er mit seiner Zunge schmecken oder mit seiner Nase riechen konnte. Und doch war es tief in seinem Geist spürbar - flüchtig, aber auch intensiv. Wie ein Rausch oder viel mehr ein … Hunger.
„Grrrrmml”, knurrte sein Magen in die Denkpause der Gruppe.
„Echt jetzt?”, hakte Ezarel nach und erinnerte: „Du hast vorhin mein komplettes Abendessen verputzt. Wie kannst du schon wieder Hunger haben?”
Emil zuckte mit den Schultern. Sein Hunger hatte in den letzten Stunden ein völlig neues Level erreicht - vielleicht weil sein Körper sich nicht länger mit den Schmerzen herumplagen musste. Doch glücklicherweise hatte Emil nun eine gute Verhandlungsbasis. „Ez, ich glaube, ich weiß, warum du vom Pech verfolgt wirst.”
„Dann rück mit der Sprache raus… Und sag mir nicht, dass du erst was essen müsstest, weil du zu großen Hunger hast, um dich zu erklären.”
Emil seufzte. Ein Versuch war's wert.
Da er jedoch wusste, dass Ez diese Information eh aus ihm herausbekommen würde, brachte er die Situation einfach auf den Punkt. „Ich denke, dein Problem ist Karma.”
Es klang so simpel, vielleicht zu simpel.
„Werd nicht frech, Kleiner.“
„Ich bin mir ziemlich sicher. Böses Karma strahlt eine Art dunklen Nebel aus. Fast schon unheimlich.”
Ezarel knuffte ihm die Seite. "Du legst es echt drauf an, oder?" 
„Moment“, ging Ewelein dazwischen. „Meinst du vielleicht Karma-Geister?”
„Ich weiß nicht genau, wie man sie nennt", gestand Emil, "aber so gruselig wie sie sind, klingt Geister ganz passend."
Während er sprach, machte Ewelein einen Schritt auf ihn zu und zog sein Gesicht zu sich heran. Sie schnippte in die Luft und schüttelte dann verwirrt den Kopf.
„Kannst du das Karma etwa sehen? Also ich meine, du bist ja… aber ist es möglich, dass du trotzdem …”, druckste sie etwas verunsichert.
Doch sie hatte es definitiv bemerkt. Es war die Art von Eiertanz und schlecht verstecktem Mitleid, weswegen Emil es eigentlich nie von sich aus zur Sprache brachte. Aber sie hatte auch von selbst bemerkt, dass er blind war.
Allerdings ging es hierbei um nichts, was er mit seinen Augen zu sehen vermochte.
„Ob es wirklich sichtbar ist, weiß ich nicht”, sagte Emil daher. „Es ist eher ein Gefühl. Schwer zu erklären. Als wäre da etwas, was einen überschattet.”
„Wenn hier einer einen Schatten hat, dann seid ihr es”, erwiderte Ezarel. „Das kleine Monster kann nicht einmal ein Ei von einem Stein unterscheiden und will jetzt Geister sehen? Dass ich nicht lache.”
Emil drehte beleidigt den Kopf weg. Er war vielleicht blind, aber definitiv kein Lügner.
"Keine Sorge, Ez", erklärte Ewelein beschwichtigend. "Karma-Geister wären ohnehin nur dann ein Thema, wenn wir es mit einem Fluch zu tun hätten. Also mach dir keine Sorgen."
"Scheiße", kam es Ezarel spontan über die Lippen. Seine Hand klatschte gegen seine Stirn.
„Denkst du… Bist du vielleicht vor Kurzem verflucht worden?“, fragte Ewelein erstaunt.
Ein Treffer ins Schwarze.
„Das muss unbedingt unter uns bleiben“, befahl Ezarel schließlich und setzte sich auf. "Doch wie kann das sein? Der Fluch ist doch gebrochen. Ich bin schließlich kein Baum mehr."
„Flüche sind kompliziert“, stimmte Emil zu. „Böses Karma lässt sich nur schwer abschütteln. Ein Fluch ist aber mehr als nur ein Zauber. Zauber können leichter gebrochen werden als Flüche.“
Ezarel schwieg. Er schien nachzudenken.
„Dein Freund kennt sich ziemlich gut aus“, stellte Ewelein fest. „Die meisten Flüche basieren auf Karma-Geistern, die sich an deine Seele heften und mit ihnen einen Zauber binden können. Stell es dir wie eine Fessel vor. Sie ist die Verbindung zwischen dir und einem Zauber. Solange die Fessel dich umschließt, kann sie auch andere Zauber binden. Das ist zumindest die Vorstellung hochrangiger Gelehrten dazu. Genau wissen wir es nicht, weil man Karma-Geister nicht sehen kann.”
„Und was hat das mit dem kleinen Monster hier zu tun?”, fragte Ezarel verwirrt. "Wie konnte er die Zauber auflösen?"
Emil hob die Hände in die Luft. Das, was er über Flüche wusste, hatte er nicht aus einem Lehrbuch. Er konnte nur aus seiner Beobachtung und Erfahrung berichten. Sein Wissen war da sehr begrenzt und vor allem einseitig.
Im Gegensatz zu der Elfe. Flüche schienen zwar nicht Eweleins Spezialgebiet zu sein, doch sie hatte zumindest eine Theorie. „Es könnte durchaus sein, dass dein Karma durcheinander gebracht wurde, was zumindest den Zauber durchbrochen hat. Ich habe schon von Fällen gehört, wo Karma-Geister für einen Sekundenbruchteil verschreckt wurden. Häufig weil mehrere Flüche aufeinander treffen. Es löst den Zauber, nicht aber den Fluch. Allerdings ist es das erste Mal, dass ich davon höre, dass ein Kuss so etwas kann. Ich werde Kero recherchieren lassen, was die Ursache dafür sein könnte.”
„Grandiose Idee“, murrte Ezarel. „Warum hängst du es nicht gleich ans schwarze Brett?“
„Überleg dir, was das kleinere Übel wäre, Ez. Kero hat eine ganze Bibliothek zur Verfügung und die werden wir brauchen. Du hast doch ohnehin längst geahnt, dass die Sache noch nicht vorbei ist. Wenn es wirklich ein Fluch ist, dann wirst du neues Unglück so lange anziehen, bis der Bann endgültig gebrochen wird.“
Das waren wohl nicht die Aussichten, auf die Ezarel gehofft hatte, aber wenn man bedenkt, dass er schon seine Beerdigung planen wollte, schien er von der Antwort auch nicht übermäßig überrascht zu sein.
„Sieht so aus, als hätte ich keine Wahl. Dann frag Keroshane, aber erwähne nicht meinen Namen”, stimmte er widerwillig zu und stand auf. „Und du, Kleiner, pack deine Sachen aus.“
Emil versuchte ihm zu folgen, was in vielerlei Hinsicht schwierig war - allen voran, weil seine Beine eingeschlafen waren. „Wie? Ich soll bleiben?“
„Hast du damit ein Problem?”
„Nein, ich…” Emil war nicht sicher, was genau er davon halten sollte. Doch wenn die Chance bestand, dass Ezarel ihn bei der Suche nach Meister Lih half, dann... „Heißt das, unser alter Deal steht wieder?”
„Für’s erste“, dämpfte Ezarel seinen Eifer. „Du bleibst nur, bis die Sache geklärt ist. Dann helfe ich dir bei der Suche nach deinem Meister. Aber es gibt Regeln und diesmal hältst du dich dran. Wir machen das auf meine Art.“ Mit diesen Worten drückte er Emil eine Decke in die Hand. „Es ist schon spät. Schlafen kannst du vor meinem Zelt. Gib aber Acht, dass dich keiner sieht, sonst waren Eweleins Bemühungen dich zusammenzuflicken umsonst. Ein Monster, das Eel in Aufruhr versetzt, reicht. Stimmt's, Ewe?“
„Ez, du bist zu harsch. Und der Junge hat sicher auch einen Namen.“
„Wir sollten es nicht unnötig vermenschlichen.“
„Ezarel!“
„Schon okay“, versuchte Emil sie zu beschwichtigen. Zum einen fühlte er sich im Moment unerwartet erleichtert und zum anderem wusste er ganz genau, wie die Leute hier zu den Menschen standen. „Ist das nicht eh ein Kompliment, wenn ein Eldaryaner so etwas sagt?“
„Es ist grundsätzlich nie ein Kompliment, wenn ich es gesagt habe“, erinnerte Ezarel grinsend, „aber es kann auch nicht schaden, einen weiteren Verbündeten zu haben. In diesem Fall wäre eine Bekanntmachung wohl angemessen. Ewe, das ist Emil. Sag, fällt es nicht zufällig auch unter deine ärztliche Schweigepflicht, dass er hier ist? Vorerst wäre es besser, wenn das geheim bliebe.“
„Ich bin verpflichtet, alle Patienten zu melden, also kann ich nicht einfach... Moment, sagtest du gerade Emil - der Emil?“, wiederholte Ewelein, als stünde sie vor einem lebendigen Mythos. „Hmm... In dem Fall mache ich vielleicht eine Ausnahme. Zumindest vorerst. Es gibt nicht gerade wenige, die es auf seinen Kopf abgesehen haben. Ihr müsst aber versprechen, dass ihr spätestens morgen mit Miiko redet.“
„Werd ich“, versprach Ezarel und reichte ihr die Tasche mit den Instrumenten. „Immerhin kann ich mich nun wieder offiziell blicken lassen.“
Sie nickte, während sie zum Zeltausgang lief, doch bevor sie durch die Schwelle trat, drehte sie noch einmal um.
„Ez, du solltest den Jungen vielleicht nicht draußen schlafen lassen. Es ist nachts recht kalt und er ist ziemlich verwundet. Er kann zu mir.“
„Äh, nein", widersprach Ez sofort. "Das kleine Monster ist noch nicht stubenrein und wird die Nacht draußen sicher überstehen. Die letzte Woche hat er immerhin auf einem Baum neben dem Alchemie-Zelt geschlafen. Außerdem lungert Nev zu viel bei dir herum. Sonst noch was?“
„Nun“, diesmal drehte sie sich aber zu Emil. „Sukie war bei mir und hat mir von deinem Plan erzählt, Chrome zu retten. Ich bin einverstanden und habe alles mit ihr besprochen. Jetzt, wo du da bist, sollten wir uns zusammensetzen. Ich werde dir über Floppy einen Brief mit den Details zusenden, sobald die Vorbereitung steht. Wenn du dich in ein paar Tagen erholt hast, sollte alles für die Seelentransfusion arrangiert sein. Dann sehen wir uns wieder. Ez hat Recht. Bis dahin meidest du besser die Krankenstation, wenn du Nevra nicht über den Weg laufen willst.“
Emil klimperte etwas überfordert mit den Augenlidern, doch ehe er nachfragen konnte, war die Elfe auch schon verschwunden.
Ezarel schien seine Verwirrung zu bemerken und schubste ihn mit einem erstaunlich milden Schulterstoß ebenfalls Richtung Ausgang, bis ihm die kühle Nachtluft um die Nase blies.
„Spiel einfach mit“, sagte Ez und folgte ihm einen Schritt ins Freie. „Ich werde Ewelein einweihen, sobald ich mit Miiko gesprochen habe. Für heute sind das genug schlechte Neuigkeiten.“
„Du meinst, weil ich nicht der Emil bin, den sie eigentlich erwartet?“
Ohne jedweden Enthusiasmus klatschte Ezarel die Hände aufeinander. „Sieh mal einer an… Am Ende hast du es doch kapiert. Heute ist echt ein Tag voller Überraschungen. Dann halte dich hier draußen bedeckt, klar? Und kein Wort darüber.“
Emil fand es auf eine seltsame Weise beruhigend, dass sein Double noch unbeliebter zu sein schien als er selbst. Er hatte daher ebenfalls ein Interesse daran, sich versteckt zu halten. Apropos.
„Warum soll ich eigentlich nicht mehr neben dem Alchemiezelt schlafen? Der Baum ist dicht bewachsen und der Platz ist abgelegener als hier.“
„Mit deinen Verletzungen knallst du noch runter“, erklärte Ez, ergänzte dann aber sofort - dass auch ja niemand auf die Idee kam, er sei um Emils Sicherheit besorgt: „Dein Geschrei wäre zu riskant. Außerdem bietet dir mein Vorzelt genug Platz und sogar eine kleine Überdachung. Sei froh, dass ich dir das nicht in Rechnung stelle.“
„Ja ja, der uhrige Charme der Gosse“, stimmte Emil zu, ehe ein süßlicher Geruch seine Aufmerksamkeit erregte. Anscheinend hatte jemand etwas Süßes auf eine kleine Kiste vor dem Zelteingang platziert. „Oh, eine Limmo! Die hat sicher Ewelein für mich…“
Doch Ezarel war schneller, griff nach dem Behälter und nahm einen kräftigen Schluck. „Gosse, nennst du das hier, ja? Ewe meint es echt viel zu gut mit dir…“
Emils Magen knurrte erneut. „Macht es dir echt Spaß so fies zu sein?“
Ezarel lachte laut auf. „Schon. Wenn du dein Gesicht sehen könntest... Aber hey, ich denke, die Angelegenheit wird sich schnell geklärt haben und dann bist du mich wieder los, Kleiner.“
Emil wollte etwas erwidern, doch das Geschrei einer Frau von nebenan unterbrach ihn vor dem ersten Wort.
„Hey, hat irgendwer meinen Haarfärbetrank gesehen?“
Oh, dann war das vielleicht doch kein Getränk von Ewelein...
doch obwohl Ez ihm fast die Hälfte der 'Limmo' vor die Füße spukte, sank Emil gekrümmt vor Lachen zu Boden.
Vielleicht war das wirklich einfach nur Karma.

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#70 Am 21.04.2022 um 14.10 Uhr

Obsidiangarde
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Meria
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Hallo Ama ^^/

Ich bin ja eher ein "fauler" Leser...weswegen es bei mir dann doch mal dauert was zu schreiben. :D
Aber ich tue mich selbst auch immer schwer mich zu konzentrieren. Daher weiß ich nicht wie es den anderen deiner Leserschaft geht.
Ich hatte letztens bereits das Problem, bei einem Kapitel Anfang, das ich nicht folgen konnte. Die, die sich unterhalten hatten kamen erst später zur Sprache (also deren Namen) und der Kontext, also über was sie sich wirklich unterhalten kam auch später. Das ist sehr verwirrend. Wie gesagt, kann sein das es nur mir so geht, weil ich mich oft schwer konzentrieren kann, beim lesen...aber ich muss dann nochmal anfangen zu lesen, um zu verstehen um was es da ging.
Ich hoffe das ist jetzt nicht zu krass gesagt. (/w\) ..und, ich weiß nicht ob es verständlich ist.. aber ich hoffe es mal. o////o

ok... das Gerede von dem Kuss ist mir grad zu viel..irgs >_< .. XD

Emil ein Dschinn? Das wäre mal was. :D

und...hm...die Meria dort will ja scheinbar nicht raus und zu ihrem Lover...also soll sie mal bleiben wo sie ist. XD
Mir ist übrigens nicht wirklich was eingefallen, da die Meria dort ja auch ein Mensch ist, schätze ich...oder was menschenähnliches... und mir fällt nur Drachen/Formwandler/Dolchesammlung/irgendwen retten Zeuch ein. XD
ne Meria braucht keine Gegenleistung. ^^7

so..next Level...äh Kapitel...

Ez Konter: "Wenn hier einer einen Schatten hat, dann seid ihr es"...der war gut. XD

Karmageister...na mal sehen was das noch wird...und wer färbt sich da die Haare...*hmmm*....wir werden sehen.

Bis zum nächsten Mal. ^^/


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#71 Am 24.04.2022 um 17.35 Uhr

Shadowgarde
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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 11: Stille Wasser



Man, war das ätzend.
Ich schlug gegen die Wand vor meiner Nase.
Schon wieder eine Sackgasse.
Genervt strich ich die nächste Route auf meiner Karte durch. Auch wenn ich inzwischen zahlreiche Geheimgänge hinter verschiedenen Kristallmustern entdeckt hatte, waren meine Optionen inzwischen so gut wie ausgeschöpft. Und ich wusste, dass die Zeit weiterhin gegen mich arbeitete.
Auch wenn ich die letzten Stunden kein Sonnenlicht zu Gesicht bekommen hatte, war ich mir sicher, dass die Nacht längst vorbei war. Inzwischen hatte ich da meine Tricks, wie ich die ungefähre Zeitangabe bestimmen konnte. Eine Rechnung aus der Anzahl an Blasen an den Füßen multipliziert mit der Menge an Gähnen die Minute.
Was allerdings irgendwann hinfällig wurde, da ich meine Füße eh nicht mehr spürte.
Ich war wie in Trance.
Es gab nur laufen und atmen, laufen und atmen.
Ich konzentrierte mich auf jeden Fuß einzeln, denn sie waren wie blei.
Doch das nervigste waren nicht meine Glieder; es war diese Stimme in meinem Kopf - wie vor ein paar Tagen in meiner Zelle. Nachdem keines der Mädchen sich dazu bekannt hatte, mir bei meiner Flucht aus dem Verlies geholfen zu haben, war ich mir sicher, dass ich mir die Stimme eingebildet haben musste. Doch dieses Mal war sie deutlich hartnäckiger.
'Sicher, dass du überhaupt weg willst?', fragte sie.
Linker Fuß, rechter Fuß…
'Tse… Du machst dir was vor, das weißt du genau.'
Atmen.
'Wenn du wirklich hättest entkommen wollen, dann hättest du längst einen Weg gefunden.'
Auch wenn ich sie vehement ignorierte, redete sie weiter auf mich ein.
'Wem willst du hier überhaupt etwas beweisen?'
Allerdings - selbst, wenn ich wollte - ich konnte ihr nicht nachgeben, nicht auf sie reagieren. Vor allem weil sie womöglich Recht hatte. Wahrscheinlich entsprang die Stimme meinem schlechten Gewissen, weil ich die Mädchen hier ihrem Schicksal überließ und mich einfach aus dem Staub gemacht hatte.
Vielleicht wollte mich ein Teil von mir einfach scheitern sehen.
Ich blieb stehen, hielt mich an der Mauer fest und keuchte, doch nicht nur um zu verschnaufen. Ich hörte auf der anderen Seite der Mauer ebenfalls Schritte. Unregelmäßige Bewegungen, eher wie ein ...
Humpeln.
War Lih schon so nah?
'Gleich hat er dich', sprach die Stimme das Offensichtliche aus, denn ich war schon steif vor Angst.
In dem Moment erinnerte ich mich an das Gewicht an meiner Hüfte - der Dolch, den ich bei mir trug. Doch allein bei der Vorstellung ihn zu nutzen, überkam mich ein eiskalter Schauer. Lih hatte mir die Waffe als Zeichen seines Vertrauens wieder zurückgegeben. Ich könnte sie nicht gegen ihn einsetzen. Selbst wenn ich wollte. Außerdem durfte ich nicht den Mann verletzen, dem die Mädchen ihre Hoffnung schenkten. Also blieb nur die Flucht.
Ich kannte die Gänge inzwischen gut genug, um zu wissen, dass ich die besten Chancen hatte, ihm zu entkommen, wenn ich meinen Kurs noch einmal änderte.
Ich eilte einen Teil des Weges zurück, was mich weitere Stunden kostete, ehe ich den Zugang zu einer Geheimtür entdeckte, die ich bislang eher gemieden hatte. Allen voran, weil der Gang dahinter schlecht beleuchtet war.
Ich hielt es für unwahrscheinlich, in dem engen, dunklen Flur auf den Ausgang zu treffen, doch zum einen gingen mir die Alternativen aus und zum anderen würde Lih mich dort nicht gleich entdecken. Also trat ich schnellen Schrittes ein, ehe ich es mir noch einmal anders überlegen konnte.
'Aww', quiekte die Stimme, als plötzlich etwas Grünes auf uns zu flog. 'Ein Chestock! Das sind meine absoluten Lieblingsgefährten. Ich hatte mal einen ganz in Schwarz. Oh, der scheint dich aber zu mögen.'
Obwohl mir die Stimme wirklich tierisch auf die Nerven ging, musste ich ihr in dem Fall zumindest wortlos zustimmen. Die kleine Fledermaus mit Schmetterlingsflügeln hatte wahrlich ein hervorragendes Timing. Auch wenn sein zusätzliches Gewicht mir etwas zu schaffen machte, war ich froh, dass er sich wieder auf seinen Stammplatz auf meiner Schulter setzte und mich mit seinen leuchtenden Schwingen durch die Dunkelheit führte.
Doch es kam wie es kommen musste. Nach einer Weile stand ich schon wieder vor einer Wand. Selbst der Chestock schien genervt, denn er flatterte zur Decke, nachdem er mir mehrmals ins Ohr biss.
'Ich glaub, das ist eine Warnung. Du solltest besser nicht die Wand berüh…' Der elektrische Schock riss mich fast aus den Resten meiner Schuhe, da ich die Worte natürlich aus purem Trotz ignoriert hatte.
'Heiliges Yggdrasil', rief die Stimme nicht minder überrascht, wodurch ich fast schon so etwas wie Schadenfreude empfand.
Doch mal abgesehen von meinen selbstzerstörerischen Tendenzen war diese Elektrofalle ein echtes Problem.
Wenn mich nicht alles täuschte, dann war das Lihs Werk.
Und wenn Lih die Zugänge zum Ausgang durch Fallen versperrt hielt, dann war ich aussichtslos gefangen in einem unendlichen Labyrinth.
Seufzend taumelte ich ein Stück zurück, bekam das Zittern jedoch kaum unter Kontrolle.
'Und nun? Umkehren und verkriechen?', fragte die Stimme.
Das klang so verlockend.
Alle Verantwortung von mir zu weisen und mich hinter der süßen Macht- und Kraftlosigkeit zu verstecken, die man mir bereits seit meiner Ankunft eingeredet hatte. Ich war da keine Ausnahme.
Immer wieder hatte ich das selbst von mir gedacht und meine Menschlichkeit als Ausrede benutzt, um mein Versagen zu rechtfertigen. Alle hier in Eldarya waren stärker, mutiger und mächtiger als ich.
Das konnte ich gewiss nicht leugnen. Doch ich musste eigentlich nur einer Person etwas beweisen und Rechenschaft ablegen.
Und zwar mir selbst.
Ich kämpfte für Chrome - keine Frage, doch ich kämpfte hier auch für mich, für mein Leben und meine Freiheit. Da ließ ich mir von nichts und niemandem etwas einreden.
'Aufgeben ist ja auch besser als draufgehen.'
„Halt den Mund!“, rief ich in den dunklen Gang. Ich sah kaum meine Hände, geschweige denn meine Füße, doch ich spürte, wie meine Zehen sich durch die abgetretenen Sohlen gegen den kalten Steinboden drückten - bereit, mich den Weg noch einmal hin und wieder zurück zu tragen, wenn es sein musste. „Aufgeben werde ich ganz sicher nicht. Niemals! Ich probiere es solange, bis ich einen Weg hier rausgefunden habe! Und wenn ich mich durch den Berg graben muss.“
Entschlossen stieß ich die Luft aus wie ein Stier vor dem Gegenstoß.
'Hehe', die Stimme wurde weicher, was hier in der Dunkelheit nicht weniger unheimlich rüberkam. 'So gefällst du mir schon besser. Dann streck mal deine Hand aus, Emmi!'
Ich stockte. War das immer noch meine Einbildung? Wenn nicht, woher kannte die Stimme dann meinen Namen? Noch dazu bin ich seit meiner Kindheit nicht mehr so genannt worden.
'Na, komm schon. Gib dir einen Ruck. Vertrau mir.'
Ich schluckte, hob dennoch meinen Arm. Zögerlich. Es war, als würde ich ihn der Dunkelheit direkt ins Maul legen, doch etwas in mir empfand so ein Urvertrauen in diese Stimme. Wie ein kleines Kind, das den Worten seines Vormundes folgt, ohne die Autorität dieser Person infrage zu stellen.
'Na geht doch. Öffne nun die Handfläche und spreize die Finger. Gut so. Dreh die offene Hand nach vorn und halte den Arm gestreckt.'
Ich kam mir etwas dämlich vor.
Sollte ich in dieser Position etwa auf Lih warten, um ihm ein entschlossenes „Halt! Stopp!“ entgegen zurufen?
Doch bevor ich über mich selbst und die Situation lachen konnte, spürte ich, wie meine Hand ganz kalt wurde und mein Brustkorb zu kribbeln begann.
Ich wollte meinen Arm zu mir heranziehen, doch in dem Moment schoss ein gewaltiger Energieschub durch meinen Körper als tauchte ich mitten im Sprung ins Wasser, nur dass das Wasser aus meiner Hand in den Flur schoss.
„Heiliges Yggdrasil“, wiederholte ich die Worte der Stimme von vorhin.
'Cool, oder?'
„War… war ich das?“, fragte ich entgeistert und versuchte meine Hand bei den Lichtverhältnissen zu inspizieren. Ich erwartete ein Loch oder zumindest einen Gartenschlauch zu sehen - keine Ahnung, was gruseliger wäre.
'Davon träumst du wohl Menschlein', sagte die Stimme voller Stolz und Hohn, ehe sie schließlich meine Gefühle zu erkennen schien. 'Moment, bist du etwa erleichtert, dass das nicht dein Verdienst war?'
„Ein bisschen“, gestand ich. „Das war beeindruckend, aber auch verdammt heftig. Echt. Ich habe noch nie einen Zauber dieser Stärke eingesetzt. Wie viel Maana hat das überhaupt verbraucht?“
Inzwischen kannte ich mich mit dem Währungssystem etwas aus. Zauber oder Zutaten für Zauber erwarb man durch Maana. Auch andere Dinge konnten durch Maana oder aber Gold gekauft werden.
Ich besaß zwar einen kleinen Schatz, den ich in den Wäldern versteckt hielt, um den Sukkubus für Chromes Rettung zu bezahlen, doch mit dem bisschen Maana, was ich bei mir hatte, könnte ich nie einen Zauber dieser Stärke anwenden, geschweige denn eine Schriftrolle dieses Ranges erwerben, um so einen Zauber zu erlernen. So viel wusste ich. Allein Wasser zu sammeln, zu konzentrieren und abzuschließen ist schon episch, doch die Tatsache, dass es aus dem Nichts geschaffen wurde, ist sicher legendär.
'Putzig, dass dir das schon imponiert hat, aber ich muss dich enttäuschen. Das war kein Zauber', widersprach die Stimme. 'Deswegen kostet die Anwendung auch kein Maana.'
Okay, ich verstand zwar kein Wort, weil das gegen alles sprach, was ich über das Magie-System dieser Welt wusste, doch ich gab zu… jetzt war ich vielleicht ein bisschen neidisch.
Die Stimme schien schon wieder meine Gefühle lesen zu können, denn sie lachte voller Genugtuung. 'Keine Sorge. Wie das funktioniert erkläre ich dir irgendwann einmal. Zumindest ist dein Interesse geweckt; das ist gut. Denn wenn wir hier raus wollen, dann wirst du das lernen müssen. Meine Kraft allein reicht nämlich nicht.'
„Lernen? Wofür?“ Ich bekam nur am Rande mit, dass die Stimme mir damit erklärte, nicht so schnell wieder verschwinden zu wollen.
'Wir brauchen einen Kurzzschluss. Einen Großen. Hah. Das wird der Knaller.'
„Du hast als Kind nicht zufällig mal in eine Steckdose gefasst, oder?“
Sie lachte.
Eine Sache, die mich noch mehr verwunderte. Wusste sie etwa, was eine Steckdose war? Kannte sie meine Welt? War sie doch ich?
Aber gut, ich hatte echt andere Sorgen. Ich führte immerhin Selbstgespräche in einer Höhle.
„Ich mache mit“, beschloss ich.  „Wenn uns das hier raus bringt, dann bin ich dabei.
'Das wollte ich hören. Und es ist prickelnd, oder? Ich hab echt vergessen, wieviel Spaß das macht. Aber gut. Fangen wir an. Stell dich noch einmal auf, wie gerade eben, aber diesmal in Richtung Wand. Ah, und mach dich auf einen größeren Rückstoß gefasst.“
Automatisch nahm ich die Kampfhaltung ein, die Nevra mir eingebläut hatte.
'Bin überraschend begeistert', sagte die Stimme. 'Halte in jedem Fall diese Körperspannung aufrecht. Bereit?'
Ich wusste nicht ganz, wofür, doch als ich das Kribbeln wieder spürte, ahnte ich, dass es gleich losging und nickte.
'Dieses Mal musst du die Kraft auch aus deinem Inneren entfesseln. Danach werde ich den Stoß lenken.'
Ich versuchte mich zu konzentrieren, wusste aber nicht ganz worauf. „Brauch ich nicht eine Formel?“
'Nein, das ist wie gesagt kein Zauber und auch kein Quiz, also schalte den Kopf aus. Was wir brauchen ist ein besonderes Gefühl. Ich helfe dir dabei. Lass uns etwas aus deiner Vergangenheit nehmen. Erinnerst du dich an den Sommer, als du auf dem Boot eingeschlafen bist?'
„Ich hatte totalen Sonnenbrand bekommen. Das würde ich nie vergessen.“
'Wenn du das sagst..., doch es geht nicht um den Sonnenbrand, sondern den Tag am See. Stell dir vor, wie es war, auf dem Wasser zu treiben… Weißt du noch, was du da gefühlt hast?'
Ich brauchte einen Moment, denn das lag lange zurück… und der Tag war sonst kaum besonders. Doch je mehr Details die Stimme mir nannte, desto eher hatte ich das Gefühl, den Moment wiederzuerleben. Ich erinnerte mich an das seichte Schaukeln des Bootes und wie die Wellen sanft gegen das Holz schlugen als wären sie die Schlägel einer Trommel. Die Sonne schien hell am wolkenfreien Himmel, doch ich erinnerte mich auch, dass meine Augen nass waren. Ich muss geweint haben an dem Tag, doch da war auch ein Gefühl von tiefer Geborgenheit.
'Genau das. Dieses Gefühl. Stell dir vor, wie du es mit jedem Atemzug aus den Tiefen deines Inneren an die Oberfläche ziehst.'
Was zu Beginn noch total kryptisch klang, ergab plötzlich umso mehr Sinn, wie ich das kühle, frische Plätschern in meiner Magengegend spürte, als wäre das Boot und mit ihm der gesamte See in mir. Ich hatte das Gefühl, als könnte ich diesen See lenken. Von meinem Bauch bis in meinen Arm.
'Ich wusste, dass du das noch drauf hast', jubelte die Stimme. 'Den Rest mache ich. Wenn ich deine Kraft und meine vermische, dann haben wir…'
Ohne weitere Vorwarnung flog mit einem lauten Zischen ein Wasserball kaum kleiner als der gesamte Gang mit voller Kraft auf die elektrische Wand zu.
Der Rückstoß hatte es echt in sich, doch das Knistern, was sich danach über die Wände ausbreitete und in einem lauten Knall mündete, ließ mich gänzlich das Gleichgewicht verlierend vor Schreck nach hinten kippen.
'Abzüge in der B-Note, aber das kriegen wir noch hin', verkündete die Stimme spöttisch, doch auch nicht minder stolz.
Ich versuchte mich derweil aufzurichten und trat vorsichtig durch die entstandene Öffnung. Der Anblick, der sich mir dahinter bot, entschädigte mich jedoch für den Schreck. Dutzende Irrwichte hüpften auf der anderen Seite durch die Luft.
Ihre Medusen flatterten so wunderschön wie bei unserer ersten Begegnung vor meiner Zelle, doch dieses Mal lag vor mir kein endloser Korridor an Fluren, sondern der Durchgang, an dessen Ende ich das Licht der Freiheit erblickte.
„Ich habe es wirklich geschafft“, murmelte ich vor Unglauben, Erschöpfung und grenzenloser Erleichterung.
'Wir', korrigierte die Stimme.
Ich nickte, noch immer halb in Trance und tat die letzten Schritte, bis ich draußen unter dem leuchtenden Himmel der Abendsonne stand. Es nieselte leicht, doch ich genoss jeden Tropfen.
„Du weißt offenkundig, wer ich bin, wie ich heiße und was ich erlebt habe…“, sagte ich in die Stille hinein, „willst du mir dann nicht endlich verraten, wer du bist?“



Kommi

Letzte Änderung durch Ama (Am 26.04.2022 um 11.38 Uhr)

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#72 Am 01.05.2022 um 22.09 Uhr

Shadowgarde
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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 12: Natürlich blond



„Sie war nur eine Einbildung - sie war echt - sie… „ Ich zupfte an dem letzten Blütenblatt. „Gut, damit hat die Kristallblume wohl gesprochen: Die Stimme war nur eine Einbildung.“
Der Chestock auf meiner Schulter legte den Kopf schief und gähnte mir dann unbeeindruckt ins Gesicht. Anscheinend waren es nicht meine Wahrsager-Fähigkeiten, weswegen er mich den ganzen Weg von der Höhle bis in dieses Dorf begleitet hatte. Schon eine Weile hockten wir auf der Straße vor der Schenke. Inzwischen war es dunkel geworden, doch selbst der Lärm der Trunkenbolde schien den Gefährten nicht aus der Ruhe zu bringen, als sei er solchen Trubel gewohnt.
Und dennoch war es eigenartig still. Zumindest in meinem Kopf.
Die Stimme hatte nichts mehr von sich hören lassen, seit wir dem Berg entkommen waren und es frustete mich, dass ich nicht wusste, wer sie war, woher sie das alles über mich wusste und was es mit diesen Kräften auf sich hatte. Enttäuscht warf ich den Rest der Blumen auf die Straße zu dem Berg an Blüten, den ich bereits abgezupft hatte.
„Du bist ja immer noch da“, rief der Schankwirt mir zu, als er die Bänke vor seinem Laden zusammenschob. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich kein Reittier für dich habe.“
Ich sah zu ihm auf, blieb aber entschlossen auf dem Bordstein sitzen. Schließlich war ich nicht so irre, dass ich glaubte, in meiner jetzigen Verfassung einen mehrtägigen Marsch bis zum Lager der Garde von Eel überstehen zu können - zumal ich Sakura versprochen hatte, Blackdogs in der Nacht zu meiden.
Aus diesem Grund war ich mit dem Untergang der Sonne vom Berg direkt ins nächstgelegene Dorf gelaufen. Auch wenn ich ein bisschen überrascht war, wieder hier gelandet zu sein, in Balenvia, wo es wohl noch immer einen 6er im Lotto brauchte, um an ein Reittier zu kommen. Trotz Freiheit war es nicht einfacher zu Chrome zurückzukehren, zumal mein unverbesserlicher Starrsinn nicht jedem in den Kram zu passen schien.
„Mach doch, was du willst, Kind“, murrte der Wirt. „Aber glaub ja nicht, dass ich irgendwelche Almosen für dich übrig habe. Mir reicht schon der Haufen Suffköppe hier, der mir jeden Abend die Zeche prellt.“
Wie zur Untermalung seiner Worte quiekte ein Mädchen auf und rief nach mehr Bier, ehe sie vornüber auf den Tisch plumpste.
Doch so einfach ließ ich mich nicht abwimmeln und rief ihm ein verärgertes „Hey“ entgegen. Der Chestock auf meiner Schulter begann bedrohlich mit den Flügeln zu schlagen, wodurch ich mich gleich doppelt so breit und entsprechend mutiger fühlte. „Ich brauche keine Almosen. Ich werde dich dafür bezahlen! Du hast mein Wort.“
Tatsächlich hatte ich im Moment auch nicht viel mehr als das. Doch wenn ich zum Lager zurückkehrte, könnte ich Dinge von Wert besorgen - wie meinen MP3-Player.
Doch der Schankwirt schnaubte nur verächtlich, schien sich abwenden zu wollen - bis schließlich etwas an mir sein Augenmerk anzog wie das Licht eine Motte.
Er leckte sich die Lippen und striegelte dabei seinen Bart. „Der Stein um deinen Hals ist hübsch. Da ließe sich vielleicht was machen.“
Meine Hand umschloss sofort Chromes Andenken, doch ich wusste, dass mir sein Leben zu wichtig war, als dass ich da lange zögern könnte.
Der Wirt schien mein verbissenes Schweigen als Einverständnis zu deuten und grinste. „Ich habe noch das Sabali meines Sohnes. Komm morgen Abend wieder, dann steht es für dich bereit. Derweil kannst du mir einen Gefallen tun und die Göre da nach Hause bringen, bevor sie mir wieder auf die Tische kotzt.“ Er deutete auf das Mädchen, das stoisch weiter nach Bier rief, obwohl sie ihren Krug schon längst zu Boden geschmissen hatte. Die hatte echt einen ganz schönen Pegel.
Ich ahnte aber, dass dieser Gefallen keineswegs verhandelbar war. Wenn ich wollte, dass der Wirt mir das Reittier lieh, dann musste ich seiner Bitte nachkommen.
Langsam nickte ich in seine Richtung und holte dann tief Luft, um meine letzten Kräfte zu sammeln. Glücklicherweise war sie bereits so hinüber, dass sie keine großen Anstalten machte, als ich sie von der Bank wegzog - auch wenn ich sie stützen musste.
„Wohin?“, fragte ich, als ich ihren Speichel meine Schulter entlang rinnen spürte, doch an der Stelle, wo bis eben noch der Wirt gestanden hatte, zog lediglich eine dicke Staubwolke auf.
„Großartig“, murrte ich zu mir selbst, während neben mir die letzte Laterne erlosch.
Da das Mädchen auf meine Fragen ebenfalls nur mit lautem Schnarchen reagierte, stöberte ich mit einer Hand in ihrem Umhang auf der Suche nach irgendeinem verwertbaren Hinweis. Ein Schlüssel mit einer Blume drauf war jedoch das einzige, was ich fand.
Ehrlich, ich hasste Bürokratie, aber ein Personalausweis mit Adresse - oder generell Straßenschilder - hätten mir in dieser Nacht echt viel erleichtert.
Ich war klitschnass von meinem Schweiß und ihrem Gesabber, als ich endlich die entsprechende Haustür zu dem Schlüssel fand.
Es war eine kleine Villa mit denselben Blumen an der Fassade wie sie in den Schlüssel eingraviert waren, nur ein paar Querstraßen vom Tempel entfernt.
Der Chestock flatterte indes aufgeregt über unseren Köpfen hinweg. Seine Energie erinnerte mich schmerzlich daran, dass hier nur einer von uns nachtaktiv war.
„Komm schon, du hast es gleich geschafft“, krächzte ich, nachdem wir endlich im Hausflur standen. Der Chestock begleitete uns zwar nicht hinein, doch zum Glück fiel genügend Mondlicht durch die großen Fenster, sodass ich keine Kerze suchen musste, um mich auf die Suche nach dem Schlafzimmer zu machen.
Allerdings hatte ich unterschätzt, wie groß und verwinkelt das Haus war.
Gerade als ich mit dem Gedanken spielte, sie einfach auf den Sessel am oberen Treppenabsatz zu legen, begann sie unruhig zu werden und boxte mir in die Seite.
Ich stolperte, flog über den Saum ihres Umhanges und krachte schließlich zu Boden.
„Autsch“, erklärten wir zeitgleich.
Sie schien jedoch verwirrt, dass da noch jemand war.
„Was machst du in meinem Haus?“, fragte sie, rieb sich den Kopf und piekte mir dann in die Wange. „Kennen wir uns?“
Wenn ich gewusst hätte, dass es nur einen Sturz brauchte, um sie etwas auszunüchtern, hätte ich sie vielleicht vorher schon fallen lassen.
Aye, mein Rücken knackste wie ein umfallender Baum ,als ich versuchte aufzustehen. „Ne, ich habe dich nur von der Schenke hierhergebracht“, sagte ich, stöhnte beim Versuch mein Bein zu bewegen. Ich musste mir wohl den Fuß angeknackst haben. „Das war allerdings etwas anders geplant. Der Schankwirt bat mich darum, dich nach Hause zu bringen - nicht zu Fall.“
Sie nickte, stockte und sprang dann absurd plötzlich auf, nur um sich eine Tür weiter zu übergeben.
Ich humpelte ihr etwas unbeholfen hinterher, doch viel konnte ich nicht tun.
Selbst das Haarezurückhalten erwies sich mit dem Umhang etwas schwierig.
„Das wird schon wieder“, sagte ich und tätschelte ihr die Schulter.
Anstelle einer Antwort würgte sie abermals.
Sie machte dabei aber nicht den Eindruck, als hätte sie schon öfter so über den Durst getrunken. Ich hingegen wusste, wie das aussah. Mein Vater hing regelmäßig an der Flasche. Ich schüttelte die Gedanken ab.
Es dauerte eine Weile, bis sich ihr Magen wieder beruhigt hatte. Währenddessen suchte ich einen Eimer und Wasser zusammen, um ihr das Gesicht zu waschen. „Du solltest auch etwas trinken“, sagte ich. „Also was Vernünftiges.“
„Unten ist eine Kanne mit Tee“, erwiderte sie, machte aber keinerlei Anstalten aufzustehen.
Ich seufzte, kam wenige Minuten später wieder und flößte ihr langsam etwas ein. „Wie geht's deinem Magen?“
„Besser, aber mir ist immer noch übel.“
„Kein Wunder, so wie deine Kleidung riecht. Soll ich dir Wechselsachen bringen?“, fragte ich.
Sie verzog unwillig die Lippen und lehnte dann den Kopf gegen den Eimer.
„Ich helfe dir auch beim Umziehen“, seufzte ich schließlich. Je früher sie ins Bett kam, desto schneller konnte ich mir schließlich ein Eigenes suchen.
„Verrätst du mir deinen Namen?“, fragte sie statt einer Antwort.
In dem Moment fiel mir auf, dass man mich immer noch für einen Jungen halten konnte. Vielleicht war ihr das unangenehm.
„Emilia“, nannte ich ihr nach kurzer Überlegung meinen echten Namen.
Das gefährdete zwar meine Tarnung, doch nachdem Nevra eh mit mir gebrochen hatte, gab es keinen Grund mehr in der Garde zu verbleiben und sich zu verkleiden. Sobald es Chrome wieder besser ging, würde ich mir etwas anderes überlegen müssen, doch das hatte noch Zeit
Eins nach dem anderen.
Das Mädchen lächelte und kniff mir dann in die Wange. „Emilia also. Nenn mich Lif.“
Ich nickte, auch wenn ich es für gut möglich hielt, dass ich ihren Namen morgen schon wieder vergessen hatte.
„Wieso bist du so nett?“, fragte sie schließlich.
Ich zuckte etwas unschlüssig mit den Schultern und unterdrückte dann ein Gähnen. „Komm. Nach ein paar Stunden Schlaf geht's dir sicher besser.“
„Weiß nicht“, murmelte sie. „Ich hab morgen ein Bewerbungsgespräch. Doch sieh mich an! Das wird doch eh nichts. Echt Mist alles. Ich hatte so gehofft, dass es nun besser werden würde… Wieso grinst du so?“
„Sorry“, ich verkniff mir ein Lachen. Für einen Moment fühlte sich die Situation ein-fach absurd vertraut an. Bis eben rannte ich noch um mein Leben und jetzt fühlte ich mich, als wäre ich wieder im Studentenwohnheim. „An dem Punkt, an dem du jetzt bist, war ich auch schon oft. Lass den Kopf nicht hängen! Bis morgen bist du wieder fit und dann rockst du das.“
Sie grinste und streckte schließlich die Arme in die Höhe.
Ich blickte nicht sofort, dass sie mir damit zu verstehen geben wollte, dass ich ihr das vollgekotzte Hemd ausziehen könne.
Im Bad entdeckte ich ein Nachthemd, das ihr viel zu groß war, aber zumindest sau-ber.
Doch nachdem ich ihr den Umhang abstreifte, um an das Hemd zu kommen, hielt ich verwirrt inne.
Unter der Kapuze hatte sie ihre langen, blonden Locken hochgesteckt.
Es war zwar dunkel, aber die Haare schimmerten hell genug, dass ich spürte, wie sich in meinem Kopf mühsam ein paar Puzzle-Teile zusammenfügten.
Ich erinnerte mich schlagartig an die Erzählungen von Lih, die ich immer nur halbher-zig mitverfolgt hatte, weil ich entweder zu müde oder aber mit den Gedanken beim Schmieden eines Fluchtplanes war.
Es gab ein Name, der immer wieder gefallen war. Und zwar der Name des nächsten Opfers der Bestie. Wir wussten nicht, wo sie war – nur dass sie zuletzt in der Nähe des Waldes gesehen wurde.
„Lif?“, fragte ich und streifte ihr den frischen Stoff über den Kopf. „Du heißt nicht zufällig Lillif, oder?“
Sie legte den Kopf schief. „Kennen wir uns doch?“
Ich war nicht sicher, was ich sagen oder wo ich anfangen sollte, doch der Ausdruck auf ihrem Gesicht wurde weicher. „Wie wäre es, wenn ich dir zum Dank noch einen Tee mache.“
„Unten ist noch welcher“, sagte ich.
Die schüttelte den Kopf. „Ich mache dir einen Neuen.“


Letzte Änderung durch Ama (Am 16.08.2022 um 09.45 Uhr)

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#73 Am 06.05.2022 um 15.41 Uhr

Obsidiangarde
Meria
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Meria
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Hallo Ama ^^/

Natürlich lese ich weiter. D: Ich will doch wissen wie es ausgeht. Ich bin nur allgemein ein sehr schlechter Leser, was ja nix mit deiner FF zu tun hat.
Wow...gleich 3 Kapitel auf einmal geschrieben...so viel Ansporn brauch ich auch mal wieder. ._.
(PS: Tu dir keinen Zwang an mir deine ehrliche Meinung zu meiner Geschichte zu schreiben. Nur positiv zeigt mir meine Fehler nicht, die ich dann nicht ändern kann (abgesehen von Schreibfehlern oder Kommas, die sich eh nicht ändern werden *hust*))
cringy/awkward fand ich die letzten Szenen eigentlich nicht... ich bin eigentlich auch Shonen-ai Fan, aber ich weiß nicht...manche Kombis sind dann irgendwie nicht meins...liegt bei den beiden dann wohl eher daran. Also nix gegen Emil, um Gottes Willen... aber man hat halt so seine Favos, wen man sich zusammen vorstellen könnte bei solchen Szenen, ob angedeutet oder nicht. ZB mag ich so witzige Kombis von Ez und Nev ganz gern.. so als Beispiel.

Haarfärbemittel: Oh...ups... na jetzt bin ich erst recht gespannt. XD *geht mal lesen*

Als die Stimme meinte, sie solle sich an ein bestimmtes Gefühl erinnern, musste ich an Tinkerbell denken (Wahlweise Peter Pan, aber den mag ich nicht ^^°)Positive Gedanken, dann kann man fliegen (/^^)/ *wusch*
...jetzt bin ich aber mal gespannt, wer diese Stimme ist..

..Zufälle gibts. Da trifft man genau die Blonde, die man sucht. XD
Bewerbungsgespräch, ha? Wo... Im Schweinestall? Da hätte sie gute Chancen. XD Im Gasthaus nimmt sie schon mal keiner. ^^°

So...ich warte dann mal aufs nächste Kapitel und Ez mit rosa Haaren?...weiß?...oder ganz verrückt...schwarz D:


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#74 Am 08.05.2022 um 20.50 Uhr

Shadowgarde
Ama
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>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 13: Platzhalter



Als ich an diesem herrlich sonnigen Morgen in einem großen Bett mit Lattenrost, Matratze und fluffiger Daunendecke erwachte, während draußen die Lovigis in märchenhaften Klängen zwitscherten, fragte ich mich ernsthaft, ob nicht ich diejenige war, die gestern Nacht einen über den Durst getrunken hatte.
Ich konnte mich nämlich beim besten Willen nicht erinnern, wie ich in dieses Zimmer, geschweige denn in dieses Bett gekommen war. Nicht, dass ich mich beschweren wollte - so tief und lange hatte ich schon ewig nicht mehr geschlafen - aber das letzte Mal, dass ich irgendwo aufwachte ohne zu wissen, wie ich dahin gekommen bin, war ich entführt worden.
Gut, viel schlimmer konnte es da eigentlich nicht mehr kommen.
Während mein Kopf noch immer die gestrigen Ereignisse zusammen sortierte, ließ ich meinen Blick langsam durch den Raum schweifen. Der Dachschräge nach zu urteilen, befand ich mich in einem der oberen Eckzimmer der Villa.
Ich wusste zumindest noch, wie ich Lif hergebracht und mich um sie gekümmert hatte, und auch, wie sehr ich mich vom Schicksal ausgetrickst fühlte, als ich erfuhr, dass sie die Person war, auf die Lih mich angesetzt hatte. Die ganze Flucht war doch irgendwie für die Tonne, wenn ich am Ende genau da war, wo er mich haben wollte. Nun, wenigstens hatte ich die Kontrolle.
Glaubte ich zumindest.
Denn was sonst noch in der letzten Nacht geschehen war, lag hinter einem dicken Schleier.
Vielleicht sollte ich einfach Lillif direkt fragen.
Aus den Augenwinkeln sah ich ihr blondes Haar. Sie starrte verwirrt in meine Richtung.
Ich nickte ihr nicht minder verwirrt zu, sie augenblicklich zurück, was mich jedoch noch mehr verwirrte.
Moment.
Ich kniff mir in die Wange, was sie mir ohne Verzögerung nachmachte.
Nein, das war nicht Lif - das war ein Spiegelbild.
Mein Spiegelbild.
Mit einem Ruck saß ich aufrecht und schmiss die Decke zu Boden. Meine Finger wühlten sich durch die langen Locken, die von meinem Kopf hinunter bis zu meinem Steiß ragten. Ich war frisch geduscht, gekleidet und… blond?
Ich zupfte an einer Haarsträhne. Es ziepte an meiner Kopfhaut.
Was zum…?!
Vorsichtig krabbelte ich ans Bettende, besorgt, die fremde Person im Spiegel könnte mich gleich anspringen.
Doch je näher ich kam, desto sicherer war ich, dass das im Spiegel noch immer ich war.
Also zumindest irgendwo unter diesen äußerst freizügigen Klamotten und den drei Kilo Schminke. Ich meine, wie viel Eyeliner war das bitte? Damit könnte ich glatt in einer Punk-Band als Leadsänger auftreten… oder im Zoo als Panda.
Es sah nicht hässlich aus, nein, ganz im Gegenteil, doch ich fühlte mich tatsächlich mehr wie eine Attraktion. Allein das Top war so tief geschnitten, dass ich glaubte, meinen Bauchnabel zu sehen.
Doch mal abgesehen davon, dass ich mich kaum wiedererkannte, war ich einfach nur erstaunt, WIE ähnlich ich Lillif sah.
Es war fast schon unheimlich.
War das wirklich nur Schminke oder gar ein Zauber? - Musste ja fast. Allein die Haare wuchsen nicht über Nacht auf die Länge und zu dieser Farbe.
Doch die eigentliche Frage war nicht das Wie, sondern das Warum.
Und ich hatte das miese Gefühl, es hing mit dem Teil der gestrigen Nacht zusammen, an den ich mich nicht mehr erinnern konnte.
Meine Hand klatschte mir gegen die Stirn.
Allerdings traten keine neuen Erkenntnisse zu Tage,... außer dass es echt weh tat, sich gegen die Stirn zu schlagen, wenn man ein dutzend Metallringe an den Fingern trug.
Ich beschloss aufzustehen, mir Lif vorzuknöpfen und sie zu fragen, was der ganze Unsinn sollte.
Schließlich war ich kein Modepüppchen, das man nach Belieben kleiden, umstylen und frisieren konnte… Wobei ich zugeben musste, dass ich mich bislang in Eldarya praktisch nur verhüllt und verkleidet durch die Gegend geschlagen hatte.
Die meiste Zeit sogar als Kerl.
Mich nun in dieser figurbetonten Kleidung zu sehen, löste fast schon so etwas wie einen Geschlechter-Identitätsschock aus.
Ich zupfte an dem blutroten Rock, der kaum meinen Hintern bedeckte und schüttelte den Kopf. Nein, so etwas hätte ich nie und nimmer freiwillig angezogen. Lif stand das sicher hervorragend, aber ich fühlte mich darin wie ein Fisch mit Schuhen.
Während ich nach meinen eigenen Sachen Ausschau hielt, entdeckte ich einen Umschlag mit meinem Namen auf der Spiegel-Kommode. Er lag gut sichtbar drapiert auf meinem abgewetzten Hemd und mich beschlich der Gedanke, dass es nichts Gutes bedeuten konnte, wenn mir jemand wie Lillif einen Brief schrieb.
Allerdings begriff ich erst, wie tief ich in der Tinte saß, als ich den Brief ein drittes Mal gelesen hatte.

Guten Morgen Emelia,

schön geschlafen?
Ich wollte dir kurz schreiben, dass ich alles soweit vorbereitet habe.
Denn ich werde deinen Rat befolgen und untertauchen.
Danke, dass du solange in meine Rolle schlüpfst und den Lockvogel spielst,
damit wir der Bestie eine Falle stellen können. Eldarya weiß dein Opfer zu schätzen.
Dafür werde ich in jedem Fall sorgen.
Verlass dich auf mich!
Aus sicherer Entfernung werde ich solange beobachten, wann die Bestie zuschlägt.
Und ist es nicht praktisch, dass meine Sachen dir so gut passen?
Engelchen, du siehst wirklich hinreißend aus.
Falls wir uns wiedersehen, sollten wir unbedingt mal shoppen gehen
und ich besorge dir etwas Anständiges.
Wir sehen uns sicher bald wieder, sollte alles gut gehen.
Drück dir natürlich Daumen!

Ah, wäre übrigens supi, wenn du für mich zu dem Bewerbungsgespräch gehen könntest.
Der Unterschied fällt bestimmt nicht auf.
Die Schminke ist mit einem Zauber versetzt,
wodurch du glatt als mein Zwilling durchgehen könntest.
Einfach ins Gesicht pudern.
Aber Achtung: Wasser oder viel Schweiß löst den Effekt wieder.
Für die Haare hast du gestern ja den Trank getrunken.
Die Wirkung lässt in ein paar Tagen von allein wieder nach.

Und bevor du dich wunderst:
Da die Miete fällig war, hab ich erstmal deine Kette mit dem Stein verpfändet.
Du kannst sie wieder einlösen, wenn du den Job hast und nach einem Vorschuss fragst.
Ich bin leider völlig blank, aber mach dir keine Sorge
- ich schlage mich schon durch.
Deine aufmunternden Worte haben mir Kraft gegeben.
Ich schreibe dir sicher wieder.

Tausend Küsse
Deine Lif


Ich blinzelte mehrmals, doch die Buchstaben wollten sich einfach nicht zu einem sinnvollen Text neu zusammen ordnen.
Hatte ich denn völlig den Verstand verloren?
Was habe ich letzte Nacht bitte verbrochen… oder eher versprochen?
Habe ich ernsthaft einer Betrunkenen Angst gemacht und ihr gesagt, dass sie in Gefahr sei, da die Bestie es auf sie abgesehen hatte? Und wie kam ich auf die absolut bescheuerte Idee, mich statt ihrer als Lockvogel anzubieten?
War das irgendeine Form von Persönlichkeitsstörung?
Ich schüttelte den Kopf.
Im Grunde sollte mir das alles völlig egal sein. Ich könnte mich schließlich ohne zu zögern aus dem Staub machen, aber der Amethyst… Ich durchwühlte erfolglos den Stapel mit meinen Sachen… Er war wirklich weg!
Wie sollte ich ohne den Stein das Reittier mieten? Der Schankwirt wollte den Handel doch heute Abend abschließen.
Mein Kiefer presste sich so fest zusammen, dass es schmerzte.
Hatte Lif den Stein wirklich verpfändet?
Das war doch alles nur ein blöder Scherz, oder?
Ich atmete langsam aus, bis ich mich wieder etwas beruhigt hatte. Noch war nicht alles verloren.
Dann würde ich den Weg ins Lager eben doch laufen. Ohne Reittier. Immerhin war ich nun erholt und es war noch hell genug, dass ich einen großen Teil der Strecke rennen konnte. Den Weg kannte ich immerhin langsam recht gut.
Entschlossen sprang ich aus dem Bett, segelte jedoch relativ plump zu Boden, bevor ich überhaupt einen Meter Strecke zurückgelegt hatte.
Oh, verflucht. Das hatte ich glatt verdrängt. Ich hatte mich doch gestern verletzt, als Lif und ich zu Boden stürzten.
Mein Fuß schmerzte beim Auftreten und war leicht verfärbt. Das sah nicht so übel aus wie Sukies Knöchel damals, aber für eine Heilung bräuchte ich Zeit oder zumindest Kräuter. Allerdings hatte ich derzeit keins von beiden.
Mir stiegen Tränen in die Augen und ich konnte nicht einmal sagen, was im Moment das Schlimmste war:
Dass ich den Stein verloren hatte? Dass mein Fuß kaputt war? Dass ich glaubte meinen Verstand zu verlieren? Oder dass der Tanga zwickte…
Aber ich war definitiv zu wütend, um jetzt Energie für Selbstmitleid aufzubringen. Stattdessen entdeckte ich, dass der Brief noch eine Rückseite hatte.
Es war eine Karte darauf abgebildet und ein Haus markiert. Eine Uhrzeit war auch notiert.
Ich brummte, als mir klar wurde, dass es hierbei um das Bewerbungsgespräch ging, was auf meiner Prioritäten-Liste in etwa so hoch angesiedelt war, wie ein Schlafplatz auf einem Ameisenhügel.
Doch meinen Stolz und mein Ärger Mal beiseite.
Lif schrieb, dass ich den Stein zurückbekommen könnte, wenn ich den Job bekäme. Das war im Gegensatz zu meiner jetzigen Situation immerhin eine Perspektive.
Auch wenn ich das Gefühl hatte, in dieser Angelegenheit zu verlieren - ganz gleich wie ich mich auch entschied - beschloss ich, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Vielleicht hatte ich das Maana für das Reittier auf wundersame Weise bis zum Abend zusammen. Den Kopf in den Sand stecken könnte ich später ja immer noch.
Ich seufzte, fixierte meinen Fuß, sodass eine aus dem Besenstiel improvisierte Krücke genügte und durchwühlte dann den Schrank nach den unauffälligsten Klamotten, die ich finden konnte.
Meine eigene Kleidung war tatsächlich zu gerissen und verfleckt, um sie für eine Bewerbung zu tragen… und in diesem Fummel würde ich sicher nicht auf die Straße gehen.
Doch Lifs Kleiderschrank schien ziemlich auf ihren Stil beschränkt zu sein - und bei manchen Stücken wusste ich nicht einmal, wo man Kopf und wo man Arme hindurchstecken musste.
In einem Korb im Flur entdeckte ich aber zum Glück ein mehrfarbiges Hemd mit Weste. Es war so ein Großes, in dem ich fast gänzlich verschwand und erinnerte mich ein wenig an das Hemd, das ich Lif gestern als Nachthemd angezogen hatte. Allerdings fühlte ich mich in dem Zelt augenblicklich wohler und es roch so angenehm, dass ich tatsächlich zur Ruhe kam.
Ich schlüpfte mit den Armen durch den Kopfausschnitt und wickelte die Ärmel dann zu einem Neckholder, sodass es die Länge eines Sommerkleides hatte. Ein Gürtel gab dem Ganzen noch etwas mehr Form und Halt, erinnerte mich aber auch daran, wie leer mein Magen schon wieder war.
Da ich unten in der Küche nichts zu essen fand, beschloss ich keine weitere Zeit zu verlieren und mir den Laden anzusehen, wo ich arbeiten sollte.
Als ich die Karte noch einmal prüfte, entdeckte ich jedoch, dass darunter noch eine kleine Notiz vermerkt war.

P.S. Ganz vergessen zu erwähnen.
Schau vielleicht Mal nach Valky.
Den hab ich die letzte Zeit etwas vernachlässigt, - hoffe, der lebt noch.
Du kannst ihn bedenkenlos füttern.
Er ist nicht wählerisch und beißen tut er auch nicht mehr,
seit er das Bewusstsein verloren hat.


War Valky etwa ihr Gefährte? Das arme Tier…
Ob es in Eldarya auch eine Tier-Nothilfe gab? 
Vielleicht bringe ich ihm auf dem Rückweg ein paar Kleinigkeiten mit, dachte ich mir.
Für den Chestock wollte ich auch noch Futter besorgen. Ein Maul mehr oder weniger machte da keinen Unterschied.
Ich beschloss jedenfalls, dass mich heute nichts mehr schocken würde.


Kommi

Letzte Änderung durch Ama (Am 08.05.2022 um 21.48 Uhr)

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#75 Am 15.05.2022 um 20.28 Uhr

Shadowgarde
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Nachrichten: 91

>> Chapter IV: Emil und Emilia
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Part 14: Saubere Absichten



Erschöpft lehnte sich Emil gegen den Pfeiler des Alchemie-Zeltes und streckte seine Arme von sich bis es knackste.
So viel wie in den letzten drei Tagen hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht aufgeräumt. Dafür roch es nun so penibel sauber in dem Zelt, dass man glatt einen OP hier hineinverlegen könnte: Die Glasbehälter waren abgewaschen, die Töpfe geschrubbt und selbst die Regalbretter hatte er abgestaubt.
Jetzt musste er nur noch einmal über den Boden wischen und dann war Schluss für heute.
Dafür fertigte Emil einen Sud aus goldener Mooglizmilch und Himmelsbeeren an – so wie Ezarel es ihm neulich gezeigt hatte – und schnappte dann nach dem Rührstab, um die Masse leicht schaumig zu schlagen. Da sein Arm, wo Askir ihn gebissen hatte, immer noch brannte, machte er alles mit Links, was zwar zu Beginn noch für viel Sauerei gesorgt hatte, inzwischen jedoch erstaunlich gut funktionierte.
Der Sud roch sogar intensiver als beim letzten Mal und hatte hoffentlich die glänzende Farbe, nach der Ezarel immer verlangte. Sehen konnte Emil das ja leider nicht, aber er kannte sich in diesem Zelt inzwischen so gut aus, dass manche Abläufe ganz automatisch abliefen und er sich nicht mehr mit Fingern durch das Sortiment tasten musste.
Ezarels Ordnungswahn war zwar meistens ein Fluch für sich, doch es entpuppte sich für einen Blinden auch irgendwie als Segen, wenn alles einen angestammten Platz hatte. Aus diesem Grund hielt Emil Ezarels Regel- und Aufgabenkatalog ein – so gut wie er es eben konnte.
Doch wenn er es dieses Mal richtig anstellte, dann war heute bestimmt auch ein Nachtisch drin. Ezarel würde sicher Augen machen, wenn er wiederkam.
Vergnügt pfiff Emil vor sich hin, während er den Behälter kurz über dem Kessel erwärmte. Dabei fuhr er sich mit der Hand durch die Haare - so wie Ezarel es gestern getan hatte, als Emil von sich aus in seiner Mittagspause die vergammelten Kräuter aussortiert hatte.
Eigentlich hatte Emil die Mehrarbeit nur übernommen, weil der penetrante Geruch ihn so sehr nervte, dass er Kopfschmerzen bekam.
Doch nun glaubte er noch immer Ezarels kühle Finger in seinem Haar zu spüren, als er daran dachte, wie dieser ihm bei der Berührung ein ehrliches „Gut gemacht“ zuraunte.
Und Emil war heute Morgen mit dem Plan an die Arbeit gegangen, dass sich das heute wiederholen könnte.
Nur noch der Boden!
Ein leichter Duft von gegrillten Süßkartoffeln stieg Emil in die Nase und er beschleunigte seine Bewegungen noch einmal. Ganz sicher sollte Ezarel bald kommen.
Das Gespräch mit Miiko konnte schließlich nicht ewig gehen.
Emil füllte geschwind seinen Sud um und lief dann mit dem warmen Zeug zur gegenüberliegenden Wand, wo der Mob stand, bis ihn plötzlich etwas von der Seite traf.
Emil riss die Arme nach vorn, versuchte noch den Behälter in der Luft zu erhaschen, doch der Henkel glitt durch seine Finger wie ein Messer durch sommerwarme Butter.
Das Glas zersprang schließlich ungebremst auf dem Boden zu tausenden Scherben, in die Emil beim Versuch den Schaden zu begrenzen natürlich volle Kanne hineintrat. Eine scharfe Kante bohrte sich dabei durch seine Sohle und ein beißender Stich durchzog seinen Fuß. Doch das war bei Weitem nicht so tragisch wie das, was ihm blühen würde, wenn Ez herausfand, dass heute schon wieder etwas zu Bruch ging. Auch wenn die Schuld diesmal nicht unbedingt bei ihm lag. Doch am meisten ärgerte sich Emil, dass er Askirs Geruch nicht früher erkannt hatte.
„Pass gefälligst auf, wo du rumstehst“, forderte der Reptilmann hinter ihm, ehe er ihn noch ein zweites Mal anrempelte. „Es gibt Leute, die hier was zu tun haben.“
Dabei schnaubte er - für den Fall, dass seine Geringschätzung nicht eindeutig gewesen sei - und wandte sich dann zu seiner Kameradin, die gerade lachend in ihre Süßkartoffel biss. „Hab ich's dir nicht gesagt? Dieser Rekrut ist ein riesen Tollpatsch. Ein Wunder, dass der noch da ist. Ich hätte echt gedacht, die machen ihn sofort einen Kopf kürzer… Wobei dann wahrscheinlich auch nichts mehr von ihm übriggeblieben wäre. Der ist ja kleiner als deine zehnjährige Tochter.“
Die beiden setzten sich keine drei Meter entfernt an den Tisch, wo immer noch Emils Kessel blubberte. Den Inhalt gossen sie kurzerhand auf den Boden, nur um dann ein paar modrig riechende Wurzeln auf den frisch geputzten Tisch zu kippen. Askir griff nach einem Messer und schnippelte sein Gut, ohne dass diese oder gar seine Hände vorher auch nur ein Tropfen Wasser gesehen hätten.
Nicht, dass Emil der Typ war, der sich von anderen einfach so schikanieren oder herumschubsen ließ, aber Ezarels Regeln waren streng und seine Konsequenzen deutlich beängstigender als Askirs Hohn. Auf ungewaschene Hände am Arbeitsplatz setzte es zum Beispiel einmal alle Messbecher und Glaszylinder reinigen.
Allerdings besagte Regel Nummer 4 auch ganz klar, dass Emil sich aus jedem Streit raushalten musste. Es war also besser, wenn er den Kerl ignorierte.
An sich hätte sich Emil laut Regel 2 auch versteckt halten müssen, doch nachdem Miiko gestern seine und Ezarels Rückkehr im Lager offiziell verkündet hatte, wurden die Leute ohnehin auf ihn aufmerksam.
Und es war schwer unsichtbar zu bleiben, wenn man bereits auf einem Podest stand - oder in Emils Fall eher auf dem Schafott. Denn die meisten Gardisten hielten ihren Unmut über ‘Ems Rückkehr’ nicht gerade zurück. Beleidigungen waren noch das Harmloseste, was man ihm an den Kopf warf. Da war Askir nicht der einzige. Deswegen hat er sich heute vermutlich auch Verstärkung mitgebracht.
Am liebsten hätte Emil das Zelt einfach verlassen, aber die Scherben auf dem Boden würde Askir ganz sicher nicht auf seine Kappe nehmen. Und wenn Emil heute nicht ganz ohne Abendessen ins Bett wollte, dann musste er das Chaos bereinigen, bevor Ezarel davon Wind bekam.
Emil holte daher ein Kehrblech und begann behutsam die Scherben zusammenzuschieben.
Zumindest hielt Miikos offizielle Ankündigung Askir und die anderen davon ab, ihn bei der erst-besten Gelegenheit die Kehle aufzuschlitzen, denn als offizieller Rekrut stand Emil wieder unter dem Schutz der Garde.
Vielleicht war das auch ein Grund, warum die Gardisten die Rekruten so verabscheuten – Miiko erließ nämlich immer mehr Gesetze, um die Rekruten zu schützen. Nicht zuletzt vor der eigenen Garde.
Emil verstand zwar nichts von der Politik, doch es war ihm schon seit einer Weile aufgefallen, dass das Lager extrem gespalten war.
Gut, sie alle einte der Hass.
Von daher war Emil die Situation gewöhnt.
Doch jetzt befand er sich in der eigenartigen Lage, dass er nicht einmal genau wusste, warum man ihn so verabscheute. Die einen hassten ihn, weil sie Emil für seinen Doppelgänger hielten, der ihren geliebten Chrome in einen bedauernswerten Zustand versetzt hatte und die anderen ganz einfach weil er ein Rekrut war.
„Diese Rekruten sorgen auch echt nur für Ärger“, pflichtete die andere in halbherzigem Flüsterton bei. „Wir haben bei uns in der Schmiede auch so eine. Die kann weder Waffen schmieden noch taktische Pläne. Völlig unfähig. Die sollten einfach weg. Im Kampf taugen die doch eh nichts.“
„Ja“, Askir spie auf den Boden und sprach dann in Emils Richtung. „Wobei ich es kaum erwarten kann, zu sehen, wie die Bestie ihm den Hintern versohlt.“
Emil beachtete ihn jedoch nicht. Er hatte genug damit zu tun, die Splitter aus allen Ritzen der provisorischen Bodenplatten zu puhlen.
„Es wundert mich aber echt, dass Nevra den Jungen noch nicht zerpflückt hat“, sprach die Frau weiter. Inzwischen gab sie sich nicht einmal mehr die Mühe zu flüstern. „War Chrome nicht so etwas wie sein angetrauter Zögling? Soweit ich gehört habe, hat Nevra damals Emils Hinrichtung gefordert, aber der Feigling ist geflohen. Es gab eine riesige Suchaktion mit Plakaten im Wald. Ich verstehe nicht, wie man den Knirps jetzt einfach wieder reinlassen konnte.“
„Nevra ist eben gestern kurz vor der Ankündigung zu einer Besorgungstour geschickt worden. Der hat entweder nichts mehr zu melden oder verlässt das brennende Schiff, bevor es restlos untergegangen ist.“
Die Frau sprang empört auf, wobei ein Teil der Zutaten vom Tisch purzelte. „Meinst du, unsere Anführerin hat Nevra absichtlich vorher weggeschickt? Um es vor ihm geheimzuhalten?“
„Wundern würde mich das nicht. Ist schon ein seltsamer Zufall, dass sie erst Nevra davonschickt und dann Emils Rückkehr öffentlich macht. Aber Miiko macht doch eh, was sie will. Ein Jammer, dass Valkyon und Leiftan nicht da sind. Die könnten ihr den Kopf vielleicht wieder geraderücken.“
„Ich fass es nicht! So eine Farce!“ Die Frau fegte bei diesem Ausbruch noch den Rest der Zutaten vom Tisch.
Da Emil gerade so im Schwung war, kehrte er unbeirrt das heruntergefallene Zeug auf dem Boden gleich mit auf.  Vielleicht würde es Ezarel ja besänftigen und von den Scherben ablenken.
„Sag mal“, Emil merkte erst, dass die Frau ihn diesmal direkt ansprach, als sie ihn am Nacken hochriss. „Hast du denn gar nichts dazu zu sagen?“
Emil schüttelte langsam den Kopf. Wenn die wüssten, wie beängstigend Ezarel sein konnte, wenn der in eine Scherbe trat, die man vergessen hatte aufzusammeln, dann würden sie ihn vielleicht verstehen.
Doch das war wohl nicht die Antwort, mit der sie sich zufriedengeben wollte.
„Gib es schon zu“, sagte die Frau und schüttete den gesamten Inhalt des Kehrbleches über seinem Kopf aus. „Da läuft doch bestimmt was zwischen dir und Miiko, oder? Lässt sie dir deswegen alles durchgehen? Jeden anderen hätte sie dafür schon längst kaltgestellt.“
Emil schüttelte wieder den Kopf.
Er wusste, dass Miiko ihn nur hier duldete, weil sie glaubte, dass er seine Lebensessenz an Chrome spenden würde. Ein Grund, den sie jedoch geheimhalten wollte, damit niemand erfuhr, dass ein Sukkubus im Lager weilte.
Ob Ezarel deswegen heute so lange mit ihr sprach? Wollte er Emil doch loswerden, weil das Netzwerk aus Lügen und Geheimnissen langsam einzustürzen drohte?
Emil strich sich ein paar Scherben aus dem Haar. Ein Lob heute konnte er sich in jedem Fall wohl abschminken.
„Ich glaube nicht, dass die beiden ein Verhältnis haben“, meldete sich Askir nun dazwischen. Seine schweren Schritte näherten sich langsam. „Also zumindest hat er keines mit unserer verehrten Miiko. Aber bei unserem Leiter der Absynth-Garde wäre ich da nicht so sicher.“
Die andere schnaubte. „Wie kommst du denn darauf?“
„Das sagt mir mein Bauchgefühl“, erklärte Askir und zog Emil ebenfalls eine Scherbe aus dem Haar, doch das Gefühl, was seine Berührung auf Emils Haut hinterließ war ein gänzlich anderes: vergleichbar mit einer Spinne, die einem im Schlaf in den Mund krabbelte. „Die beiden hängen ja quasi den ganzen Tag hier zusammen, obwohl Emil eigentlich Nevra unterstellt sein müsste. Und die Blicke, die unser Ezarel mir zuwirft, wenn ich in der Nähe seines Schoßhundes bin…“ Askir griff nach Emils Kinn und zog ihn ein Stück zu sich heran. „Erzähl doch mal, Emil… Hat Ezarel vielleicht ein Deal mit Miiko, damit er dich als Spieljungen behalten darf? Will er Nevra rauskicken und dafür dich auf seinen Platz setzen, damit er mehr Einfluss hat?”
Emil drehte den Kopf zur Seite, um sich aus dem Griff zu befreien.
Er hatte echt keinen Schimmer, wovon Askir da sprach. Das wurde ja immer verrückter.
„Mach endlich das Maul auf!”, presste die Frau hervor und trat gegen die Stelle von Emils Fuß, in der immer noch Reste der Scherben steckten. „Hast du hier so eine Sonderstellung in der Garde, weil du dich an die Bosse rangeschmissen und hochgeschlafen hast? Erst Nevra und jetzt Ezarel… Was für ein Abschaum!”
„Aber aber…”, Askir schnalzte mit der Zunge. „Das hieße doch immerhin, der Kleine ist uns noch von Wert. Nichts ist so informativ wie das Bettgeflüster.”
Emil biss die Zähne zusammen, um den Schmerz in seinem Fuß zu ersticken, doch Askir ließ nicht locker und umgriff sein Handgelenk, direkt auf die Bisswunde, die nun noch schlimmer brannte als seine offene Fußsohle.
„Ich weiß nicht, was ihr von mir wollt”, gab Emil schließlich zu. „Wieso sollte ich mit Nevra oder Ezarel ein Verhältnis haben? Ich bin ein Junge!“
Die beiden lachten, was Emil dann doch irgendwie verunsicherte.
„Soso…”, sagte Askir verschmitzt. „Wie wäre es, wenn ich dir zeige, wie das zwischen zwei Kerlen so läuft? Vielleicht hilft das deinem Gedächtnis ja auf die Sprünge.”
Mit einer flotten Drehung, zwang er Emil auf den Bauch und keilte seine Arme auf dem Rücken fest.
Die Frau räusperte sich. Ihre Stimme klang überraschend dünn und unsicher. „Askir, wir wollten doch bloß wissen, ob…”
„Ruhe”, fuhr er dazwischen. „Glaub mir, wir haben schneller was gegen Ezarel, Nevra und Miiko in der Hand, wenn wir den Jungen zum Reden bringen. Und der wird gleich richtig singen. Das kannst du mir glauben.”
„Aber du kannst doch nicht…”
„Ey, wenn du ein Problem damit hast, dann warte draußen.” Askirs Stimme hatte einen beängstigenden Klang angenommen. Das war aber nicht nur Wut, die da mitschwand.
Da war noch ein anderes Gefühl, das Emil jedoch nicht genau einordnen konnte. Es jagte ihm aber einen gehörigen Schauer über den Rücken. Vielleicht, weil es nichts Guts verheißen konnte, wenn selbst die Frau, die ihn so sehr verachtete, lieber aus dem Raum ging, als sich das mit anzusehen, was Askir nun tun wollte.

Letzte Änderung durch Ama (Am 16.05.2022 um 17.20 Uhr)

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