Im Gasthaus, unterwegs auf dem Fest mit Ren
Aishan wusste nicht, ob er die richtigen Worte gewählt hatte, denn darin war er noch nie sonderlich begabt, doch als Ren ihn glücklich umarmte, war er froh. Es war ihm wichtig, ihm das zu sagen, denn er konnte selbst nicht begreifen, wie man solch einen Mann einfach so verlassen konnte. Er sah nicht nur gut aus, sondern hatte Charme, Witz, ein umwerfendes Lächeln und war Aishans Meinung nach eine treue Seele. Seinen Gerechtigkeitssinn teilten nicht sehr viele Menschen, umso besonderer war er, weil ihm diese Dinge wichtig waren. Aishan teilte diese Ansicht und sah deswegen auch zu Lan Zhan auf, der immer dort war, wo es Probleme gab. Und er machte keinen Hehl draus, ob es Nichtigkeiten waren. Menschen brauchten Hilfe und die gab er ihnen. Danach strebte auch Aishan und war dankbar für jede weitere Seele, die diesen Glauben teilte.
Bei Rens Vorschlag musste Aishan kurz lachen und schüttelte den Kopf. „Besser nicht, sonst kommen wir gar nicht mehr aus dem Zimmer.“
Ren hätte zwar nichts dagegen gehabt, aber verstand es letztendlich und verschwand im Bad.
Natürlich hätte auch Aishan am liebsten den ganzen Tag hier verbracht, aber dann hätte er mit Sicherheit an bestimmte Bilder in seinen Büchern gedacht, die er austesten wollte und ob es wirklich so gut war das in einem Gasthaus zu tun, wusste Aishan nicht. Beim weiteren Überlegen wusste er allerdings auch nicht, ob es so klug war das alles in der Wolkennische in seinem Haus zu tun, doch dort konnte sie kaum jemand hören und sollte etwas zu Bruch gehen, war es immerhin sein Eigentum und nicht das eines Gasthauses. Hier zu erklären wieso etwas plötzlich nicht mehr heil war, konnte sich als schwierig erweisen. Aishan grinste in sich hinein, als er an Wei Yings wilde Geschichten dachte, die er ihm erzählt hatte. Das mit den Wannen war allerdings kein Geheimnis. So viele wie er und Lan Zhan zerlegt hatten. Zum Glück war Aishan nicht für die Reparatur von solchen Dingen zuständig.
Als er so nachdachte, kämmte er sich schließlich die Haare und band sie neu zusammen. Seine Haare waren beinah trocken und fühlten sich wieder weich und sauber an. Im Gegensatz zu seinem restlichen Körper, der eigentlich ein erneutes Bad brauchte. Doch Aishan verzichtete darauf gern, in kaltes Wasser zu steigen. Da half auch Rens Körperwärme nicht. Er ist und war schon immer eine Frostbeule gewesen. Zusätzlich hatte er die Ausrede, das dadurch seine Narbe extrem spannte, und darauf konnte er verzichten.
Als er schließlich im Bad war, stieg er nicht in das kalte Wasser sondern tauchte das Tuch einfach ins Wasser und rieb sich damit ab. Es war immer noch Frühling und für Aishans Verhältnis nicht warm genug, weswegen er sich auch beeilte. Allerdings verließ er das Bad auch vollständig angezogen und setzte sich schließlich zu Ren an den Tisch. Den Anhänger hatte er in einem Beutel verstaut und würde ihn in seinem Zimmer wieder herausholen und an seiner Flöte Xiao befestigen. Er hatte fast den gesamten Winter nicht auf ihr gespielt und ein wenig Übung war sicherlich gut. Die Blüten der Bäume wurden allmählich immer prachtvoller und zeigten die aufkommende Wärme. Für Aishan immer wieder die schönste Zeit. Er liebte auch den Sommer, der hier in den Bergen vor allem meist angenehm verlief und nicht brütend heiß wie in anderen Regionen. Doch es war der Beginn der warmen Zeit, der ihn aufatmen ließ und die klare frische doch auch warme Luft, die aus dem Tal empor stieg.
„Am dritten Tag gibt es immer ein Feuerwerk“, begann Aishan auf Rens Frage, ob sie heute mit dem Boot fahren würden. „Das sieht vor allem vom Wasser sehr schön aus. Ein Boot zu bekommen ist nicht schwer, wenn man weiß wo. Es gibt immer ein paar abgelegene Stellen.“ Aishan wusste, dass gerade beim Feuerwerk die Boote sehr beliebt waren und mancher Bootsbesitzer an diesem Tag gut einnahm. Doch das waren meist Besucher aus anderen Städten, die es nicht besser wussten, aber viel von dem Feuerwerk in Gusu hörten, weil er vom See aus am schönsten sein sollte.
Aishan lächelte, als Ren vorschlug zusammen mit dem Boot zu fahren und nickte als Bestätigung. Ob sie das dann allerdings ohne Shi Mei schafften, glaubte selbst Aishan wenig, zumal er selbst dachte, dass dieses Gesicht, sobald sie es erblickten, ohnehin mehr als ermahnend sein würde. Selbst ohne jegliche Regung, strahlte es Warnungen aus.
„Lass uns einfach ganz normal übers Fest laufen. Sollte Shi Mei dir wieder ins Gewissen reden wollen, sobald er auftaucht, bin ich auch noch da“, sagte er schließlich auf Rens Frage, der nicht wusste, wie sie sich nun verhalten sollten. Auch wenn Aishan vielleicht nicht der Redegewandteste war, so konnte er immer noch jemandem die Stirn bieten, sollte dieser mit Gerüchten, Drohungen oder sonst irgendetwas daher kommen. Es gab Dinge, die gingen auch Shi Mei nichts an, zumal er ohnehin eine völlig falsche Meinung von Ren hatte.
Wieder auf dem Fest schlenderten sie durch die Reihen der Stände. Auf dem Marktplatz wurde eine kleine Tribüne aufgebaut, auf der es eine Vorstellung gab, die eine Geschichte aus Gusu erzählte. Darin ging es um einen Fischer, der glaubte seine große Liebe verloren zu haben. Doch sollte die Frau nicht unter ihrem Stand heiraten, weswegen sie Lügen erfunden hatten, damit er nicht nach ihr suchte. Die Frau jedoch schlich sich davon, um ihren Liebsten zu suchen und stürzte dabei von einem Felsen in den Fluss. Ihr Liebster sah es und wollte sie retten, doch konnte es nicht, weil sie beide in die Tiefe gezogen wurden. Seit dem erzählt die Legende, dass sie sich fern von allen Blicken an diesem See, in dem beide ertranken, jede Nacht trafen und liebten.
„Ich finde die Geschichte zwar schön, doch dennoch traurig“, begann Aishan und versuchte seine Emotionen der Geschichte gegenüber zu verstecken. „Nur wegen des Standes und einem Unglück konnten sie nicht zusammen sein. Und auch wenn die Seelen der Beiden sich nie getrennt haben, so hatten sie kein Glück in der richtigen Welt.“
Sie gingen schließlich weiter und kamen zu dem Stand, von dem Aishan den Wein geschenkt bekommen hatte. Er begrüßte die Frau freundlich, die ihnen ein Lächeln schenkte. Aishan bedankte sich noch einmal für den Wein und sagte, dass er ihm sehr geschmeckt hatte.
„Ich habe extra eine milde Sorte ausgewählt“, begann die Frau. „Ich weiß ja, dass ihr vom Gusu Lan Clan nicht wirklich etwas trinken dürft.“ Sie zwinkerte und lächelte ihn an.
Aishan winkte allerdings ab. „Das sollen wir nur nicht in der Wolkennische tun. Es ist nicht völlig verboten.“ Darauf hin überlegte er, ob er sich einen Krug mitnahm. Allerdings trug er keine Kosmosärmel, daher war es schwierig den Wein hineinzuschmuggeln. Kurz überlegte er, als die Frau auf den Wein zeigte, den Aishan am Abend zuvor getrunken hatte.
Ren zog ihn etwas vom Stand weg und sagte, das es vielleicht nicht so gut war und es außerdem sein Herz nicht mitmachen würde.
Aishan brauchte einen Moment um es zu verstehen. Ren sprach kurz mit der Frau, dann gingen sie weiter.
„Es gibt nicht sehr viel zu sehen in Gusu“, begann Aishan erneut, als sie weiterliefen und erinnerte sich an Rens Frage, ob er ihm etwas von Gusu zeigen konnte. „Es gibt einen wunderschönen Garten, der allerdings zu dieser Jahreszeit noch kaum etwas zu bieten hat. Allerdings haben sie dort ein Cafe mit Gebäck und gutem Tee.“